Kupferbergbau mit bioaktiven Stoffen aus Bakterien

Aus Bakterien gewonnene bioaktive Stoffe sollen zielgerichtet an den Oberflächen von Erzmineralen binden, metallhaltige Wertpartikel einsammeln und wertlose Bestandteile zurückhalten. HZDR/ 3D Kosmos

Die Kooperation zwischen dem Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF), das zum HZDR gehört, und dem Advanced Mining and Technology Center an der Universidad de Chile in Santiago de Chile begann im Februar.

Binnen drei Jahren wollen die Forscher nachweisen, dass es möglich ist, aus Roherz Metalle biotechnologisch voneinander zu trennen. Langfristig könnte das Prinzip für viele komplex zusammengesetzte Rohstoffe und Recyclingmaterialien interessant sein. Wirtschaftlich werden diese Stoffe immer wichtiger, technologisch sind sie aber noch nicht gewinnbar. Das Forschungsprojekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Kupfer ist für die deutsche Industrie ein bedeutendes Massenmetall. Der Bedarf wird teilweise durch Recycling gedeckt; für den Rest sind Rohstoffimporte in Form von Metallkonzentraten oder Roherz nötig. Neben dem Weltmarktführer Chile sind für Deutschland weitere wichtige Lieferländer Peru und Brasilien. Kupfer wird vor allem in der Kabel- und Elektroindustrie eingesetzt, aber auch in der Bau- und Automobilbranche und im Maschinenbau.

Bakterien aus dem Meer

„Chile hat ein großes Interesse daran, die eigene Bergwerksproduktion an Kupfer effizienter und umweltbewusster zu gestalten“, erklärt Dr. Martin Rudolph, Leiter der Abteilung Aufbereitung am HIF. Im Pazifikstaat Chile wird Salzwasser anstelle von Frischwasser eingesetzt, um das Wertmetall zu gewinnen. Allerdings ist dafür ein erhöhter Einsatz an Chemikalien nötig. Außerdem geht das im Erz enthaltene Molybdän verloren – ein wichtiges Sondermetall, das unter anderem verwendet wird für Stahllegierungen, als Schmiermittel und in elektronischen Bauteilen.

Bakterien könnten eine vielversprechende Lösung sein. „Dafür müssen sie an die salzhaltigen Bedingungen angepasst sein, also aus dem Meer kommen“, sagt Rudolphs Abteilungskollegin Dr. Katrin Pollmann, die die biotechnologische Arbeitsgruppe leitet. „Wir brauchen keine lebenden Mikroben, sondern nur jene aktiven Stoffe, die in der Lage sind, mineralische Oberflächen gezielt zu verändern. Das können bakterielle Zellen, Zellbestandteile, Stoffwechselprodukte oder Biomoleküle sein“, so Katrin Pollmann weiter.

Unentdeckte Möglichkeiten: Bioflotation

Industriell wird seit 150 Jahren das Verfahren der Flotation eingesetzt, um Rohstoffe aufzubereiten. Der Kupfergehalt von Roherz wird so von rund einem Prozent auf etwa 30 Prozent angereichert. Bei der Flotation wird das fein zermahlene Erzgestein mit Wasser vermengt. Durch den Zusatz von Chemikalien werden die Erzpartikel unterschiedlich benetzbar gemacht; Wertstoffe werden gesammelt beziehungsweise wertlose Partikel zurückgehalten. Statt chemischer Reagenzien sollen sich zukünftig die bioaktiven Stoffe an die Erzminerale anlagern; die kupfer- und molybdänhaltigen Minerale sollen herausgefiltert, das unbrauchbare Eisenmineral Pyrit hingegen abgeschieden werden.

Der Umstand, dass Bakterien das Eisenmineral Pyrit für ihren Stoffwechsel brauchen, wird bereits zur industriellen Gewinnung von Kupfer durch Biolaugung eingesetzt. Nun wollen die Forscher die Tür zur Bioflotation aufstoßen – ein Gebiet, das bisher noch weitgehend unerforscht ist. Wenn geeignete Bakterien gefunden und die bioaktiven Stoffe isoliert sind, geht es darum, die Wechselwirkungen mit den Mineraloberflächen bis auf die Ebene einzelner Moleküle zu analysieren. Dr. Rudolph blickt voraus: „Wir nehmen an, dass sich Bioflotation einfach in die klassische Aufbereitung integrieren lässt. Ein weiterer Vorteil: Bioaktive Stoffe bauen sich in der Umwelt selbst ab. Wie sie sich konkret dort verhalten, ist eine Frage für weitergehende Forschung“.

Weitere Informationen:

Dr. Martin Rudolph | Leiter Abteilung Aufbereitung
Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie am HZDR
Tel: +45 351 260-4410 | E-Mail: m.rudolph@hzdr.de

Dr. Katrin Pollmann | Leiterin Gruppe Biotechnologie
Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie am HZDR
Tel.: +49 351 260–2946 | E-Mail: k.pollmann@hzdr.de

Medienkontakt:

Anja Weigl | Pressereferentin
Tel. +49 351 260–4427| E-Mail: a.weigl@hzdr.de
Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie am HZDR | Chemnitzer Straße 40 | 09599 Freiberg | www.hzdr.de/hif

Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Das HZDR hat fünf Standorte (Dresden, Leipzig, Freiberg, Schenefeld bei Hamburg und Grenoble) und beschäftigt rund 1.100 Mitarbeiter – davon etwa 500 Wissenschaftler inklusive 150 Doktoranden.

Das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) hat das Ziel, innovative Technologien für die Wirtschaft zu entwickeln, um mineralische und metallhaltige Rohstoffe effizienter bereitzustellen und zu nutzen sowie umweltfreundlich zu recyceln. Es wurde 2011 gegründet, gehört zum Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und kooperiert eng mit der TU Bergakademie Freiberg.

https://www.hzdr.de/presse/bioflotation

Media Contact

Dr. Christine Bohnet Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften

Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.

Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Die Roboterhand lernt zu fühlen

Fraunhofer IWS kombiniert Konzepte aus der Natur mit Sensorik und 3D-Druck. Damit Ernteroboter, U-Boot-Greifer und autonome Rover auf fernen Planeten künftig universeller einsetzbar und selbstständiger werden, bringen Forschende des Fraunhofer-Instituts…

Regenschutz für Rotorblätter

Kleine Tropfen, große Wirkung: Regen kann auf Dauer die Oberflächen von Rotorblättern beschädigen, die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen können sinken, vor allem auf See. Durch die Entwicklung innovativer Reparaturlösungen…

Materialforschung: Überraschung an der Korngrenze

Mithilfe modernster Mikroskopie- und Simulationstechniken konnte ein internationales Forschungsteam erstmals beobachten, wie gelöste Elemente neue Korngrenzphasen bilden. Mit modernsten Mikroskopie- und Simulationstechniken hat ein internationales Forscherteam systematisch beobachtet, wie Eisenatome…