Kieler Forschende entschlüsseln neuen Baustein in der Entwicklung des globalen Klimas
Forschenden an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) ist es gemeinsam mit Kollegen aus den USA und Brasilien gelungen, anhand eines ungewöhnlich aufschlussreichen Sedimentkernes aus dem südchinesischen Meer neue Erkenntnisse über einen entscheidenden Wendepunkt des globalen Klimas im Zeitraum von vor neun bis fünf Millionen Jahren zu gewinnen.
Demnach führte eine Intensivierung des ostasiatischen Winter-Monsuns, die mit der damaligen Abkühlung der subtropischen Klimazone zusammenhing, zu einer erhöhten biologischen Aktivität im Ozean und dadurch zu einer Reduktion des CO2-Gehalts der Atmosphäre. Die Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe von Nature Communications erschienen.
Um das zukünftige Klima auf der Erde und die Auswirkungen des anthropogenen Klimawandels besser vorherzusagen, erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Klima der Vergangenheit. Aus Daten, die beispielsweise Sedimentkerne liefern, können sie Umweltbedingungen bis zu mehrere Millionen Jahre zurückverfolgen und aus diesen Rückschlüsse auf das zukünftige Klima ziehen.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Arbeitsgruppe Marine Mikropaläontologie des Instituts für Geowissenschaften an der CAU ist es nun gemeinsam mit Kollegen aus den USA und Brasilien gelungen, neue Erkenntnisse über einen entscheidenden Wendepunkt des globalen Klimas zu gewinnen.
„Die Analyse des Sedimentkerns hat uns eine zeitlich ungewöhnlich hoch aufgelöste Aufzeichnung der Klimageschichte der vergangenen 16 Millionen Jahre ermöglicht“, sagt Erstautorin Dr. Ann Holbourn aus der Arbeitsgruppe Marine Mikropaläontologie der Uni Kiel. In dem 607 Meter langen Sedimentkern, der im Rahmen einer Expedition mit dem speziellen Tiefseebohrschiff „JOIDES Resolution“ des International Ocean Discovery Program (IODP) aus dem monsunbeeinflussten Teil des südchinesischen Meeres in 2092 Meter Wassertiefe im südchinesischen Meer gewonnenen wurde, fanden die Forscher besonders gut erhaltene Karbonatschalen von einzelligen Organismen wie Foraminiferen.
„Wir konnten anhand des Kerns nachweisen, dass in der Vergangenheit bereits kleine Änderungen im CO2-Gehalt der Atmosphäre zu verstärkten Rückkopplungen im Ozean führten, die Auswirkungen auf das globale Klima hatten“, ergänzt Professor Wolfgang Kuhnt, Leiter der Arbeitsgruppe an der Uni Kiel und Co-Autor. „Die neuen Daten können nun dazu beitragen, das komplexe Klimasystem besser zu verstehen.“
Das Erdzeitalter vor rund neun bis fünf Millionen Jahren, das späte Miozän, ist eine entscheidende Periode, wenn es um die Rekonstruktion der Klimageschichte geht. In dieser Zeit ähnelte das Klima der Erde ungefähr dem der nahen Zukunft: Es war etwas wärmer, der subtropische Klimagürtel ausgedehnter und die Pole wiesen eine reduzierte Eisbedeckung auf. Genaue Untersuchungen solcher vergangenen Erdepochen mit einem ähnlich hohen CO2-Gehalt helfen daher vorherzusagen, wie sich Klima der Erde in Zukunft entwickeln könnte. Mit der Untersuchung konnten die Forscher nun einen Baustein der Klimageschichte entschlüsseln, der noch als wenig erforscht gilt.
Zur Rekonstruktion vergangener Klimabedingungen haben die Kieler Wissenschaftler auf indirekte Methoden zurückgegriffen. So haben sie im Leibniz-Labor für Isotopenforschung an der Uni Kiel chemische Analysen von fossilen Schalen kleiner mariner Organismen wie Foraminiferen durchgeführt. Die physikalischen und chemischen Umweltbedingungen im Meerwasser werden in den Schalen der Foraminiferen gespeichert bevor diese am Meeresboden abgelagert werden. Im Laufe der Zeit bilden sich Sedimentablagerungen, die ein Archiv für die sich ständig ändernden Bedingungen im Ozean darstellen. Die Sedimentproben für die aktuelle Analyse wurden im Rahmen einer Expedition des IODP gewonnen.
Originalarbeit:
Ann E. Holbourn, Wolfgang Kuhnt, Steven C. Clemens, Karlos G. D. Kochhann, Janika Jöhnck, Julia Lübbers, Nils Andersen, “Late Miocene climate cooling and intensification of southeast Asian winter monsoon”, Nature Communications, Volume 9, Article number: 1584 (2018), doi:10.1038/s41467-018-03950-1.
http://www.nature.com/articles/s41467-018-03950-1
Weitere Informationen über das IODP:
http://www.iodp.org/
Weitere Informationen über den deutschen Beitrag zum IODP-Tiefseebohrungsprogramm:
http://www.bgr.bund.de/DE/Themen/MarineRohstoffforschung/IODP/Home/iodp_node.htm…
Weitere Informationen über das Institut für Geowissenschaften, Arbeitsgruppe Marine Mikropaläontologie:
http://www.ifg.uni-kiel.de/23.html
Weitere Informationen über den universitären Forschungsschwerpunkt Kiel Marine Science:
http://www.kms-uni-kiel.de
Es stehen Fotos zum Download bereit:
http://www.uni-kiel.de/download/pm/2018/2018-107-1.jpg
Bildunterschrift: Das 150 Meter lange wissenschaftliche Bohrschiff, die JOIDES Resolution, gehört zu den wenigen weltweit eingesetzten Forschungsschiffen, das lange Sedimentkerne aus großen Tiefen gewinnen kann.
Foto/Copyright: Wolfgang Kuhnt, CAU
http://www.uni-kiel.de/download/pm/2018/2018-107-2.jpg
Bildunterschrift: Mit einem spezifischen auf große Tiefen ausgelegtem Bohrgerät werden die mehrere Hundert Meter langen Kerne an Deck des Forschungsschiffes JOIDES Resolution gebracht.
Foto/Copyright: Wolfgang Kuhnt, CAU
Kontakt:
Professor Dr. Wolfgang Kuhnt
Institut für Geowissenschaften
Telefon: +49 (0) 431 880 2924
E-Mail: wolfgang.kuhnt@ifg.uni-kiel.de
Dr. Ann Holbourn
Institut für Geowissenschaften
Telefon: +49 (0) 431 880 2938
E-Mail: ann.holbourn@ifg.uni-kiel.de
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Das Zentrum für Interdisziplinäre Meereswissenschaft an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel – Kiel Marine Science (KMS) bildet das Dach für den fakultätsübergreifenden meereswissenschaftlichen Forschungsschwerpunkt an der Kieler Universität. KMS koordiniert und fördert die fakultäts- und fachübergreifend die Auseinandersetzung mit meereswissenschaftlichen Themen. Der universitäre Forschungsschwerpunkt wird dabei getragen durch die wissenschaftlichen Aktivitäten von sieben Fakultäten und mehr als 25 Forschergruppen aus den Natur-, den Sozial-, den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler leisten einen Beitrag zum Verständnis der Prozesse im Ozean in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und tragen zur Entwicklung von Strategien für die nachhaltige Nutzung des Ozeans bei.
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