Erdbeben zeigen ein Gedächtnis
Physiker entdeckt zeitliche Zusammenhänge
In der Erdbebenforschung kann ein deutscher Physiker mit einer interessanten Erkenntnis aufwarten. Armin Bunde, Professor für Theoretische Physik an der Universität Gießen, kommt in einer gestern, Donnerstag, in den Physical Review Letters veröffentlichten Arbeit zum Schluss, dass Erdbeben ein zeitliches Gedächtnis zeigen – und das über Jahre. Abgesehen vom bekannten Phänomen der Nachbeben sahen Geophysiker bisher keinen zeitlichen Zusammenhang zwischen Erdbeben, die über längere Zeiträume in einer bestimmten Region stattfanden.
„Wenn in einer Erdbebenregion ein Beben lange auf sich warten lässt, neigt man intuitiv dazu anzunehmen, dass es allmählich überfällig wird, also die Wahrscheinlichkeit für ein Auftreten wächst“, meint Bunde im Gespräch mit pressetext. Diese Annahme sei aber angesichts der ausgewerteten Erdbebendaten aus verschiedenen Gebieten wie der Kamtschatka-Halbinsel, Neuseeland oder Südkalifornien falsch, so Bunde weiter. Vielmehr steige nach langer Inaktivität die Wahrscheinlichkeit, dass ein weiteres Beben erst wieder nach überdurchschnittlich langer Zeit eintreffe. Dasselbe gelte aber auch umgekehrt: Falle der zeitliche Abstand zwischen zwei Beben gleicher Stärke besonders kurz aus, dann müsse auch damit gerechnet werden, dass das nächste Beben in relativ kurzem Abstand zu erwarten sei.
Das von Geophysikern als Gedächtniseffekt bezeichnete Phänomen war bisher nur in der Meteorologie bzw. in der Klimaforschung bekannt, wo es zur Wahrscheinlichkeitsvorhersage von Wetterkatastrophen herangezogen wird. Eine Erklärung für diesen bei Naturgewalten auftretenden Gedächtniseffekt sind die Wissenschaftler bisher allerdings schuldig geblieben. Bunde glaubt, dass die gewonnene Erkenntnis über die zeitliche Korrelation von Erdbebenereignissen Forscher und Behörden einen wichtigen Hinweis darauf geben kann, wie oft mit dem Auftreten von Erbeben in einer bestimmten Stärke und Region zu rechnen ist. Dies sei beispielsweise auch für Versicherungsunternehmen interessant, die Gebäude in Erdbebengebieten versichern, so der Wissenschaftler gegenüber pressetext abschließend.
Media Contact
Weitere Informationen:
http://prl.aps.org/Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften
Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.
Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.
Neueste Beiträge
Menschen vs Maschinen – Wer ist besser in der Spracherkennung?
Sind Menschen oder Maschinen besser in der Spracherkennung? Eine neue Studie zeigt, dass aktuelle automatische Spracherkennungssysteme (ASR) unter lauten Bedingungen eine bemerkenswerte Genauigkeit erreichen und manchmal sogar die menschliche Leistung…
Nicht in der Übersetzung verloren: KI erhöht Genauigkeit der Gebärdenspracherkennung
Zusätzliche Daten können helfen, subtile Gesten, Handpositionen und Gesichtsausdrücke zu unterscheiden Die Komplexität der Gebärdensprachen Gebärdensprachen wurden von Nationen weltweit entwickelt, um dem lokalen Kommunikationsstil zu entsprechen, und jede Sprache…
Brechen des Eises: Gletscherschmelze verändert arktische Fjordökosysteme
Die Regionen der Arktis sind besonders anfällig für den Klimawandel. Es mangelt jedoch an umfassenden wissenschaftlichen Informationen über die dortigen Umweltveränderungen. Forscher des Helmholtz-Zentrums Hereon haben nun an Fjordsystemen anorganische…