Instrument für bessere Vorhersage der Klimazukunft Mitteleuropas

Fünf der elf Wetterlagen und ihr Einfluss auf die anomalen Temperaturen im Winter (DJF) und Sommer (JJA) über Mitteleuropa.
Herrera-Lormendez et al. (2020)

Eine neue Studie von jungen Forschenden des französischen Wetterdienstes Météo-France und der TU Bergakademie Freiberg bestätigt mögliche Szenarien für die klimatische Zukunft Mitteleuropas. Anhand von Daten aus den Jahren 1900 bis 2100 ermittelte das Team 11 großräumige Wettermuster über Zentraleuropa, die sich in naher Zukunft wahrscheinlich ändern werden. Durch die Kombination der Daten mit globalen Klimawandelmodellen konnte das Team die Häufigkeit der Großwetterlagen berechnen, vorhersagen und daraus Rückschlüsse auf das zukünftige Klima ziehen.

„Unter der Annahme eines Worst-Case-Szenarios der globalen Erwärmung ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die Häufigkeit der 11 Muster, die wir aus den Daten der Vergangenheit ermittelt haben, in etwa 30 Jahren ändern wird“, erklärt Erstautor Pedro Lormendez, der die Studie als Doktorand im Rahmen des von der EU finanzierten Forschungsprojekts CAFE durchgeführt hat.

Drucksysteme, die für Ostwinde verantwortlich sind und für heißere Sommertage über Mitteleuropa sorgen, könnten häufiger auftreten, während Westwinde, die dem europäischen Kontinent milde Temperaturen und Feuchtigkeit bringen, seltener werden könnten. „Insgesamt ergeben die veränderten Muster, wie wir sie in der Studie berechnet haben, ein Szenario, in dem das zukünftige Klima Mitteleuropas dem des heutigen Mittelmeerraums ähnelt“, sagt Prof. Jörg Matschullat von der TU Bergakademie Freiberg.

Der Geoökologe betreut die Doktorarbeit von Pedro Lormendez und ergänzt: „Einerseits bestätigen die Ergebnisse, wovor Klimaforscher weltweit warnen: Eine heißere Zukunft ist höchstwahrscheinlich unvermeidbar, auch in Mitteleuropa. Andererseits können wir mit der Methodik zur Ermittlung der Großwetterlagen, die für heißere und trockenere Sommer sowie mildere Winter in Mitteleuropa verantwortlich sind, die Vorhersage extremer Wetterbedingungen verbessern.“

Trends aus der Vergangenheit analysieren, um bessere Vorhersagen zu treffen

„Meine Betreuer und ich haben uns gefragt, ob eine neue Analyse vergangener Daten zu Großwetterlagen über Mitteleuropa helfen kann, ein mögliches zukünftiges Klima besser vorherzusagen. Die Antwort lautet: Ja, das kann sie“, sagt Pedro Lormendez. Um die Häufigkeit der 11 Wettermuster zu bewerten, hat das Team den neuesten Datensatz des Weltklimaforschungsprogramms (CMIP6, https://www.wcrp-climate.org/wgcm-cmip/wgcm-cmip6) von 1900 bis 2100 verwendet. Pedro Lormendez analysierte die Daten auf der Grundlage des Mann-Kendall-Trendtests, um zunehmende oder abnehmende Trends zu ermitteln. „So haben wir Trends identifiziert, die auf den neuesten wissenschaftlichen Annahmen über steigende Temperaturen aufgrund des Klimawandels basieren“, erläutert der junge Forscher.

Die Analyse dieser Trends kann dazu beitragen, Instrumente für eine bessere Vorhersage der klimatischen Zukunft Mitteleuropas zu entwickeln. „Die globale Erwärmung beeinflusst auch die Vorhersagbarkeit von Wetter-Ereignissen und damit die Fähigkeit der Gesellschaft, wirksame Klimaanpassungsmaßnahmen zu planen“, erklärt Prof. Jörg Matschullat. Weiß man noch besser, welche Großwetterlagen über längere oder kürzere Zeiträume als im Durchschnitt dominieren oder häufiger auftreten, kann man Annahmen darüber treffen, welche Wetter- und Klimabedingungen in Zukunft zu erwarten sind. „Das häufigere und längere Vorkommen von Ostwinden im Sommer kann zum Beispiel mit Hitzewellen zusammenhängen. Deshalb wollen wir in einem nächsten Schritt die Analyse der Trends auf extreme Wetterereignisse wie Dürre oder Starkregen anwenden“, ergänzt Pedro Lormendez in einem kurzen Ausblick.

Hintergrund: Das Forschungsprojekt CAFE

CAFE steht für Climate Advanced Forecasting of sub-seasonal Extremes und ist Teil eines Marie Skłodowska-Curie Ausbildungsnetzwerkes mit zehn internationalen Partnern, darunter ECMWF und die TU Bergakademie Freiberg. Das Projekt wird von der EU im Rahmen des EU-Forschungsrahmenprogramms „Horizont 2020“ mit mehr als 3 Millionen Euro gefördert. Es beschäftigt sich mit Möglichkeiten zur Verbesserung der Vorhersage von Extremwetterereignissen im Zusammenhang mit dem Klimawandel.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Jörg Matschullat, matschul@tu-freiberg.de, +49 3731 39-3399

Originalpublikation:

Pedro Herrera‐Lormendez, Nikolaos Mastrantonas, Hervé Douville, Andreas Hoy, Jörg Matschullat: Synoptic circulation changes over Central Europe from 1900 to 2100: Reanalyses and Coupled Model Intercomparison Project phase 6, International Journal of Climatology. https://doi.org/10.1002/joc.7481

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