Blauschiefer ist kein Maßstab für das Alter der Plattentektonik

Typischer Blauschiefer: Blauschiefer wurde nach der blauvioletten Farbe benannt, die vom Mineral Glaukophan stammt. Das grünliche Mineral im Gestein ist Epidot. Foto/©: Richard White

Das Entstehen der Plattentektonik ist noch immer eines der größten Rätsel der Erdgeschichte. Dabei gehen unter Wissenschaftlern die Ansichten darüber auseinander, wann die Prozesse der heutigen Plattentektonik, die vom Abtauchen ozeanischer Platten angetrieben werden, begonnen haben.

Nach vorherrschender Meinung schieben sich schon seit dem Hadaikum vor über vier Milliarden Jahren ozeanische Platten unter andere Platten und tauchen in den Erdmantel ein – ein Prozess, der als Subduktion bezeichnet wird. Andere vertreten die Auffassung, die Plattentektonik habe ihren Ausgangspunkt im Neoproterozoikum vor 500 bis 1.000 Millionen Jahren genommen – eine Ansicht, die mit dem Aufkommen von Blauschiefer vor 700 bis 800 Millionen Jahren verknüpft wird.

Geowissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben nun gezeigt, dass das Erscheinen von Blauschiefer mit langfristigen Veränderungen in der Zusammensetzung ozeanischer Kruste zusammenhängt und daher keine Messlatte für die Entstehung von Plattentektonik sein kann. Die Studie wurde in dem renommierten Fachjournal Nature Geoscience veröffentlicht.

Blauschiefer ist ein Gestein von blauvioletter Farbe, das relativ selten vorkommt, etwa in den Alpen, in Japan und an der Westküste der USA. Die ältesten gefundenen Blauschiefer stammen aus dem Neoproterozoikum und sind 700 bis 800 Millionen Jahre alt. Das Gestein entsteht beim Abtauchen von ozeanischer Kruste.

Voraussetzung für die Bildung sind hoher Druck und relative niedrige Temperaturen von 200 bis 500 Grad Celsius. Weil solche Bedingungen in der jüngeren Vergangenheit nur in Subduktionszonen herrschten, ist Blauschiefer ein Indikator für die von Subduktion gesteuerte Plattentektonik. Die Abwesenheit von Blauschiefer in den ersten 3,8 Milliarden Jahren der Erdgeschichte ist unter Geologen ein heftig diskutiertes Thema.

„Wir wissen, dass die Bildung von Blauschiefer definitiv an Subduktion gebunden ist“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Richard White vom Institut für Geowissenschaften der JGU. „Die Tatsache, dass die ältesten Blauschiefer 700 bis 800 Millionen Jahre alt sind, bedeutet aber nicht, dass es vorher keine Subduktion gegeben haben kann, wie manchmal behauptet wird“, ergänzt Dr. Richard Palin.

Die beiden Wissenschaftler zeigen in ihrer Studie erstmals, dass die Abwesenheit von Blauschiefer in den alten geologischen Archiven auf eine Veränderung in der chemischen Zusammensetzung der ozeanischen Kruste im Laufe der Erdgeschichte zurückgeht, was wiederum eine Folge der allmählichen Abkühlung des Erdmantels seit dem Archaikum ist.

Ozeanische Kruste, die sich auf einer frühen, heißen Erde gebildet hätte, wäre reich an Magnesiumoxid gewesen. Anhand von Computermodellen weisen Palin und White nach, dass aus magnesiumoxidreichem Gestein bei den Bedingungen der Subduktion kein Blauschiefer entstehen kann.

Stattdessen hätte das Abtauchen von magnesiumoxidreicher ozeanischer Kruste zur Bildung von Gesteinen geführt, die Grünschiefer ähneln, einem metamorphen Gestein, das heute bei niedrigen Temperaturen und niedrigem Druck gebildet wird. Da Grünschiefer mehr Fluide enthalten kann als Blauschiefer, konnten zu Zeiten der frühen Erde mehr Fluide in den Erdmantel gelangen als heutzutage, was die Bildung von Magmen beeinflusst, eines der Themen des Forschungsschwerpunkts „Volcanoes and Atmosphere in Magmatic Open Systems“ (VAMOS) an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Veröffentlichung:
Richard M. Palin, Richard W. White
Emergence of blueschists on Earth linked to secular changes in oceanic crust composition
Nature Geoscience, 14. Dezember 2015
DOI: 10.1038/ngeo2605

Weitere Informationen:
Univ.-Prof. Dr. Richard White
Leiter AG Metamorphe Geologie
Institut für Geowissenschaften
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel.: 06131 39-24781
Fax: 06131 39-23071
E-Mail: rwhite@uni-mainz.de
http://www.geowiss.uni-mainz.de/840_DEU_HTML.php

http://www.nature.com/ngeo/journal/vaop/ncurrent/full/ngeo2605.html – Artikel in Nature Geosciences ;
http://www.geowiss.uni-mainz.de – Institut für Geowissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ;
http://www.geowiss.uni-mainz.de/482_DEU_HTML.php – AG Metamorphe Geologie ;
http://www.vamos.uni-mainz.de/ – Forschungsschwerpunkt „Volcanoes and Atmosphere in Magmatic Open Systems“ (VAMOS)

Media Contact

Petra Giegerich idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften

Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.

Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Selen-Proteine …

Neuer Ansatzpunkt für die Krebsforschung. Eine aktuelle Studie der Uni Würzburg zeigt, wie ein wichtiges Enzym in unserem Körper bei der Produktion von Selen-Proteinen unterstützt – für die Behandlung von…

Pendler-Bike der Zukunft

– h_da präsentiert fahrbereiten Prototyp des „Darmstadt Vehicle“. Das „Darmstadt Vehicle“, kurz DaVe, ist ein neuartiges Allwetter-Fahrzeug für Pendelnde. Es ist als schnelle und komfortable Alternative zum Auto gedacht, soll…

Neuartige Methode zur Tumorbekämpfung

Carl-Zeiss-Stiftung fördert Projekt der Hochschule Aalen mit einer Million Euro. Die bisherige Krebstherapie effizienter gestalten bei deutlicher Reduzierung der Nebenwirkungen auf gesundes Gewebe – dies ist das Ziel eines Projekts…