Eisberge als Nährstoffquelle – Führt der Klimawandel zu mehr Eisendüngung im Ozean?

Eisberge im Südwesten Grönlands. Foto: Thomas Juul-Pedersen, GINR

Die Lebewesen im Meer, ob groß oder klein, benötigen Nährstoffe. Das Angebot ist sehr unterschiedlich, so gibt es nährstoffreiche Küstengebiete, aber auch sehr nährstoffarme Regionen im offenen Ozean. In einigen Gebieten begrenzt der Mangel an Eisen im Meerwasser das Planktonwachstum. Dazu zählen auch die polaren Ozeane. Hier stellen offenbar Eisberge eine wichtige Quelle für den Eiseneintrag dar, der durch die Erhöhung der Eisbergproduktion als Folge des Klimawandels, zunehmen könnte. Bisher standen aber nur wenige Daten zur Abschätzung dieses Prozesses zur Verfügung.

Ein internationales Team von Forschenden unter der Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel hat nun weltweit Eisproben auf ihre Eisengehalte hin untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass ein mehr an Eisbergen, zum Beispiel durch die Klimaerwärmung, nicht notwendigerweise auch zu mehr Eintrag von Eisen in die Ozeane führt. Die Ergebnisse ihrer Studie wurden heute in der internationalen Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

„In Zusammenarbeit mit Partnern am IDEAL Centre for Oceanography in Chile, Grönland, Island und Spitzbergen haben wir eine große Sammlung von Eisproben von einer Vielzahl großer maritimer Gletscher auf der ganzen Welt gesammelt“, erklärt Hauptautor Dr. Mark Hopwood vom GEOMAR.

Diese Proben wurden dann in Reinraumlaboren auf ihre Spurenstoffe hin untersucht. Schon die Probennahme stellt eine besondere Herausforderung dar. Nicht nur, weil die Proben aus schwer zugänglichen Regionen stammen. „Sich einem im Wasser treibendem Eisberg mit einem kleinen Boot zu nähern, ist nicht ungefährlich und erfordert viel Erfahrung“, erzählt Mark Hopwood. „Während wir in den Küstengewässern um Spitzbergen Proben sammelten, sahen wir, wie ein relativ kleiner Eisberg plötzlich in zwei Hälften zerbrach und sich im Wasser umdrehte. Wenn dies bei einem großen Eisberg geschieht, den man gerade vom Boot aus beprobt, kann dies sehr gefährlich werden“, so Dr. Hopwood weiter.

Die Analysen zeigten zunächst, bis zu einem gewissen Grad überraschend, in den meisten Proben keine großen Unterschiede in der Zusammensetzung des Eises von verschiedenen Orten, d.h. der Eisengehalt in Eis aus Grönland unterscheidet sich nicht wesentlich dem in Patagonien. Allerdings kann das Eis eines einzelnen Eisbergs sehr unterschiedlich sein. Das reine Eis enthält sehr wenig Eisen, hingegen Eis, das stark mit Sediment durchsetzt ist, sehr viel mehr als man beispielsweise in einem Fluss finden würde. Die Unterschiede in der Eisenkonzentration sind enorm und können in der Größenordnung von einer Million liegen. Etwa 4% der gewonnenen Eisproben enthielten mehr als 90% des gesamten Eisens.

Was bedeutet das für die Biologie? „Nun, die allgemeine Hypothese war, dass die Erhöhung der Anzahl der Eisberge, die im Meer schwimmen, die Düngewirkung erhöhen wird. Aber unsere Arbeit zeigt, dass die Dinge etwas komplizierter sind, denn das meiste Eis hat keine starke düngende Wirkung, die 4% des Eises mit dem größten Teil des Eisens werden wahrscheinlich eine viel stärkere düngende Wirkung haben als das restliche ‚saubere‘ Eis“, fasst Mark Hopwood zusammen. Also spielen der Ursprung und die Dynamik des „schmutzigen“ Eises eine wirklich wichtige Rolle dafür ist, wie stark das Eis in einer Region oder von einem Gletscher die Primärproduktion im Ozean verändern kann (oder auch nicht).

„Leider bleiben noch viele Fragen offen. Zum Beispiel woher dieses sedimentreiche Eis kommt, wie es global variiert und in welchen räumlichen und zeitlichen Dimensionen es durch Schmelzprozesse im Ozean Eisen freisetzt“, so Hopwood abschließend.

Kontakt:
Dr. Andreas Villwock (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811, presse@geomar.de

Dr. Mark Hopwood, mhopwood@geomar.de

Hopwood, M.J., D. Carroll, J. Höfer, E.P. Achterberg, L. Meire, F.A.C. Le Moigne, L.T. Bach, C. Eich, D.A. Sutherland, H.E. González, 2019: Highly variable iron content modulates iceberg-ocean fertilisation and potential carbon export. Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-019-13231-0

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