Bundestagsstudie: In Deutschland enorme Potenziale für geothermischen Strom

In Deutschlands Erdkruste schlummern enorme Potenziale für geothermischen Strom. Das jedenfalls ist das wesentliche Fazit einer Studie des Büros für Technikfolgenabschätzung (TAB) des Deutschen Bundestages, die gestern vom Forschungsausschuss des Parlaments angenommen wurde.

Der Sachstandsbericht „Möglichkeiten geothermischer Stromerzeugung in Deutschland“ des Autorentrios Herbert Paschen, Dagmar Oertel und Reinhard Grünwald setzt sich neben einer Abschätzung und Bewertung der Potenziale auch mit dem Stand der Technik, der Wirtschaftlichkeit und den Umweltfolgen eines breiten Einsatzes dieser Technologie auseinander.

Die Kernaussagen sind eindeutig: Die bis in 7 km Tiefe unter unseren Füßen vorhandenen reichten aus, mehr als das 600fache des deutschen Jahresstrombedarfs zu decken – bei einer Nutzung der Abwärme noch einmal das 350fache (unter Einsatz von Großwärmepumpen sogar das 600fache) unseres jährlichen Wärmebedarfs. Nur ein sehr geringer Teil davon würde tatsächlich benötigt, selbst wenn sämtliche Wärme und sämtlicher Strom in unserem Land aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden würde. In einem solchen Energiemix stellt die Geothermie als Grundlastenergieträger die ideale Ergänzung zu Wind, Sonne, Wasserkraft und Biomasse dar. Geothermische Kraftwerke lassen sich wie herkömmliche gas-öl-, oder kohlebefeuerte Anlagen ohne großen regelungstechnischen Aufwand in das Stromverbundnetz eingliedern. Dafür notwendige Technologien stehen zur Verfügung oder befinden sich unmittelbar vor der Einsatzreife. Auch mit Unterstützung der durch die Bundesregierung getroffenen Maßnahmen (Erneuerbare-Energien-Gesetz und verstärkte Forschungsanstrengungen) konnten in den letzten Jahren bemerkenswerte Fortschritte in der technologischen Entwicklung und in der Planung neuer Kraftwerkskonzepte erreicht werden. Die erste Turbine, die in Deutschland geothermischen Strom in das Netz einspeisen wird, soll im November diesen Jahres in Neustadt-Glewe (Mecklenburg-Vorpommern) offiziell in Betrieb genommen werden. Die innovative Turbine selbst wird übrigens in Thüringen hergestellt. Der Platzbedarf für solche Anlagen ist vergleichsweise gering, da sich die eigentliche „Feuerungsanlage“ einige Kilometer tief im Innern der Erde befindet.

Der forschungs- und technologiepolitische Specher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen Hans-Josef Fell bewertete daher auch die Geothermie in einer gestern verbreiteten Pressemitteilung als „eine ernst zu nehmende Option für die die zukünftige Energieversorgung.“

Die Studie räumt gleichzeitig gründlich damit mit einem alten Trugschluss auf, der auch heute noch immer wieder in der öffentlichen Diskussion auftaucht: Außerhalb vulkanischer Zonen seien nur geringe geothermische Potenziale anzutreffen. Das Gegenteil ist der Fall. Je tiefer man in die Erde vordringt, um so wärmer wird ist. 99% des Erdkörpers ist heißer als 1000 °C. Dass wir an der Oberfläche Bedingungen vorfinden, unter denen die Entwicklung von Leben möglich wurde, verdanken wir der relativ dünnen Erdkruste. Der täglich aus dem Erdinnern steigende Wärmestrom entspricht etwas dem 2,5fachen des weltweiten Energiebedarfs. Bislang wird er weitgehend ungenutzt in den Weltraum abgestrahlt.

Die komplette Studie, die unter Mitarbeit des Instituts für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben/GGA, (Hannover), der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe/BGR (Hannover), des Instituts für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung/IER der Universität Stuttgart, des Instituts für Energetik und Umwelt/IfE (Leipzig) und der Geothermie Neubrandenburg GmbH/GTN (Neubrandenburg) erstellt wurde, kann auf der Homepage der Geothermischen Vereinigung oder von MdB Hans-Josef Fell eingesehen werden bzw. liegt dort als Download-Angebot bereit.

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Werner Bussmann idw

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