Supertreibhaus nicht immer super
Verknüpfung von Klimasimulationen mit geochemischen Daten erzeugt besseres Klima-Verständnis
Die Bremer Geologen Britta Beckmann und Thomas Wagner liefern weitere Hinweise darauf, dass das Supertreibhausklima vor 85 Millionen Jahren keinesfalls immer gleichmäßig war. Das internationale Wissenschaftler-Team um die beiden Bremer verband zeitlich hoch auflösende geologische Daten aus Meeressedimenten mit den Ergebnissen eines mathematischen Klimamodells und beleuchtete die Mechanismen natürlicher Klimaschwankungen unter Treibhausbedingungen. Die Ergebnisse erscheinen heute in der Fachzeitschrift nature.
Während des untersuchten Zeitraumes schwemmten starke Niederschläge im tropischen Afrika immer wieder große Mengen Nährstoffe ins Meer. Aufgrund des hohen Zuflusses mischte sich das Süßwasser nicht mit dem Meerwasser, sondern legte sich als eine bis zu einem Meter dicke Linse darüber. Dies verhinderte weitgehend die Zirkulation zwischen Oberfläche und tieferen Wasserschichten. Gleichzeitig heizten die Nährstoffe in der Süßwasserlinse die Plankton-Produktion an. Der noch im Wasser vorhandene Sauerstoff reichte nicht aus, um die gesamte organische Produktion abzubauen, so dass große Mengen davon zum Meeresboden gelangten und dort ablagert wurden. Das „stein-gewordene“ Endprodukt dieser Prozesse enthält daher viel organisches Material und wird aufgrund seiner Farbe Schwarzschiefer genannt. Diese unter sauerstofffreien Bedingungen abgelagerten Sedimente gehören heute zu den wichtigsten Quellen für Erdgas und Erdöl. Sie sind exzellente Klimaarchive und erlauben einen tiefen Einblick in die Dynamik extremer Klimasysteme.
Ein solches Klimaarchiv bieten die im Rahmen des Ozean Bohrprogramms (ODP) vor der Elfenbeinküste gewonnenen Meeresablagerungen, die die Wissenschaftler untersuchten. „Die ältesten Schichten des Kerns sind etwa 85 Millionen Jahre alt, insgesamt umfasst er etwa 1,5 Millionen Jahre“, erklärt Britta Beckmann von der Universität Bremen. „Er zeigt etwa 65 deutliche Zyklen, die jeweils aus einer organikreichen Lage und weiteren kalkreichen Lagen bestehen.“ Die Zyklen zeigen sich jedoch nicht nur im Gehalt von Kalk und organischem Material und weisen damit auf wiederholte und drastische Änderungen im Gehalt an Sauerstoff im Ozean hin, sondern lassen sich auch an Hand chemischer Elemente kontinentalen Ursprungs nachweisen. Ihre wechselnden Anteile deuten entweder auf nährstoffreichen Eintrag aus dem tropischen Afrika, oder auf Staubfracht aus den trockeneren und windigeren Wüstengebieten im Süden Afrikas hin.
Um herauszufinden, was die beobachteten Zyklen steuert, verglichen die Wissenschaftler ein globales Klimamodell mit ihren gemessenen Daten. Beckmann erläutert: „Die Ergebnisse aus den Klimasimulationen weisen darauf hin, dass die Kreiselbewegung der Erdachse direkt mit der Ablagerung der Zyklen zusammenhängt.“ Das Modell zeigt, dass immer dann besonders viel Süßwasser in den Ozean floss, wenn der geringste Abstand zwischen Sonne und Erde in etwa mit der Tagundnachtgleiche zusammenfiel. In solchen, etwa 5.000 Jahre währenden Phasen waren die Unterschiede zwischen den Jahreszeiten besonders extrem, und die Zufuhr von Süßwasser – und damit von Nährstoffen – erreichte so große Ausmaße, dass im tiefen Ozean Schwarzschiefer entstanden.
„Wir können an diesen Ergebnissen abschätzen, wie sensibel und auf welchen Zeitskalen der Ozean auf Veränderungen in der Atmosphäre reagiert, die letztendlich durch die Sonneneinstrahlung verursacht werden.“ So war es möglich, quantitative Abschätzungen zum Niederschlag und Abfluss vom afrikanischen Kontinent während der Kreidezeit zu machen und diese in Einklang mit der Interpretation geologischer Signale zu bringen.
Die Studie zeigt, wie dramatisch sich natürliche Klimaschwankungen unter verstärkten Treibhausbedingungen auf einzelne Regionen der Erde auswirken können, denn die Prozesse laufen innerhalb weniger hundert bis etwa eintausend Jahre ab. Wenn sich ähnliche Klimabedingungen heute einstellen würden, hätte dies weit reichende Konsequenzen für die betroffenen Regionen. Die Ergebnisse der Studie sind wichtig, so Beckmann und Wagner, um menschlich verursachte und natürliche Prozesse im Klimageschehen unterscheiden zu können und Grundlagen für verbesserte Prognosen für eine zukünftige Treibhauswelt zu liefern. Letztlich helfen sie uns auch, uns auf eventuelle Folgen des Klimawandels einzustellen. Dass dies nötig ist, zeigt nicht zuletzt der verheerende Wirbelsturm „Katrina“, der möglicherweise bereits eine Auswirkung des Klimawandels darstellt.
„Die Ergebnisse sind nur aufgrund der langjährigen und guten Kooperation mit unseren Kollegen von der Universität zu Köln, dem IFM-GEOMAR in Kiel, dem Forschungszentrum Ozeanränder aus Bremen und dem Royal NIOZ aus den Niederlanden zu Stande gekommen“, bedanken sich Beckmann und Wagner bei ihrem Team. Thomas Wagner wechselte vor Kurzem von Bremen an die Universität in Newcastle in England.
Weitere Informationen:
Cornelia Reichert
Kirsten Achenbach
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DFG-Forschungszentrum Ozeanränder
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