Vom Leben direkt an der Quelle
Wie Fenster, die den Blick auf verborgene Schätze erlauben, lassen Quellbiotope den Zustand der wertvollen Vorräte an Grundwasser erkennen, die unter der Erde lagern. Wo das Wasser zu Tage tritt, sind Lebensgemeinschaften von Spezialisten entstanden, deren Geschichte zum Teil bis in die Eiszeit zurückreicht. Das fein abgestufte System reagiert auf Umweltveränderungen über längere Zeiten und größere Räume und bietet damit günstige Voraussetzungen für biologisches Umweltmonitorring. Für ein regionales Quellforschungs-Projekt hat die Arbeitsgruppe Geobotanik unter Leitung von Prof. Dr. Werner Nezadal am Institut für Botanik und Pharmazeutische Biologie der Universität Erlangen-Nürnberg mehrfach Unterstützung aus der Region erhalten.
Das Mineralbrunnenunternehmen FRANKEN BRUNNEN in Neustadt a. d. Aisch finanziert eine Doktorandenstelle und Sachmittel; das smart center Nürnberg stellt für die Dauer der Feldstudien einen seiner recyclebaren Kleinwagen zur Verfügung. Das „Forschungsauto“ wird am Samstag, 24. Februar 2001, um 13 Uhr in der Geschäftsstelle des smart center in Nürnberg, Regensburger Straße 418a, an Johannes Fritscher übergeben, der für seine Dissertation einen Katalog zur Bewertung der Naturnähe oder -ferne von Quellen im Einzugsgebiet der mittelfränkischen Aisch erstellt.
Reinheitssymbol und Trinkwasserreservoir
Das Grundwasser, das eine Quelle speist, hat meist einen langen Weg durch die Gesteinsschichten zurückgelegt, bevor es an die Oberfläche tritt. Es ist arm an Nährstoffen und hält im Sommer wie im Winter gleichmäßige, kühle Temperaturen um die 8°C ein. Beides hat Auswirkungen auf die Pflanzen- und Tierwelt, die im Umfeld der Quelle lebt und sich auf diese Bedingungen eingestellt hat. Davon abgesehen, können Quellen – abhängig von der Geologie, vom Gefälle, der Höhenlage, der Niederschlagsmenge und vom Einfluss, den der Mensch ausübt – sehr unterschiedlich aussehen.
Quellwasser, das in früheren Zeiten als Wunder- und Heilmittel verwendet wurde, gilt als Symbol der Reinheit und Klarheit. Der Ort, an dem frisches, sauberes Wasser dem Inneren der Erde entspringt, war von einem Geheimnis umgeben und galt im Volksglauben als Heiligtum; später wurden dort häufig Kirchen und Kapellen errichtet. Obwohl letztlich fast jeder Wasserhahn aus dem unterirdischen Reservoir gespeist wird, ist von dieser Ehrfurcht äußerst wenig übriggeblieben. Dass Quellen, vor allem naturnahe Quellen, selten geworden sind, ist nicht verwunderlich, wenn der enorme Wasserbedarf von Städten und Industrien, Flurbereinigung, Dünger und Pestizideinsatz und ähnliche Belastungen bedacht werden.
Physikalisch-chemische Methoden messen detailliert die Reinheit des Grundwassers, doch bei Quellwasser weichen die Messdaten oft vom biologischen Befund ab. Wenn die Quelle als komplexer Lebensraum erfasst und ein längerfristig vorherrschender Zustand dokumentiert werden soll, sind Indikatororganismen geeignetere Objekte für die Forschung.
Ökosystem von hoher Empfindsamkeit
An einer Quelle und in ihrem Umfeld treffen unterschiedliche Lebensräume zusammen und verflechten sich in weit stärkerem Maße als in jedem anderen Fließgewässerabschnitt. Vegetation und Tierwelt haben sich dem angepasst. Im Laufe von Jahrtausenden mussten sie sich fast nicht umstellen, da sich die äußeren Bedingungen der Quellräume kaum geändert haben. Einige Quellspezialisten, etwa die Quellschnecke, manche Strudelwürmer und Köcherfliegenlarven, werden als Relikte der Eiszeit angesehen: sie besiedelten damals die kalten Gletscherabflüsse und zogen sich nach und nach in die gleichmäßig kühlen Quellbereiche zurück. Da Quellen nicht zufrieren, können sich Insektenlarven im Winter weiterentwickeln, so dass die Flugzeit der erwachsenen Tiere sehr frühzeitig beginnt.
Physikalisch-chemische Faktoren wie Strömungsgeschwindigkeit, Sauerstoffgehalt, Wassertemperatur und die Nährstoffzusammensetzung wirken sich auf die Organismen aus, wobei die Armut an Nährstoffen typisch für Quellen ist. Aus diesem Grund zeigen sie Störungen besonders empfindlich an. Als Bioindikatoren sind vor allem Kieselalgen geeignet, mikroskopisch kleine Algen, die in den meisten Gewässern dominant sind und deren Schalen über Jahrmillionen erhalten bleiben. Sie nehmen eine Schlüsselfunktion im Nahrungsnetz unserer Gewässer ein und reagieren außerordentlich sensibel auf Veränderungen der Wasserqualität.
Die Aisch, ein Zufluss der Regnitz, bildet mit ihren eigenen Zuflüssen ein sehr flaches und langsam abfließendes System. Die Phosphor- und Stickstoffeinträge auf dieser Fläche sind deutlich erhöht, was sich verzögert auf das Grundwasser und auf die Quellen auswirkt. Bei der Auswahl der Quellbereiche für die Studie waren die Forstdirektion Oberfranken-Mittelfranken in Bayreuth und die örtlichen Forstämter behilflich. Das Wasserwirtschaftsamt Ansbach hat sich bereit erklärt, die aufwendigen Wasseranalysen durchzuführen.
Die Sponsoren
Mit der Unterstützung dieses interdisziplinären Forschungsprojekts engagiert sich das Mineralbrunnenunternehmen FRANKEN BRUNNEN ein weiteres Mal im Bereich Quellschutz. Ein neben der Finanzierung der Doktorandenstelle bereitgestellter Förderbetrag in Höhe von 15.000 Mark wird unter anderem dazu verwendet, Messinstrumente anzuschaffen.
Die recyclebaren Kleinwagen des smart center, dessen Nürnberger Geschäftsstelle für die Mobilität im Forschungsprojekt sorgt, passen unmittelbar in das ökologische Konzept der Untersuchungen. Jede Werkstatt des Unternehmens ist unter ökologischen Gesichtspunkten eingerichtet, und das Abwasser wird durch eine eigens installierte Wasseraufbereitungsanlage dem öffentlichen Netz zugeführt.
* Kontakt:
Prof. Dr. Werner Nezadal, Johannes Fritscher
Institut für Botanik und Pharmazeutische Biologie
Lehrstuhl Botanik II, AG Geobotanik
Staudtstraße 5, 91058 Erlangen
Tel.: 09131/85 -28231, Fax: 09131/85 -28751
E-Mail: jfritsch@biologie.uni-erlangen.de
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