Leben auf großem Fuß – Forscher entdecken weitverbreitete Fußkrankheiten bei Nashörnern

Computertomographische Aufnahme eines Nashornfußes mit erkrankter Knochenstruktur (links) und gesunder Knochenstruktur (rechts).<br>Abb.: Galateanu G/IZW/TOSHIBA<br>

In Gefangenschaft lebende Panzernashörner leiden häufig unter chronischen Fußerkrankungen, im Sinne von schwerwiegenden Knochenveränderungen. Diese Art der Erkrankung stellt eine enorme klinische Herausforderung dar, sie mindert den allgemeinen Gesundheitszustand des Tieres und beeinflusst dessen Zuchtfähigkeit. Manchmal werden Tiere auch aufgrund von Fußproblemen euthanasiert.

„Das breite Spektrum an Knochenerkrankungen und deren Intensität waren für uns doch sehr überraschend. Nahezu 30 Prozent der 95 untersuchten Knochenstrukturen waren erkrankt“, sagt Gabriela Galateanu vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), Leiterin der wissenschaftlichen Studie. Die Ergebnisse wurden in der Online-Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlicht.

Um nähere Erkenntnisse über chronische Fußerkrankungen bei Nashörnern zu gewinnen, erforschte ein internationales Team von Wissenschaftlern aus dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) und drei französischen Zoos mittels hochauflösender Computertomographie und digitalem Röntgen die zugrunde liegenden Ursachen.

Zoologische Institutionen unternehmen erhebliche Anstrengungen, um chronische Fußerkrankungen bei großen Säugetieren zu vermeiden. Dazu gehören eine kontinuierliche Verbesserung des Managements, der Haltungsbedingungen sowie der Behandlungsmethoden. Bisherige Diagnosen von Fußerkrankungen beschränkten sich größtenteils auf die Weichteile, dabei wurden Knochenerkrankungen oftmals übersehen. Für die Krankheitsdiagnose kam die digitale Röntgentechnik kaum zum Einsatz. Innerhalb der letzten 40 Jahre hatten Wissenschaftler nur zwei Arten von Knochenerkrankungen bei drei Nashörnern festgestellt (zwei Spitzmaulnashörner und ein Indisches Panzernashorn).

Bei Panzernashörnern, die in menschlicher Obhut leben, ist die Erkrankung der Weichteile der Füße mehrfach beschrieben worden. Bis vor kurzem waren alle männlichen, fortpflanzungsfähigen Panzernashörner in Europa von dieser Krankheit betroffen.

Auch in Gefangenschaft lebende Elefanten haben ähnliche Fußprobleme, bei ihnen ist die Erkrankung aber viel besser dokumentiert. Bis heute wurden bei Elefanten beispielsweise mehr als 20 Knochenerkrankungen diagnostiziert. Es ist bisher unklar, wie diese orthopädischen Knochenveränderungen bei großen Pflanzenfressern entstehen. Es ist auch unklar, warum die Knochen von Nashornfüßen bisher kaum untersucht wurden. Daher hat ein Wissenschaftlerteam vom IZW für die Krankheitsdiagnose modernste bildgebende Untersuchungsverfahren eingesetzt. Das Team führte eine Studie durch, bei der sowohl Computertomographie mit der höchsten Auflösung, die in der Veterinärmedizin zur Verfügung steht, als auch digitales Röntgen zum Einsatz kamen. Das Forscherteam konnte zeigen, dass diverse Knochenerkrankungen ein weit verbreitetes Phänomen bei in Gefangenschaft lebenden Nashörnern ist.

Von den heute noch lebenden fünf Nashornarten sind bereits vier vom Aussterben bedroht und eine Art, das Sumatra Nashorn, ist sehr hoch bedroht. Einige dieser Nashornarten leben in Gefangenschaft und sind vielleicht der Schlüssel für den Erhalt der Population oder gar der ganzen Art. Daher ist es wichtig, für entsprechende Nachzuchtprogramme gesunde Tiere in der Gefangenschaftshaltung zu haben.

„Bei der Studie stellte sich heraus, dass alle Tiere Knochenerkrankungen hatten. Das traf sowohl auf das Südliche Breitmausnashorn, als auch auf das Panzernashorn zu. Betroffen waren Tiere mit Tumoren in den Weichteilen der Füße und Tiere mit chronischen Fußerkrankungen. Erstaunlicher Weise gab es auch ein Südliches Breitmaulnashorn, das keine Erkrankungen in den Weichteilen des Fußes aufwies, aber trotzdem erkrankte Knochen hatte”, berichtet Robert Hermes, Nashornexperte am IZW.

Die neuen Erkenntnisse bedeuten, dass Knochenerkrankungen in den Füßen von Nashörnern weiter verbreitet sind als bisher angenommen. Daher empfiehlt das IZW, im zukünftigen Management von in Gefangenschaft lebenden Nashörnern und anderen großen Pflanzenfressern, das digitale Röntgen als Verfahren im Gesundheitsmanagement einzusetzen.

Das IZW unterstützt die enormen Anstrengungen von Mitarbeitern Zoologischer Gärten weltweit, um chronische Fußerkrankungen bei großen Pflanzenfressern zu vermeiden. „Derzeit arbeiten wir daran, Zootierärzte mit praktischen Werkzeugen für eine verbesserte bildgebende Diagnostik auszustatten“, berichtet Thomas Hildebrandt, Abteilungsleiter Reproduktionsmanagement am IZW.

Publikation:
Galateanu G, Hildebrandt TB, Maillot A, Etienne P, Potier R, Mulot B, Saragusty J, Hermes R (2013): One small step for rhinos, one giant leap for wildlife management – imaging diagnosis of bone pathology in distal limb. PLOS ONE
Kontakt:
Gabriela Galateanu: galateanu_gabriela@yahoo.com; galateanu@izw-berlin.de
Dr. Robert Hermes: 0049 (0)30 51 68 243; hermes@izw-berlin.de
Weitere Informationen:
http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0068493 – Originalveröffentlichung

Media Contact

Gesine Wiemer Forschungsverbund Berlin e.V.

Weitere Informationen:

http://www.izw-berlin.de

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