Einzellige Helden: Die Kraft der Foraminiferen im Kampf gegen Phosphatverschmutzung der Ozeane

Foraminiferen nehmen Phosphat aus dem Meerwasser auf, um Verschmutzung zu reduzieren

Es gibt weltweit mehrere tausend Arten von Foraminiferen. Zehn bis zwanzig leben im deutschen Wattenmeer, darunter Ammonia confertistesta. Ihr Zellplasma wurde für die Studie rosa gefärbt und unter dem Mikroskop 300-fach vergrößert. Bildnachweis: UHH/Glock

Sogenannte Foraminiferen sind in allen Weltmeeren zu finden. Nun hat eine internationale Studie unter der Leitung der Universität Hamburg gezeigt, dass die Mikroorganismen, von denen die meisten Schalen tragen, Phosphat aus dem Wasser, das die Ozeane verschmutzt, in bisher unbekanntem Ausmaß aufnehmen. Die Arbeit wurde in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

Phosphatnutzung in der Landwirtschaft und ihre Umweltauswirkungen

Phosphat ist einer der Hauptbestandteile vieler Düngemittel. Es fördert das Wachstum vieler Kulturen – wirkt jedoch nicht nur im Feld, sondern auch im Meer. Es gelangt dorthin über die Flüsse und kann zum Überdüngen großer Gebiete beitragen. Der Düngerzufluss ins Meer wird beispielsweise durch übermäßiges, teilweise sogar toxisches Algenwachstum sichtbar, das ganze Ökosysteme zerstört.

Die Tatsache, dass Foraminiferen große Mengen an Phosphat aufnehmen, wurde von Dr. Nicolaas Glock im Jahr 2020 fast zufällig und als erster entdeckt. Nun hat der wissenschaftliche Mitarbeiter der Abteilung für Erd- und Umweltwissenschaften an der Universität Hamburg untersucht, wie weit verbreitet diese Eigenschaft bei einzelligen Organismen ist. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Japan, Kanada und dem Helmholtz-Zentrum GEOMAR in Kiel untersuchte er Foraminiferen, die auf dem Meeresboden leben. Sie stammen aus dem deutschen Wattenmeer, peruanischen und japanischen Küstengewässern, dem kanadischen Bedford Basin und aus einer Tiefe von 2000 Metern vom Mittelatlantischen Rücken.

Im Labor hat das Forschungsteam sie schockgefroren, aufgebrochen und mit Röntgenstrahlen durchleuchtet. Das Ergebnis: Fast alle untersuchten Arten speicherten Phosphat. „Und da diese einzelligen Organismen so weit verbreitet sind und in enormen Mengen vorkommen, ist die Menge des aufgenommenen Phosphats insgesamt sehr, sehr groß“, fasst Studienleiter Glock das Ergebnis zusammen.

Quantifizierung der Rolle der Foraminiferen als Phosphatsenke

Glocks Team hat dies für das deutsche Wattenmeer und eine einzelne Foraminiferenart genau berechnet: Allein Ammonia confertistesta speichert etwa fünf Prozent des gesamten Phosphats, das in Deutschland jedes Jahr als Dünger auf den Feldern verwendet wird. Damit sind Foraminiferen eine wichtige Senke für diesen Stoff: Ohne die einzelligen Organismen wären die Ozeane noch stärker phosphatverschmutzt. Sie verzögern den menschlichen Phosphateintrag ins Meer um einen Monat – das hat Glocks Team für die Beispiele der südlichen Nordsee und Peru berechnet. Es vermutet außerdem, dass die Tatsache, dass die Ostsee stärker überdüngt ist als andere Meere, darauf zurückzuführen sein könnte, dass dort deutlich weniger Foraminiferen leben – das Ostseewasser ist einfach zu süß für sie.

„Leider können die einzelligen Organismen Phosphat nicht abbauen“, erklärt der Biogeochemiker. „Sie speichern es als Energiereserve und geben es bei Bedarf wieder frei.“ Nur wenn die Foraminiferen sterben und neue Sedimente bilden, wird das aufgenommene Phosphat dauerhaft aus dem Meerwasser entfernt, zumindest teilweise.

Originalquelle: https://www.uni-hamburg.de/newsroom/presse/2025/pm-2.html

Originalpublikation
Nicolaas Glock, Julien Richirt, Christian Woehle, Christopher Algar, Maria Armstrong, Daniela Eichner, Hanna Firrincieli, Akiko Makabe, Anjaly Govindankutty Menon, Yoshiyuki Ishitani, Thomas Hackl, Raphaël Hubert-Huard, Markus Kienast, Yvonne Milker, André Mutzberg, Sha Ni, Satoshi Okada, Subhadeep Rakshit, Gerhard Schmiedl, Zvi Steiner, Akihiro Tame, Zhouling Zhang & Hidetaka Nomaki
Zeitschrift: Nature
Artikeltitel: Widespread occurrence and relevance of phosphate storage in foraminifera
Veröffentlichungsdatum des Artikels: 15. Januar 2025
DOI: 10.1038/s41586-024-08431-8
Webadresse: www.uni-hamburg.de

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