Indischer Monsun: Vorhersage jetzt früher möglich als je zuvor

Reisbauern in Indien sind angewiesen auf den Monsun-Regen. Foto: Hemera/thinkstock

„Wir können das Einsetzen des Indischen Sommer-Monsuns zwei Wochen früher und seinen Rückzug sogar sechs Wochen früher als bislang vorhersagen – was ein ziemlicher Durchbruch ist, da für die Bauern wirklich jeder Tag zählt“, sagt Veronika Stolbova vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und der Universität Zürich, Leit-Autorin der jetzt in den Geophysical Research Letters erscheinenden Studie.

„Wir haben entdeckt, dass im Norden Pakistans und in den östlichen Ghats, einer Gebirgskette nahe dem Indischen Ozean, Veränderungen der Temperaturen und der Luftfeuchtigkeit einen kritischen Übergang zum Monsun markieren“, erklärt Stolbova. Normalerweise wird bei der Monsun-Vorhersage die Aufmerksamkeit auf die Region Kerala an der Südspitze des Subkontinents gerichtet.

Die Regenzeit ist entscheidend für den Reis-Anbau, aber auch für Strom aus Wasserkraft

Informationen über den Ablauf der Regenzeit sind entscheidend für die indischen Bauern, um den Zeitpunkt der Aussaat zu bestimmen. Feldfrüchte wie Reis, Sojabohne und Baumwolle werden gewöhnlich in der etwa von Juni bis September dauernden Monsun-Saison angebaut. Schon eine kleine Abweichung im Monsun kann zu Trockenheiten oder Überschwemmungen führen und erhebliche Schäden verursachen. Die Länge der Monsunzeit ist auch bedeutsam für das Management der Stromerzeugung aus Wasserkraft, weil der Regen die Stauseen und Speicher füllen muss.

Die Potsdamer Wissenschaftler haben ihre Methode mit Monsun-Daten der Vergangenheit getestet. Ihr Ansatz konnte das Einsetzen des Monsuns in mehr als 70 Prozent und den Rückzug in mehr als 80 Prozent der untersuchten Jahre vorhersagen. Der Hauptvorteil der neuen Vorgehensweise ist, dass sie den Zeithorizont für die Vorhersage gegenüber der gegenwärtig in Indien verwendeten Technik ausweitet.

Zusätzlich verbessert die neue Methode aber die Vorhersage für die vom weltweiten Wetterphänomen El Niño – Südliche Oszillation (ENSO) betroffenen Jahre, besonders in der La Niña Phase. Dieses Phänomen hat erheblichen Einfluss auf den Monsun und hat bislang die Qualität der Vorhersage stark gemindert.

Netzwerkanalyse: „Das Klimasystem ist wie Facebook“

„Wir sehen das Klimasystem als Netzwerk, genau wie die sozialen Netzwerke, die so viele Menschen tagtäglich nutzen“, sagt Ko-Autor Jürgen Kurths, Leiter des PIK-Forschungsbereichs Transdisziplinäre Konzepte & Methoden. „Auf Facebook oder Twitter kann man verfolgen, wie Neuigkeiten sich ausbreiten, jede Meldung und jeder Kommentar führt zu vielen anderen. Im Klimasystem sind es statt Menschen geografische Regionen, die miteinander kommunizieren – zugegebenermaßen in recht komplexer Art.“ Wie Facebook-Postings oder Tweets, die immer wieder von Nutzern geteilt und weitergeleitet werden, werden durch atmosphärische Strömungen wie etwa Winde Temperaturen und Feuchtigkeit von einem Ort zu anderen bewegt.

Die Netzwerkanalyse komplexer nicht-linearer Systeme, ein hochmoderner mathematischer Ansatz, wurde nie zuvor für die Monsun-Vorhersage eingesetzt – aber der Ansatz zeigt sehr gute Ergebnisse. Die wesentliche Innovation, so die Forscher, ist die Kombination der Netzwerkanalyse mit einer subtilen statistischen Analyse der Frühwarnsignale für Beginn und Ende des Monsuns.

„Diese dem eigentlichen Monsun voranlaufendend Entwicklungen sind oft begraben unter einem ungeheuren Berg von Wetterdaten, und werden daher übersehen“, sagt Elena Surovyatkina vom Institut für Weltraumforschung der Russischen Akademie der Wissenschaften, gegenwärtig Gastforscherin am PIK. „Wir haben herausgefunden, wie wir diese Vorläufer in einer neuen Weise nutzen können – um Regionen zu finden, in denen die entscheidenden Bedingungen für das Auftreten des indischen Monsuns entstehen.“ Dies geschah in Zusammenarbeit mit Ko-Autor Bodo Bookhagen von der Universität Potsdam.

Klimawandel kann Regenzeiten verändern – akkurate Vorhersagen werden umso wichtiger

Die weltweite Erwärmung, maßgeblich verursacht durch die Treibhausgase aus dem Verfeuern fossiler Brennstoffe wie Kohle und Öl, trifft bereits heute den indischen Monsun und wird dies – wenn sie unvermindert weitergeht – wahrscheinlich in Zukunft noch stärker tun. „Wir sehen das in unseren Daten, und auch andere Forschungsarbeiten deuten in diese Richtung“, sagt der Projektleiter Jürgen Kurths. „Die Zeitabläufe beim indischen Monsun, der Lebensgrundlage ist für viele Millionen Menschen, werden wahrscheinlich in Zukunft stärker schwanken. Das macht eine frühe und akkurate Vorhersage noch wichtiger.“

Artikel: Stolbova, V., E. Surovyatkina, B. Bookhagen, and J. Kurths (2016): Tipping elements of the Indian monsoon: Prediction of onset and withdrawal. Geophys. Res. Lett., 43, 1–9 [doi:10.1002/2016GL068392]

Weblink zum Artikel sobald er veröffentlicht ist:
http://agupubs.onlinelibrary.wiley.com/agu/journal/10.1002/%28ISSN%291944-8007/

Kontakt für weitere Informationen:
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Pressestelle
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Jonas Viering Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

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