Der tropische Atlantik steuert das Klima Afrikas
Dr. Enno Schefuß vom DFG-Forschungszentrum Ozeanränder Bremen weist gemeinsam mit niederländischen Kollegen nach, warum afrikanische Regenwaldregionen im Lauf der Erdgeschichte zunahmen bzw. schrumpften, warum trockene Savannengürtel anwuchsen bzw. schwanden. Demnach ist das Auf und Ab der Meerestemperaturen im tropischen Atlantik der entscheidende Faktor. Das ergaben Untersuchungen an Meeresablagerungen, die bis zu 1,2 Millionen Jahre alt sind.
Wüsten, Savannen und Regenwälder prägen unser Bild der großen afrikanischen Landschaftsgürtel. Auf lange Sicht sind diese Vegetationszonen großen Veränderungen unterworfen. Den Untersuchungen der Meeresforscher zufolge steuert die Temperaturentwicklung im obersten Stockwerk des tropischen Atlantiks das Wechselspiel zwischen Verdunstung und Niederschlag. Auf lange Sicht betrachtet hängt davon wiederum die Entwicklung der Pflanzenwelt im tropisch-subtropischen Afrika ab. Denn wenn der tropische Atlantik abkühlt, verdunstet weniger Wasser. Die Folgen: der Niederschlag über dem Kontinent nimmt ab; bislang feuchte Regenwälder verwandeln sich in trockene Savannen. Erwärmt sich das oberste Ozeanstockwerk, kann sich die Regenwaldzone wieder ausdehnen.
Das Forscherteam beprobte Tiefsee-Bohrkerne, die 1998 unter Beteiligung Bremer Wissenschaftler im Rahmen des internationalen Ocean Drilling Program (Ozean-Bohrprogramm) im Angola-Becken vor der zentralafrikanischen Westküste gewonnen worden waren. Die Meeresablagerungen dokumentieren Umwelt- und Klimaverhältnisse für den Zeitraum zwischen 450.000 und 1,2 Millionen Jahre vor heute. Die Wissenschaftler suchten insbesondere nach bestimmten Wachsverbindungen, die von Landpflanzen stammen und durch die Passatwinde ins Meer geweht wurden. An den Wachsen lässt sich eindeutig erkennen, ob sie von Regenwaldbäumen oder von Savannengräsern stammen. An Hand dieser Wachse ließen sich also die Veränderungen des afrikanischen Landschaftsbildes im besagten Zeitraum nachzeichnen.
Neben den Pflanzenwachsen enthalten die Bohrkerne Reste einzelliger Algen. Aus deren Überresten gewannen Schefuß & Co. Informationen, wie sich die Temperatur des Oberflächenwassers im tropischen Atlantik veränderte. Der Vergleich der Datensätze zeigt: Während des Zeitraums zwischen 1,2 Millionen und 450.000 Jahre vor heute waren die Wechsel von Regenwald zu Grasland eng verknüpft mit der Temperaturentwicklung des Oberflächenwassers im Angola Becken. „Demnach ist die Niederschlagsmenge auf dem afrikanischen Kontinent von Temperaturveränderungen im atlantischen Warmwasserreservoir abhängig“ konstatiert der Bremer Geochemiker.
„Völlig neu ist die Erkenntnis, dass die Verschiebungen der Vegetationszonen weitgehend unabhängig von anderen Klimafaktoren erfolgten. Selbst das Anwachsen der Eisschilde im hohen Norden Skandinaviens und Grönlands ist letztendlich nicht der entscheidende Faktor für die Entwicklung von Regenwäldern und Savannen“, sagt Dr. Enno Schefuß. „Damit können wir erstmals Prozesse über lange Zeiträume nachweisen, über die bislang nur Meteorologen und Klimamodellierer Vermutungen angestellt haben. Das zeigt auch, welchen Einfluss die Ozeanrandgebiete auf unser Landklima haben“, meint der seit kurzem am DFG-Forschungszentrum arbeitende Wissenschaftler.
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Kirsten Achenbach
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