"Des Geologen Gespür für Eis"

Radarsatelliten sollen frühzeitig vor Ausbruch des isländischen Vulkans Katla warnen

Sorgenfalten einer Insel: Nahezu linear erstreckt sich im Süden Islands eine vulkanisch aktive Zone in zwei parallel verlaufenden Zweigen. Bedeckt sind einige der noch aktiven Vulkane von Gletschern. Feuer und Eis in enger Nachbarschaft – das hat auf Island verheerende Auswirkungen. Kommt es unter den Gletschern zu Eruptionen, schmelzen Teile des Eises ab und suchen sich als gewaltige Gletscherläufe ihre Bahn. Als besonders gefährlich gilt der etwa alle hundert Jahre ausbrechende Vulkan Katla. Die letzte Eruption mit katastrophalen Auswirkungen für die Umwelt und nahe gelegenen Ortschaften fand 1918 statt – jetzt registrieren Forscher erneut einen Anstieg in der Aktivität der Katla.

Bereits seit zehn Jahren untersucht Dr. Ulrich Münzer, Institut für Allgemeine und Angewandte Geologie der LMU, die junge vulkanische Zone Islands. Seit einigen Jahren greift Münzers Team aus Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen aus Deutschland, Polen, Island und Österreich bei der Überwachung der gefährdeten Gebiete auf Daten zurück, die unter anderem von Fernerkundungssatelliten der europäischen Weltraumorganisation ESA gesammelt werden. ”Ich wurde von der ESA als Leiter für die Projekte auf Island ausgewählt und bekomme somit für Forschungszwecke als einziger die Daten kostenlos zur Verfügung gestellt”, berichtet er. ”Bei einem subglazialen Ausbruch im Herbst 1996 hat sich die Methode des Monitorings aus dem Weltall bereits bewährt. Wir konnten die unter der Eisdecke stattfindende Eruption einen Tag vor dem Ausbruch erkennen, weil sich die Eruptionsstelle in nahezu voller Länge durch die etwa 800 Meter dicke aufliegende Eisdecke pauste.”

Unter der bis zu 1000 Meter mächtigen Eisdecke des Vatnajökulls, Europas größtem Gletscher, war die Eruptionsspalte Gjálp aufgebrochen. Aufgrund der enormen Wärmeentwicklung schmolz ein Teil des Gletschereises ab. Das Schmelzwasser sammelte sich in der Grímsvötn-Caldera, einem vulkanischen Einsturzkessel. ”Anfang November wurde der hydrostatische Druck zu groß, und ein gigantischer Gletscherlauf bahnte sich schlagartig seinen Abfluss”, berichtet Münzer. ”Innerhalb von nur zwei Tagen bewegten sich etwa 3,4 Kubikkilometer Schmelzwasser auf die isländische Küste zu – bei einem maximalen Abfluss von 53.000 Kubikmeter pro Sekunde.” Die gewaltige Flutwelle zerstörte Brücken, etwa zehn Kilometer der Küstenstraße sowie die Überlandleitung.

Die Radarsatelliten umkreisen die Erde in bis zu 800 Kilometern Höhe. Sie arbeiten Tag und Nacht, bei jedem Wetter und allen Lichtverhältnissen. Daher eignen sie sich besonders gut für ein kontinuierliches Monitoring von Ländern mit ungünstigen klimatischen Verhältnissen wie Island. Andere Methoden zur Überwachung, etwa die Interpretation von Luftbildern aus Überfliegungen, sind dagegen oft auf optimale Witterungsbedingungen angewiesen.

Bei der Überwachung durch Radarsatelliten werden vor Ort am Boden die exakten Geländedaten bestimmt und speziell entwickelte Reflektoren als Referenzpunkte aufgestellt. Dorthin senden die Satelliten elektromagnetische Wellen, die zurückgestrahlt werden. Die Laufzeit der Signalreflexion hängt von der Geländeform des angestrahlten Punktes ab. ”Wir werten die Daten aus und können so horizontale und vertikale Bewegungsvorgänge im Zentimeterbereich nachweisen”, berichtet Münzer. ”Der neue Satellit Envisat der ESA wird ab 2002 unter anderem die Katla überwachen.”

Der Vulkan liegt unter der 500 bis 600 Meter dicken Eisdecke des Mýrdalskökull-Gletschers und bricht etwa alle hundert Jahre aus. Im Falle einer erneuten Eruption der Katla können die Bewohner der umliegenden Dörfer jetzt dank der neuen Technik rechtzeitig gewarnt werden, hofft Münzer. ”Bei der letzten Eruption 1918 flossen etwa 300.000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde aus und überschwemmten den angrenzenden Küstenbereich. Der Wasserspiegel stieg am Gletscherrand in einer Stunde um 75 Meter”, berichtet er: ”Jetzt haben wir erneut einen Anstieg in der Aktivität der Katla festgestellt – 1999 kam es sogar zu einem kleinen Gletscherlauf.”


Ansprechpartner:

Dr. Ulrich Münzer Institut für Allg. und Angewandte Geologie der LMU
Tel. 089/ 2180-6589, privat: 08034 – 3627
Fax 08034 – 7320
E-Mail: ulrich.muenzer@iaag.geo.uni-muenchen.de

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