Druckguss ist eines der wirtschaftlichsten Formgebungsverfahren. Mit nur einer Form lassen sich schnell Hunderttausende von Gussteilen herstellen. Doch wie viele Industrieprozesse ist auch dieses Produktionsverfahren äußerst energieintensiv. Ein Großteil des Energieverbrauchs geht auf Kosten der Tiegelöfen, in denen Metallbarren aufgeschmolzen werden, um anschließend mit hohem Druck und hoher Geschwindigkeit in eine metallische Form gepresst zu werden. Entsprechend hoch ist der Gesamtenergieverbrauch der deutschen Leichtmetallgießereien mit 4,4 TWh nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Jahr 2019. Durch das Konzept, den Produktionsprozess energieflexibel zu gestalten, entsteht die Möglichkeit, Schwankungen im Stromnetz auszugleichen und damit günstiger zu produzieren.
Ein energieflexibler Betrieb lässt sich durch die bivalente Ausführung der Ofentechnik realisieren. »Üblicherweise werden solche Öfen mit nur einem Energieträger betrieben – entweder mit Brennstoffen wie Gas und Öl oder alternativ mit Strom. Bivalente Tiegelöfen hingegen können im Betrieb dynamisch zwischen den Energieträgern Strom und Gas wechseln. Ein solches Konzept gibt es bislang nicht«, erläutert Alexander Mages, Wissenschaftler am Fraunhofer IPA in Stuttgart. »So kann der Energiebedarf des Tiegelofens in beliebigen Betriebszuständen mit unterschiedlichen Energieträgern gedeckt werden«.
In Zusammenarbeit mit den Partnern Hindenlang GmbH, Bark Magnesium GmbH sowie dem Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart hat das Forscherteam verschiedene Beheizungskonzepte modelliert, das Anlagenkonzept durch thermische Simulationen optimiert und die bivalente Ausgestaltung eines Tiegelofens umgesetzt. Der Tiegelofen ist Bestandteil eines Anlagenparks inklusive Stanzen, Pressen und CNC-Maschinen in der Druckgießerei Bark Magnesium GmbH. Der Tiegelofen wurde im April 2023 erfolgreich getestet und im Mai in Betrieb genommen. Dort werden Magnesiumblöcke, sogenannte Masseln, aufgeschmolzen.
Fertigungsprozess nicht unterbrechen
Ziel war es, Energie flexibel und strompreisoptimiert zu nutzen, ohne durch den Wechsel den Produktionsprozess unterbrechen zu müssen, da die Schmelze konstant auf einer Betriebstemperatur gehalten werden muss. So lässt sich der Betrieb des bivalenten Ofens auf Gas regeln, wenn der Strompreis besonders hoch ist – etwa durch den regelmäßig hohen Stromverbrauch morgens oder abends. Bei niedrigen Preisen hingegen wird auf Strombetrieb geschaltet. »Eine energieflexible Stromnachfrage kann einen erheblichen Beitrag bei der Neuausrichtung unseres Stromsystems hin zu einer erneuerbaren Energieerzeugung leisten. Industrieunternehmen haben einen Anteil von 44 Prozent am Gesamtstromverbrauch«, so Mages.
Die Umschaltung zwischen Strom und Gas kann manuell über die Ofensteuerung erfolgen oder automatisiert über ein Signal auf Hallennetzebene. Ebenso besteht über die Hallennetzanbindung die Möglichkeit, den Wechsel durchzuführen, nachdem ein Signal des Stromanbieters eingegangen ist. »Durch den Wechsel des Energieträgers muss der Auftragsstart nicht in Zeiten verschoben werden, wenn der Strompreis niedrig ist. Ebenso wenig müssen Pausenzeiten im Schichtbetrieb angepasst werden. Dies sind übliche Maßnahmen, um Energieflexibilität zu erreichen«, erläutert der Forscher einen weiteren Vorteil des bivalenten Ofens.
Entwickelt wurde der Ofen im Kopernikus-Projekt SynErgie II, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF gefördert wurde. Das Folgeprojekt SynErgie III ist bereits beantragt. In diesem soll der Ofen inklusive Beheizungs- und Netzkonzept optimiert werden. Mithilfe von thermischen Messelementen ermitteln die Projektpartner Parameter wie die Temperaturverteilung im Ofen, um so Rückschlüsse auf die Energieeffizienz zu ziehen. Geprüft wird auch, ob sich der Ofen mit Wasserstoff betreiben lässt. »Wir forschen quasi am lebenden Objekt«, so Mages.