TerraSAR-X – Erdbeobachtung in neuer Qualität

Der Terra-Sar-X-Satellit wurde speziell ausgelegt für eine wissenschaftliche und kommerzielle Nutzung der Daten <br>

Das Projekt des deutschen Allwetter-Satelliten TerraSAR-X kommt in seine heiße Phase: Beim Raumfahrtkonzern EADS Astrium in Friedrichshafen hat jetzt mit dem Start der Integrationsarbeiten der Schlussspurt für das Entwicklungsteam begonnen. TerraSAR-X soll ab April 2006 aus seiner rund 500 Kilometer hohen Umlaufbahn Erdbeobachtungsdaten neuer Qualität für Wissenschaft und kommerzielle Anwendungen liefern. TerraSAR-X ist das erste deutsche Raumfahrtprojekt, das in einer öffentlich-privaten Partnerschaft (public private partnership) realisiert wird. Kooperationspartner sind das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR, Köln) und die EADS Astrium GmbH.

TerraSAR-X wurde speziell auf eine wissenschaftliche und kommerzielle Nutzung ausgelegt. Bisher gebaute Erdbeobachtungssatelliten erfüllen die Ansprüche privatwirtschaftlicher Anwender nicht oder nur teilweise.

Kommerzielle Nutzer verlangen detailreiche Daten, die auf ihre jeweiligen Bedürfnisse genau abgestimmt sind. Diese Daten müssen schnell, zuverläs-sig und damit oft unabhängig von Tageslicht oder Witterungseinflüssen ver-fügbar sein. TerraSAR-X wird genau dies ermöglichen. Besonders geeignet für die kommerzielle Verwertung sind Daten von Synthetischen Apertur-Radaren (SAR). Die SAR-Instrumente liefern extrem detaillierte Radarbilder bei Tag und Nacht und bei jedem Wetter.

Die wissenschaftliche Nutzung der Daten von TerraSAR-X obliegt dem DLR, während die kommerzielle Vermarktung exklusiv von der Infoterra GmbH (Friedrichshafen) übernommen wird. Infoterra ist eine 100-prozentigen Tochtergesellschaft des europäischen Satellitenkonzerns EADS Astrium. Sie ist auf die Erhebung und Verarbeitung von luft- und satellitengestützten Daten spezialisiert.

Informationen aus dem All werden in immer größerem Maße von der Privatwirtschaft nachgefragt. Bereits heute gibt es eine Vielzahl gewerblicher Nutzungsmöglichkeiten für Satellitendaten, bei der Infrastrukturplanung, oder bei der Erschließung von Bodenschätzen, aber auch zunehmend in der Land- und Forstwirtschaft.

Datensätze neuer Qualität wie sie TerraSAR-X liefern wird, werden natürlich auch für eine Fülle neuer Forschungsansätze sorgen, beispielsweise in den Bereichen Ökologie, Geologie, Hydrologie und Ozeanographie. Kleinste Verschiebungen an der Erdoberfläche (Plattentektonik, Vulkanismus, Erdbeben) sind weitere wissenschaftliche Anwendungsfelder.

Nationale Sicherheitskräfte, Katastrophenschutz-Organisationen und die Streitkräfte der europäischen Staaten werden sich im Rahmen ihrer Einsätze künftig noch stärker auf Satelliteninformationen abstützen; der Bedarf an globaler Aufklärungsfähigkeit wird weiter zunehmen. „TerraSAR-X, mit seinen vielfältigen technischen Möglichkeiten“, so Andreas Lindenthal, Direktor für Erdbeobachtung und Wissenschaft der EADS Astrium GmbH, „ist hervorragend geeignet, entscheidende Beiträge zur Deckung dieses Informationsbedarfs zu leisten.“

Informationen aus dem Weltraum für den Alltag auf der Erde

So wie Bilder der Wettersatelliten in den täglichen Fernsehnachrichten, werden zunehmend auch die Informationen anderer Erdbeobachtungssatelliten zum alltäglichen Bestandteil unseres Lebens. Unternehmen aus den verschiedensten Branchen, aber auch der öffentliche Sektor, machen sich Geo-informationen aus dem Weltraum zunutze, um die Herstellung ihrer Produkte und Dienstleistungen zu optimieren:

  • In der Landwirtschaft liefern Satelliten Informationen über die Bodenbeschaffenheit und den Entwicklungsstand der Anbaufrüchte. Diese Daten sind Grundlage für die so genannte teilflächenspezifische Landbewirtschaftung (Precision Farming), bei der Bewässerung, Düngung und Pestizideinsatz kleinräumig optimiert werden.
  • In der Forstwirtschaft erleichtern Informationen von Erdbeobachtungssatelliten großräumige Forstinventuren auch in unzugänglichen Regionen, wie beispielsweise in tropischen Regenwäldern oder in der Tundra. Aber auch in gemäßigten Breiten helfen Satelliten bei der Bewertung des Waldzustandes und liefern Daten zur nachhaltigen Bewirtschaftung und Zertifizierung von Forstflächen.
  • Die Versorgungswirtschaft nutzt Satellitendaten für die Planung und Überwachung von Versorgungsnetzen: Zum Beispiel lassen sich Ölpipelines und Stromleitungen aus dem Weltall überwachen. Außerdem helfen Satellitendaten, Rohstoffvorkommen zu entdecken.
  • Für Kartographie sind Satellitendaten inzwischen nahezu unverzichtbar. Sie dienen als Grundlage für topographische Karten sowie für die Raumplanung. Außerdem liefern sie Basisinformationen für die Regional- und Stadtplanung sowie für den Umweltschutz.

Neue Dimensionen eröffnet vor allem das Verfahren der Radar-Interferometrie, mit dem sich digitale Höhenmodelle erstellen lassen. Die Anwendungsmöglichkeiten dieser Höhenmodelle gehen weit über die Erstellung topographischer Karten hinaus:

  • Die Betreiber von Telekommunikationsnetzen, beispielsweise für Mobiltelefone, nutzen solche Höhenmodelle in Verbindung mit Informationen über die Landnutzung aus Satellitendaten und demographischen Daten, um ihre Funknetze zu optimieren.
  • Digitale Höhenmodelle sind auch eine wertvolle Hilfe für die Risikobewertung und für das Katastrophenmanagement. Sie helfen, den Verlauf von Überschwemmungen zu prognostizieren und besonders gefährdete Gebiete auszumachen.

Das X-Band – eine Spezialität der EADS-Astrium

Bei der Entwicklung und beim Bau von TerraSAR-X kann EADS Astrium auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Bereits 1990 und 1994 wurden die unter Systemführerschaft der heutigen EADS Astrium im Auftrag der ESA gebauten Satelliten ERS 1 und ERS 2 in den Orbit gebracht. Diese mit C-Band-Radarinstrumenten ausgestatteten Satelliten haben die Vorteile der Radartechnologie nachhaltig unter Beweis gestellt. Bei der Mission des Shut-tle Radars lieferte das von DLR finanzierte und von EADS Astrium gebaute X-SAR-Instrument 1994 einen weiteren Beweis der Leistungsfähigkeit dieser Erderkundungstechnik. Mit verbesserter Technologie wurden im Jahr 2000 im Rahmen der wiederum von DLR finanzierten Shuttle Radar Topography Mission (SRTM) an Bord des Space Shuttle Endeavour neue Daten gewonnen, die eine dreidimensionale Kartierung der Erde ermöglichten.

TerraSAR-X – Der Satellit

Der Satellit ist auf einer achteckigen Struktur aufgebaut, die etwa 5,20 Meter lang ist und einen Durchmesser von 2,20 Metern hat. Sein Startgewicht beträgt gut eine Tonne.

Technisches Highlight des X-Band-Satelliten ist das aktive Radarinstrument. Dieses synthetische Apertur-Radar (SAR) ermöglicht sehr hohe Bildauflösungen von bis zu einem Meter – unabhängig von Tageslicht und Wolkenbedeckung. Die aktive X-Band-Antenne ermöglicht eine hohe Flexibilität und Missionseffizienz. Während bei passiven Systemen der gesamte Satellit gedreht werden muss, um die Antenne auf das Zielgebiet auszurichten, kann die aktive Antenne von TerraSAR-X die Radarimpulse gezielt in eine bestimmte Richtung lenken und empfangen. Die Antenne ist 4,80 Meter lang und 0,80 Meter breit. Der Satellit ist so konstruiert, dass er mitsamt Antenne in voller Größe auf der Trägerrakete montiert werden kann. Dadurch kann ein aufwändiger Entfaltungsmechanismus entfallen.

TerraSAR-X wird die Erde in rund 500 Kilometern Höhe umfliegen. Die Um-laufbahn führt den Satelliten bei jeder Erdumrundung über die Pole. Während sich die Erde unter dem Satelliten hinwegdreht, tastet TerraSAR-X die Erdoberfläche streifenweise ab. Nach und nach gelangen so alle Regionen der Erde in das Blickfeld der Radarantenne. Die gewählte Umlaufbahn und die Flexibilität des Radarinstrumentes sorgen dafür, dass der Satellit innerhalb von maximal drei Tagen jeden beliebigen Punkt auf der Erdoberfläche abbilden kann.

Der Satellit kann in drei verschiedenen Operationsmodi arbeiten:

  • Im Spotlight-Modus erfasst das Radarbild ein Gebiet von 5-10 x 10 Kilometern Größe. Dabei wird eine maximale Auflösung von bis zu einem Meter erreicht.
  • Im Stripmap-Modus tastet der Satellit einen Korridor von 30 Kilometern Breite und einer maximalen Länge von 1500 km ab. Die Auflösung beträgt 3 Meter.
  • Im ScanSAR-Modus wird ein Korridor von 100 Kilometern Breite und 1500 km maximaler Länge mit einer Auflösung von 16 Metern abgetastet. Zusätzlich ist ein experimenteller Operationsmodus möglich, in dem die Antenne in zwei Hälften geteilt wird, die unabhängig voneinander betrieben werden können. Dies erlaubt das Erkennen von bewegten Objekten wie zum Beispiel von Autos oder Schiffen. Diese Anwendung ist besonders interessant für die Verkehrsforschung.

Die Radardaten, die der Satellit sammelt, werden zunächst an Bord gespeichert und wenn der Satellit die DLR-Bodenstation in Neustrelitz überfliegt, zum Boden übertragen. Die Missionskontrolle erfolgt durch das deutsche Raumfahrt-Kontrollzentrum GSOC in Oberpfaffenhofen. Weiterhin besteht die Möglichkeit, Radardaten direkt vom Satelliten an interessierte Kunden überall auf der Welt zu übertragen.

Public Private Partnership

Mit TerraSAR-X wird zum ersten Mal in Deutschland ein Satellit in Public Private Partnership realisiert. Entwicklung, Bau und Start von TerraSAR-X kosten rund 130 Millionen Euro. Davon übernimmt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR 102 Millionen. 28 Millionen Euro steuert der Satellitenkonzern EADS Astrium zur Realisierung bei. Ein weitaus größerer Teil privatwirtschaftlicher Mittel von EADS Astrium fließt parallel dazu in die Entwicklung von Geoinformationsprodukten und deren Vermarktung. EADS Astrium und DLR haben bereits vorher erhebliche Eigenmittel zur Definition des Satelliten TerraSAR-X, für die Entwicklung von Datenprodukten und zum Ausbau der Bodeninfrastruktur aufgewendet.

TanDEM-X oder der doppelte TerraSAR-X

Gegenwärtig untersucht die EADS Astrium im Auftrag des DLR eine Mission, bei der ein zweiter Satellit der Baureihe TerraSAR-X bei einem bis zu fünf Jahren dauernden Tandem-Flug (TanDEM-X genannt) zum Einsatz kommen soll. Beide Satelliten würden zusammen ein großes Radar-Interferometer bilden. In einem engen, präzis kontrollierten Formationsflug generieren sie stereobildartige Aufnahmen mit einer relativen Höhen-Messgenauigkeit von unter zwei Metern.

Damit lässt sich die Erde als digitales Geländemodell in bisher unerreichter Qualität erfassen. Digitale Geländemodelle bilden die Grundlage für vielfältige wissenschaftliche Anwendungen und kommerzielle Auswertungen. Beispiele sind Planungen von Überlandleitungen oder Sende- und Empfangsstationen im Bereich der Telekommunikation. Auch die Überwachung des Verkehrsflusses, sowohl in der Luftfahrt als auch auf den Straßen, würde von den neuartigen Satellitendaten profitieren. Ein globales digitales Geländemodell ermöglicht auch eine verbesserte Auswertung von Daten von Aufklärungssatelliten.

EADS Astrium ist der führende Satellitenspezialist in Europa. Die Aktivitäten reichen von kompletten Systemen für zivile und militärische Telekommunikations- und Erdbeobachtungssatelliten über wissenschaftliche Raumfahrtprogramme bis hin zur Satellitennavigation sowie die dazugehörige Avionik und Ausrüstung. EADS Astrium ist eine Tochtergesellschaft der EADS SPACE, einer der weltweit führenden Anbieter von zivilen und verteidigungstechnischen Raumfahrtsystemen. Im Jahr 2003 erreichte EADS SPACE einen Umsatz von über 2,4 Milliarden EURO und beschäftigte rund 12.000 Mitarbeiter in Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Spanien.

Der EADS-Konzern ist ein global führender Anbieter in der Luft- und Raumfahrt, im Verteidigungsgeschäft und den dazugehörigen Dienstleistungen. Im Jahr 2003 lag der Umsatz bei 30,1 Milliarden EURO, die Zahl der Mitarbeiter bei mehr als 100.000.

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Mathias Pikelj EADS Deutschland GmbH

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