Einfluss der Sahara-Sandstürme auf das globale Klima

DFG genehmigt neue Forschergruppe – Sieben Einrichtungen beteiligt – Strahlungseffekte von Mineralstaub in der Atmosphäre bisher unbekannt.

Im Februar des Jahres 2000 fegte ein Sandsturm über den atlantischen Ozean und bedeckte eine Fläche von der Größe Spaniens mit einer dichten Wolke aus Sahara-Staub. Atmosphärenphysikern war das Phänomen nicht neu, das Ausmaß von rund 500.000 Quadratkilometern allerdings war beträchtlich. Staub aus der Sahara-Wüste wird regelmäßig von Winden und warmer Luft bis zu 5.000 Meter hoch in die Atmosphäre getragen und zieht dann über den Atlantik bis in die Karibik oder an die südamerikanische Küste und das Amazonas-Gebiet. „Wenn bei uns im Frühjahr eine staubig-schmirgelige Schicht die Autos bedeckt, ist es auch Staub aus der Sahara, der über die Alpen kommt“, erzählt Dr. Lothar Schütz vom Institut für Physik der Atmosphäre der Johannes Gutenberg-Universität Mainz über die Wanderungen seines Forschungsobjekts.

Schütz befasst sich seit 30 Jahren mit dem Sahara-Staub und gehört einer Forschergruppe an, die in den kommenden drei Jahren die Verteilung und Verbreitung der Staubpartikel eingehend untersuchen wird. An dem Projekt mit der Bezeichnung „SAMUM“ – so heißt der trockenheiße Sandwind der Sahara-Wüste – sind Wissenschaftler aus ganz Deutschland beteiligt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat dafür einen Betrag von Euro 1.100.000.- bewilligt. Zum „SAMUM-Konsortium“ mit sieben Forschergruppen gehört das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig, das Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena, das Institut für Meteorologie der Universität München, das Institut für Mineralogie der Technischen Universität Darmstadt, das Institut für Umweltphysik und Fernerkundung der Universität Bremen und das Institut für Physik der Atmosphäre der Universität Mainz. Das Mainzer Team mit Univ.-Prof. Dr. Ruprecht Jaenicke, Dr. Lothar Schütz und Dr. Konrad Kandler ist Teil der gemeinsamen Gruppe mit der TU Darmstadt unter Univ.-Prof. Dr. S. Weinbruch, die sich zum Ziel gemacht hat, die Zusammensetzung und die räumliche Verteilung des Mineralstaubs in der Atmosphäre zu untersuchen.

Hintergrund des neuen Forschungsprojekts ist die weltweite Klimaveränderung in den vergangenen Jahren. „Es wird wärmer werden“, so Schütz. „Wie, das kann heute noch niemand sagen.“ Die Frage ist nun, ob in der Atmosphäre auch Prozesse ablaufen, die dem Temperaturanstieg entgegenwirken. Starke Sandstürme, so die Vermutungen, könnten dabei eine bedeutende Rolle spielen. Staubpartikel in der Atmosphäre tragen zur Wolkenbildung bei und sie können Sonnenstrahlung in den Weltraum rückstreuen oder aber die Energie speichern, je nachdem, ob es sich um helle oder dunkle Partikel handelt. Insgesamt gelangen jährlich rund fünf Milliarden Tonnen Staubteilchen oder Aerosolpartikel durch natürliche und anthropogene Prozesse in die Atmosphäre. Der Mineralstaub aus den Wüsten der Erde hat daran einen Anteil von 1,5 Milliarden Tonnen und wiederum 60 Prozent davon entstammen dem Wüstenkomplex der Sahara. „Uns interessieren die Stoffe, die in den Ferntransport gehen, und das sind etwa 400 Millionen Tonnen“, rechnet Schütz vor. „Ferntransport“, das heißt bis zu 10.000 Kilometer. So bedienen die Wüsten in China den Pazifik, die Transportdistanz reicht bis Alaska und Grönland. „Saharastaub geht regelmäßig in die Karibik, erreicht aber auch Europa, manchmal sogar zehn Mal im Jahr.“

Aber ob der Mineralstaub aus den Sandstürmen in der Atmosphäre zur Abkühlung führt oder aber eine Erhöhung der Temperatur bewirkt, ist unbekannt. „Noch ist unklar, in welche Richtung der Effekt geht, daher wollen wir dieser Sache auf die Spur kommen“, erklärt Schütz. Die ersten Feldexperimente werden die Wissenschaftler am Rand der Sahara in Südmarokko durchführen. An einer Bodenstation wird Staub gesammelt und vermessen. Lidar-Messungen werden später mit hochenergetischen Lasern Aufschluss über das Staubvorkommen in der Atmosphäre und die Wolkenbildung liefern. Für Messungen aus geringer Höhe wird eine Turbopropmaschine eingesetzt, eine Falcon der DLR wird bis in die obere Troposphäre in Höhe von zehn, zwölf Kilometer steigen und schließlich werden auch Satelliten genutzt: Daten der europäischen ENVISAT-Mission und Ergebnisse der geplanten US-französischen CALIPSO-Mission werden in die Auswertung einbezogen. Für die Vernetzung der verschiedenen Arbeitsgruppen und die Datenverarbeitung kommt eine neu entwickelte Software der DLR zum Einsatz. Die Messergebnisse der Expedition in der Sahara werden dazu dienen, die numerischen Computer-Simulationen des Staubtransports in der Atmosphäre zu überprüfen und besonders die Übertragung der Sonnenstrahlung in den Staubschichten und am Boden zu berechnen. Ende 2006 sollen Schätzungen über die klimatischen Auswirkungen der Sahara-Sandstürme vorliegen.

Kontakt und Informationen:

Institut für Physik der Atmosphäre
Dr. Lothar Schütz
Tel. 06131 – 39-22865, Fax -23532
E-Mail: schuetz@mail.uni-mainz.de

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