Raffinierte Miniaturen: IPP entwickelt Bolometer für ITER

Bolometer-Sichtlinien werden im Plasmagefäß der Fusionsanlage ASDEX Upgrade mit Hilfe eines Roboters vermessen.<br><br>Foto: V. Rohde, IPP<br>

Mit 4,8 Millionen Euro fördert die europäische ITER-Agentur „Fusion for Energy“ in den nächsten vier Jahren ein deutsches Forschungs- und Industrie-Konsortium unter Leitung des IPP.

Ziel ist die Fortentwicklung so genannter Bolometer-Kameras, welche die vom ITER-Plasma abgegebene Wärme- und Röntgenstrahlung registrieren sollen. Ermöglicht hat den Auftrag eine mit nationalen Projektmitteln unterstützte Vorbereitungsphase, in der die Befähigung der Beteiligten für diese und weitere ITER-Aufgaben nachgewiesen wurde.

Das Messverfahren soll die vom ITER-Plasma abgegebene Wärme- und Lichtstrahlung vom Infrarot- bis in den Röntgenbereich registrieren und ihren Entstehungsort im Plasma bestimmen. Die Strahlungsleistung ist ein Teil der gesamten Energiebilanz des Plasmas. Ihre Kenntnis ist Voraussetzung für die Regelung des Plasmas oder die Einstellung bestimmter Betriebsweisen. Ziel der Fusionsforschung ist es – ähnlich wie die Sonne – aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie zu gewinnen. Um das Fusionsfeuer zu zünden, muss in einem späteren Kraftwerk der Brennstoff, ein Wasserstoffplasma, in Magnetfeldern eingeschlossen und auf Temperaturen über 100 Millionen Grad aufgeheizt werden.

Das Messprinzip eines Bolometers: Ein briefmarkengroßes Metallplättchen absorbiert die längs einer engen Sichtlinie aus dem Plasma kommende Strahlung und erwärmt sich dabei. Der elektrische Widerstand eines darunter liegenden Leiters ändert sich je nach Temperatur und ist daher ein direktes Maß für die Strahlungsleistung. Mittels zusätzlicher Rechnungen und Messdaten lässt sie sich räumlichen Punkten im Plasma zuordnen, sofern genügend viele Bolometer zur Verfügung stehen. So erfährt man exakt, welche Stelle im Plasma welche Leistung ausgesandt hat.

Dieses im IPP entwickelte und patentierte Messverfahren wird seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt. Für die Großanlage ITER, die erstmals ein brennendes Fusionsfeuer erzeugen soll, sind jedoch neue Anforderungen zu erfüllen: Anders als bisher müssen die Detektoren aufprallenden Fusionsneutronen standhalten und auch bei hohen Temperaturen bis 450 Grad Celsius zuverlässig arbeiten können.

Für diese Weiterentwicklung hat das IPP seit 2008 mit Fördermitteln des Bundesforschungsministeriums fruchtbare Kooperationen aufgebaut: So wurden, angelehnt an die bisherigen IPP-Entwürfe, am Institut für Mikrotechnik Mainz erste Prototypen entwickelt – galvanisch auf dünne Keramik-Membranen abgeschiedene Platinabsorber. Neutronen-Tests im Forschungsreaktor der Ungarischen Akademie der Wissenschaften sowie Prüfungen der spektralen Empfindlichkeit in Kooperation mit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt haben sie bereits bestanden. Hitzetests im IPP waren jedoch nur teilweise erfolgreich. Modellierungsrechnungen mit Unterstützung der Firma KRP Mechatec halfen daraufhin, den Entwurf passend zu ändern. Auch Alternativen für das Absorber-Material und dessen Aufhängung werden untersucht.

Das ITER-Plasma sollen später rund 500 Sichtlinien durchkreuzen und in verschiedenen Querschnittsebenen aus allen Winkeln beobachten. Die Absorber-Plättchen, die diese Strahlung auffangen, liegen tief in der Wand des Plasmagefäßes – am Ende langer Kanäle, die von engen Blenden abgedeckt sind. Denn je kleiner der Sichtwinkel ist, den der einzelne Detektor abtastet, desto genauer wird das Plasma abgebildet. Das große ITER-Plasma stellt auch hier wesentlich höhere Anforderungen als aktuelle Fusionsanlagen.

Um die erreichbare Genauigkeit zu prüfen, wurde im Rahmen einer Doktorarbeit eigens ein Roboterteststand aufgebaut und im Plasmagefäß der Garchinger Fusionsanlage ASDEX Upgrade geprüft. Aus allen Richtungen kann er einen Laserstrahl auf den Eintrittsspalt eines Bolometers richten. Die Messergebnisse halfen, den Blenden-Entwurf so zu verbessern, dass Streulicht und Reflexionen in der Kamera weitgehend unterdrückt werden. Vieles an Optik, Aufbau, Material und Elektronik bleibt noch zu optimieren, damit in vier Jahren ein vollständig dokumentierter, in den ITER-Entwurf integrierbarer Prototyp zur Verfügung steht.

Media Contact

Isabella Milch Max-Planck-Institut

Weitere Informationen:

http://www.ipp.mpg.de

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