Aus der Vogelperspektive
– Überwachung der Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen mit Satelliten.
Die Fähigkeit eines Ökosystems, Störungen zu widerstehen und sich davon zu erholen, kann aus dem Weltraum gemessen werden. Das zeigen Dr. Taylor Smith von der Universität Potsdam und seine Kollegen am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) sowie der Technischen Universität München (TUM) in einer empirischen Studie in „Nature Climate Change“. Ihre auf Satellitendaten basierende Methode könnte in den kommenden Jahrzehnten des Klima- und Landnutzungswandels an Bedeutung gewinnen
Der Klimawandel beeinflusst den Charakter und die Stabilität von Ökosystemen weltweit. In der Theorie kann die Resilienz von Ökosystemen – also die Fähigkeit, äußerem Stress wie Dürren oder Waldbränden zu widerstehen und sich davon zu erholen – aus deren natürlicher Variabilität abgeleitet werden. In ihrer Pilotstudie zur Überwachung von Satellitenbildern aus der Zeit von 1992 bis 2017 zeigen die Forschenden, dass dies tatsächlich möglich ist – und zwar unabhängig vom Vegetationstyp und von der Klimazone.
„Neue Herangehensweisen zur Verarbeitung großer Datensätze ermöglichen es, verbreitete Theorien und Annahmen zur Funktionsweise von Ökosystemen zu prüfen“, sagt der leitende Autor der Studie, Taylor Smith. „Unsere Arbeit bestätigt empirisch eine dieser Theorien. Wir können mit einem einfachen mathematischen Modell messen, wie widerstandsfähig die Vegetation auf äußeren Druck reagiert.“ Co-Autor Prof. Dr. Niklas Boers (TUM/PIK) ergänzt: „Unsere Methode ermöglicht es uns, Veränderungen der Vegetationsresilienz an jedem beliebigen Ort der Erdoberfläche kontinuierlich zu messen. Wir bieten damit einen soliden, empirisch bestätigten Rahmen für die Überwachung der Vegetationsresilienz aus dem Weltraum.“
Die Arbeit zeigt weiterhin, dass die globale Vegetation seit den frühen 2000er Jahren an Resilienz verloren hat. Die Vegetation benötigt nach Störungen eine längere Zeit, um ihr natürliches Gleichgewicht wiederherzustellen. „Je nach Klimazone und Vegetationstyp stellen wir sehr unterschiedliche langfristige Trends bei der Widerstandsfähigkeit fest, aber insgesamt ist die Resilienz in den letzten zwei Jahrzehnten häufiger zurückgegangen“, sagt Taylor Smith. Insbesondere tropische Regenwälder und die borealen Wälder Sibiriens sind anfälliger für Ereignisse wie Waldbrände, Schädlingsbefall und Naturkatastrophen geworden. Zu den möglichen Faktoren, die zu dieser Verschiebung beitragen könnten, gehören natürliche langfristige Schwankungen, der vom Menschen verursachte Klimawandel, die zunehmende Landnutzung und die Entwaldung sowie eine größere Häufigkeit von Dürren und Waldbränden.
„Wir müssen dringend unsere Bemühungen verstärken, mögliche Veränderungen in der Widerstandsfähigkeit der Vegetation zu erkennen und die zugrundeliegenden Faktoren zu verstehen. Wir gehen davon aus, dass die vom Menschen verursachte globale Erwärmung und die veränderte Landnutzung eine wichtige Rolle spielen werden, aber viele Prozesse sind noch nicht gut verstanden, sodass es schwierig ist, das Schicksal der natürlichen Vegetation in den kommenden Jahrzehnten vorherzusagen“, warnt Niklas Boers. „Satellitendaten können hier eine entscheidende Rolle bei der kontinuierlichen Überwachung des Zustands der Vegetation und von Ökosystemen spielen“, fasst Taylor Smith zusammen.
Link zur Publikation: Smith, T., Traxl, D. & Boers, N. Empirical evidence for recent global shifts in vegetation resilience. Nat. Clim. Chang. (2022). https://doi.org/10.1038/s41558-022-01352-2
Abbildung: Globale Trends in der Widerstandsfähigkeit der Vegetation seit den 2000er Jahren. Viele Regionen – insbesondere die tropischen Regenwälder und die sibirische Tundra – sind weniger in der Lage, ihren derzeitigen Zustand angesichts sich ändernder Umweltbedingungen aufrechtzuerhalten. Bildrechte: Taylor Smith.
Kontakt:
Dr. Taylor Smith, Institut für Geowissenschaften
Tel.: 0331 977-5845
taylor.smith@uni-potsdam.de
Medieninformation 29-04-2022 / Nr. 043
Dr. Stefanie Mikulla
Universität Potsdam
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