Schlüsselenergie der Zukunft

Im Rahmen der Veranstaltung konnten die Teilnehmenden auch den «Mobility Demonstrator» besichtigen. Empa

Im bis auf den letzten Platz besetzten Vortragssaal der Empa-Akademie sprachen am vergangenen Mittwoch Energiepolitiker, Vertreter der Automobil-, Energie- und Finanzbranche und Forschende über die Potentiale und Herausforderungen «synthetischer» Treibstoffe.

Das sind Energieträger wie Wasserstoff oder Methan, die aus temporär überschüssigem Strom erzeugt werden, etwa im Sommerhalbjahr oder aus zeitweise im Strommarkt nicht mehr rentabler Wasserkraft. Im «Power-to-Gas»-Konzept wird der Strom im ersten Schritt via Elektrolyse von Wasser in Wasserstoff (H2) umgewandelt, der dann entweder direkt genutzt oder aber in einem zweiten Schritt katalytisch mit Kohlendioxid (CO2) in Methan (CH4) umgewandelt wird.

Der Vorteil von Methan ist, dass Überschussstrom aus dem Sommerhalbjahr im vorhandenen Gasnetz über Monate gespeichert und so auch im Winter zum CO2-neutralen Betrieb von Gasfahrzeugen genutzt werden kann.

Senkung der CO2-Emissionen – oder aber Sanktionen

Eine grosse Herausforderung im Bereich erneuerbarer Energie ist dabei die Wirtschaftlichkeit. Erneuerbare Energie ist «per se» bereits teurer als fossile. Wird sie gespeichert, steigen die Kosten weiter – erst recht, wenn es sich dabei um eine langfristige, z.B. saisonale Speicherung handelt. Daher sind gut durchdachte Strategien gefragt, um «Power-to-Gas» wirtschaftlich zu machen. Oder wie es der Empa-Forscher Andreas Borgschulte ausdrückt: «Die Umwandlungen in synthetische Energieträger sind nicht nur ein Energie-, sondern vor allem auch ein Geldproblem».

Das Schweizer CO2-Gesetz bietet die Basis für einen solchen Business Case, denn sie zwingt die Automobilbranche zu weit reichenden CO2-Reduktionsmassnahmen. Christian Bach von der Empa-Abteilung «Fahrzeugantriebssysteme» liefert Zahlen: «Das Nichteinhalten der Grenzwerte führt zu hohen Sanktionen für die Automobilhersteller, die alleine für das laufende Jahr auf 50 bis 80 Millionen Franken geschätzt werden.» Und das mit steigender Tendenz.

Die Automobilindustrie hat nun die Wahl: Bezahlt sie jährlich hohe Bussen oder investiert sie in erneuerbare Energie? Was der Umwelt schlussendlich mehr nützt, ist dabei schnell klar. Klar ist aber auch, dass Investitionen in erneuerbare Energien nur dann erfolgen, wenn die Automobilhersteller die nachgewiesene CO2-Minderung im Rahmen der Flottenemissionsregelung anrechnen können – ein Bereich, in dem Politik und Verwaltung zurzeit arbeiten.

«Wenn uns die CO2-Senkung wichtig ist, müssen wir über den Tellerrand schauen», so Reiner Mangold von der AUDI AG. Als Pionier im Bereich synthetischer Treibstoffe hat AUDI ein Gesamtkonzept für eine CO2-freie Mobilität entwickelt. Dieses beinhaltet verschiedene Antriebe und Treibstoffe. Als erstes Antriebskonzept in diesem Bereich setzt AUDI auf den Gasantrieb und hat in Zusammenarbeit mit Etogas eine grosse Power-to-Gas-Pilotanlage in Norddeutschland realisiert. Lebenszyklusanalysen zeigen, dass Gasfahrzeuge, die mit aus Windstrom erzeugtem Methan betrieben werden, vergleichbare CO2-Emissionen aufweisen wie mit Windstrom betriebene Elektrofahrzeuge. Pilotanlagen, die aus erneuerbarem Strom diesel- oder benzinähnliche Flüssigtreibstoffe herstellen, sind ebenfalls Teil der Strategie von AUDI.

Grosses Potenzial – aber nicht ausgeschöpft

Alle Technologien, um synthetische Treibstoffe herzustellen, basieren zunächst auf Wasserstoff. Deshalb sind Wasserstoff-Fahrzeuge von wachsendem Interesse. Insbesondere für Busse, Kommunalfahrzeuge, Nutzfahrzeuge im Verteilverkehr und grössere Personenwagen könnte Wasserstoff ein interessanter Treibstoff werden. Das Potential, bei Elektrolyse, Methanisierung und bei den Brennstoffzellen einerseits die Effizienz zu steigern und dabei gleichzeitig die Kosten zu senken, ist noch längst nicht ausgeschöpft.

Das Paul Scherrer Institut (PSI) forscht in diesem Bereichen. In gemeinsamen Pilotanlagen entwickeln und untersuchen Empa- und PSI-Forschende die Technologien der Zukunft. Abschätzungen der Empa zeigen: Würde nur die Hälfte des prognostizierten überschüssigen Stroms als Treibstoff genutzt, liessen sich damit mehrere 100‘000 Fahrzeuge CO2-neutral betreiben. Könnte diese CO2-Reduktion im Rahmen der Flottenemissionsregelungen angerechnet werden, wäre dies sogar ohne Subventionierung oder sonstige Fördermassnahmen möglich.

Weitere Informationen
Christian Bach, Fahrzeugantriebssysteme, Tel. +41 58 765 4137, christian.bach@empa.ch
Dr. Andreas Borgschulte, Analytische Chemie, Tel. +41 58 765 4639, andreas.borgschulte@empa.ch

http://www.empa.ch/plugin/template/empa/3/156212/—/l=1

Media Contact

Cornelia Zogg EMPA

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Energie und Elektrotechnik

Dieser Fachbereich umfasst die Erzeugung, Übertragung und Umformung von Energie, die Effizienz von Energieerzeugung, Energieumwandlung, Energietransport und letztlich die Energienutzung.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Windenergie, Brennstoffzellen, Sonnenenergie, Erdwärme, Erdöl, Gas, Atomtechnik, Alternative Energie, Energieeinsparung, Fusionstechnologie, Wasserstofftechnik und Supraleittechnik.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Klimawandel führt zu mehr alpinen Gefahren

Von Steinschlag bis Eislawine: So hat der Klimawandel die Naturgefahren in den Alpen verändert. Der Klimawandel intensiviert vielerorts Naturgefahren in den Bergen und stellt den Alpenraum damit vor besondere Herausforderungen….

SAFECAR-ML: Künstliche Intelligenz beschleunigt die Fahrzeugentwicklung

Mit neuen Methoden des Maschinellen Lernens gelingt es, Daten aus der Crashtest-Entwicklung besser zu verstehen und zu verarbeiten. Im Projekt SAFECAR-ML entsteht eine automatisierte Lösung zur Dokumentation virtueller Crashtests, die…

Robotergestütztes Laserverfahren ermöglicht schonende Kraniotomie im Wachzustand

Um während neurochirurgischen Eingriffen komplexe Hirnfunktionen testen zu können, werden diese an wachen, lokal anästhesierten Patienten durchgeführt. So können die Chirurgen mit ihnen interagieren und prüfen, wie sich ihr Eingriff…