Tsunami: Bergrutsch hat Mittelmeer vor 8.000 Jahren verwüstet

Nicht nur die großen Ozeane wie der Pazifik stellen für Bewohner der Küstenregionen ein Risiko dar: Wie Forscher des National Instituts für Geophysik und Vulkanologie in Pisa nun herausgefunden haben, hat ein Bergrutsch des Vulkans Ätna vor 8.000 Jahren zu einer gewaltigen Tsunami-Katastrophe geführt. Die bis zu 50 Meter hohen Wellen haben schwere Zerstörungen bis nach Ägypten angerichtet, berichtet das Wissenschaftsmagazin Geophysical Research Letters.

Die Forscher um Maria Teresa Pareschi haben ihre Vermutungen zunächst nach Funden in einem Steinzeit-Fischerdorf in Israel geäußert. Diese Siedlung wurde vor 7.000 bis 8.000 Jahren offensichtlich in Windeseile verlassen. Die Wissenschaftler hatten gelagerte Fische unter einer dicken Schlammschicht gefunden. Den Berechnungen der Geologen zufolge wurden damals 25 Kubikkilometer Gesteinsmassen vom Ätna ins Meer geschoben. Die Wellen der darauf folgenden Tsunamis erreichten Spitzenhöhen von 50 Metern vor der Küste Süditaliens und immerhin bis zu 13 Meter Höhe vor den Küsten des heutigen Griechenlands und Libyens. Kleinere Wellen, die allerdings immer noch eine sehr hohe Zerstörungskraft hatten, stießen auf andere Küstenabschnitte des Mittelmeers.

Mit einer geschätzten Geschwindigkeit von 725 Kilometer pro Stunde brauchten die Wassermassen nur knapp mehr als dreieinhalb Stunden ehe sie im östlichen Mittelmeer zwischen Israel und Ägypten die Küste erreichten. Beweisen konnten die Forscher die gewaltigen Ausmaße dieser Naturkatastrophe anhand von Veränderungen im Sediment am Grund der Ionischen See östlich von Sizilien. Tsunamis destabilisieren vor allem die weichen Sedimente am Meeresgrund. Die Forscher haben hier eindeutige Beweise dafür gefunden, dass es sich dabei um Lehmablagerungen handelt, die vom Ätna stammen.

Die Studie der Wissenschaftler habe einen hohen Aktualitätsgrad, wie das Institut von Pareschi gegenüber pressetext mitteilte. Die Autorin hat gemeinsam mit ihren Mitarbeitern Vorträge in Rom abgehalten, um die Erkenntnisse einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Immerhin würden zehn Prozent aller weltweiten Tsunamis im Mittelmeer auftreten, berichten sie. So rutscht der östliche Teil des Ätna ins Meer. Der jüngste Tsunami im Mittelmeer wurde im Jahr 2002 verzeichnet. Auch hier war ein Erdrutsch des Vulkans Stromboli der Auslöser.

Derzeit wird ein Tsunami-Frühwarnsystem auch für den Nordost-Atlantik und für das Mittelmeer eingerichtet, das in genau einem Jahr in Betrieb gehen soll. Pareschi wagt es zwar kaum, die eventuellen Auswirkungen des Tsunami von vor 8.000 Jahren auf die Jetztzeit umzulegen, betont aber, dass die Zerstörungen verheerend wären. Vor allem im östlichen Teil des Mittelmeeres ist die Bevölkerungsdichte in Küstennähe extrem hoch. Die Tsunami-Katastrophe in Südost-Asien mit mindestens 275.000 Todesopfern nach Weihnachten 2004 wäre damit durchaus vergleichbar.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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