Der Schaltsekunde droht das Aus
Der Silvester-Countdown dauert in England in diesem Jahr eine Sekunde länger: Am 31.12. folgt auf 23:59:59 Uhr Greenwich Time erst eine Schaltsekunde, bevor die Ziffern auf 00:00:00 umspringen. Nötig ist diese Korrektur, an der Geodäten der Universität Bonn beteiligt sind, weil sich die Erde tendenziell immer langsamer dreht. Daher hat man bereits 32 Schaltsekunden in die Atomzeit einführen müssen. Möglicherweise ist die nächste dennoch eine der letzten: Gegner der Schaltsekunde wollen sie am liebsten abschaffen und statt dessen im Jahr 2600 eine ganze Stunde einfügen. Dieser (sehr umstrittene) Vorschlag wird ab heute bei einem Treffen der Internationalen Fernmelde-Union in Genf diskutiert.
Freunde langer Sommerabende können sich schon auf das Jahr 2600 freuen: Geht es nach den Plänen von Vertretern der Internationalen Fernmelde-Union ITU, wird es dann noch eine halbe Stunde später dunkel. Grund: „Vor allem die Amerikaner wollen die Schaltsekunde abschaffen, mit der wir die Diskrepanz zwischen Atomzeit und astronomischer Zeit korrigieren“, erklärt der Bonner Privatdozent Dr. Axel Nothnagel. „Bei manchen EDV-Anwendungen ist die Synchronität voneinander unabhängiger Computersysteme enorm wichtig, und da kann die regelmäßige Korrektur der Atomzeit um eine Sekunde natürlich ein gefährliches Sandkorn im Getriebe darstellen.“
Unsere Erde eiert. Die Tageslänge kann sich binnen 24 Stunden um bis zu eine Millisekunde ändern. Die Geschwindigkeit der Erddrehung wird regelmäßig gemessen; dabei kommt ein weltweites Netzwerk von Radioteleskopen zum Einsatz. Das Geodätische Institut der Universität Bonn koordiniert diese Messungen. Die so genannte „koordinierte Weltzeit“ (UTC) wird dagegen aus den Daten von mehr als 250 Atomuhren erzeugt. Und die zeigen sich vom Schwanken der Erdrotationsdauer ziemlich unbeeindruckt. Folge: Die Weltzeit muss hin und wieder auf die Erde „warten“, damit die Atomzeit und die durch die Erdrotation definierte astronomische Zeit nicht auseinander driften. Bisher sind daher 32 Schaltsekunden in die koordinierte Weltzeit eingefügt worden. In Zukunft wird der Korrekturbedarf sogar noch wachsen. Denn zumindest tendenziell dreht sich die Erde immer langsamer – nach zuletzt fünf recht flotten Jahren.
Inzwischen mehren sich aber die Stimmen derer, die in der ständigen Korrektur eine Gefahr sehen, die es zu minimieren gilt. Ein Vorschlag, der ab heute bei einem ITU-Treffen in Genf diskutiert wird: Schon ab 2008 solle man nicht mehr so häufig eingreifen, dafür aber richtig. Konkret: Sobald die Abweichung auf mehr als eine halbe Stunde wachse, solle man die Uhren um eine ganze Stunde nach hinten stellen. Axel Nothnagel: „Nach unseren Schätzungen wäre das etwa im Jahr 2600 der Fall.“
Kontakt:
PD Dr. Axel Nothnagel
Geodätisches Institut der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-3574
E-Mail: nothnagel@uni-bonn.de
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