Mit FS SONNE dem Atlantik auf den Grund gehen

Das neue deutsche Forschungsschiff SONNE ist auf seiner ersten wissenschaftlichen Expedition. Foto: A. Villwock, GEOMAR

Ökosysteme und geologische Prozesse am Grund des Atlantiks sind die Themen während der ersten Expedition des neuen deutschen Forschungsschiffs SONNE. Sie startete gestern Abend unter Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des Centrums für Naturkunde der Universität Hamburg von den Kanarischen Inseln aus zum Mittelatlantischen Rücken. In einem Blog berichten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von ihren Arbeiten auf See.

Sie ist der größte Lebensraum der Erde und gleichzeitig der am wenigsten erforschte: die Tiefsee. Alleine die Ebenen, die zwischen 3000 und 6000 Meter unter der Wasseroberfläche liegen, nehmen mehr als die Hälfte der Erdoberfläche ein. Aus ihnen erheben sich gewaltige Gebirgszüge, während an anderen Stellen Gräben bis in 11.000 Meter Tiefe abfallen.

Die riesigen Flächen und die enormen Tiefen sorgen dafür, dass unser Wissen über Vorgänge am Grund der Ozeane sehr lückenhaft ist. Das neue deutsche Forschungsschiff SONNE soll dazu beitragen, dieses Wissen Stück für Stück zu erweitern. Die erste Expedition mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel, des Centrums für Naturkunde der Universität Hamburg (CeNaK) und der Universität Köln mit Unterstützung des Deutschen Zentrums für Marine Biodiversitätsforschung der Senckenberg-Gesellschaft startet jetzt in den Atlantik. „Wir freuen uns sehr, diese beeindruckende Arbeitsplattform als erstes Team für unsere Untersuchungen nutzen zu können“, sagt der Fahrtleiter Prof. Dr. Colin Devey vom GEOMAR.

Für ihre wissenschaftliche Jungfernfahrt verließ die SONNE gestern Abend Las Palmas (Kanarische Inseln) und nimmt jetzt Kurs auf den Mittelatlantischen Rücken. Das ist ein über 20.000 Kilometer langer Gebirgszug, der sich meist unter Wasser von Nord nach Süd durch den Atlantik erstreckt. Zahlreiche in Ost-West-Richtung verlaufende geologische Bruchzonen unterteilen ihn.

Die größte, die „Vema Fracture Zone“ liegt bei etwa 10 Grad nördlicher Breite. Sie ist das Hauptziel der Expedition. „Weil die Vema Fracture Zone den mittelatlantischen Rücken komplett durchschneidet und dabei ein mehrere tausend Kilometer langes Tal bildet, ist die Region für Biologen und Geologen gleichermaßen interessant“, betont die stellvertretende Fahrtleiterin Prof. Dr. Angelika Brandt vom CeNaK.

Geologen können in der Bruchzone grundlegende Prozesse der Plattentektonik beobachten. „Der Mittelatlantische Rücken markiert seit über 100 Millionen Jahren die Grenze zwischen Afrika und Amerika. Dort steigt kontinuierlich heißes Material aus dem Erdinneren auf, um neue Erdkruste zu bilden. Die Bruchzone gibt uns hoffentlich detaillierte Einblicke in diese Vorgänge“, erklärt Professor Devey. Gleichzeitig wollen die Biologen wissen, ob diese untermeerischen Gebirge eine Barriere für am Meeresboden lebende Organismen darstellen. „Die Bruchzonen könnten dann so etwas wie ein Tor zwischen Lebensgemeinschaften des östlichen und des westlichen Atlantiks sein“, sagt Professorin Brandt.

Mit Greifern und geschleppten Geräten werden die Forscher die Zusammensetzung der am Boden lebenden Gemeinschaften in der „Vema Fracture Zone“ beproben und fotografieren. Dabei kommt auch das autonome Unterwasserfahrzeug AUV ABYSS des GEOMAR zum Einsatz. Es wird das Untersuchungsgebiet präzise kartieren.

„Wir wollen mehr darüber wissen, wie die Eigenschaften des Wassers, die Lebensweisen der Organismen und die Beschaffenheit des Meeresgrundes sich gegenseitig beeinflussen“, erklärt Angelika Brandt. Die gewonnenen Daten sollen auch Grundlagen für ein geplantes Großforschungsprojekt zur Plattentektonik liefern und erstmalig vollständige und detailreiche Tiefendaten entlang einer Bruchzone liefern. Das gemeinsame Ziel der EU, Kanadas und der USA, den Atlantik gänzlich zu kartieren, wird dadurch ebenfalls ein Stück näher rücken.

Gleichzeitig freuen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darauf, das neue Schiff im Einsatz kennen zu lernen. „Die Ausmaße sind beeindruckend. Wir haben viel mehr Platz für unsere Geräte und Arbeiten als auf der alten SONNE“, sagt Colin Devey. Und nicht zuletzt die geräumige Messe könnte dem Forscher-Team auf dieser Reise zugutekommen. „Immerhin sind wir über Weihnachten und Silvester auf See. Das wissenschaftliche Programm läuft an den Feiertagen weiter. Aber es wird natürlich auch eine kleine Feier geben“, verspricht der Fahrtleiter.

Wer wissen möchte, wie die Feiertage auf See verlaufen und welche Arbeiten sonst während der Expedition SO237 anstehen, kann die Expedition auch im Internet verfolgen. Unter www.oceanblogs.org/so237  berichten Mitglieder des wissenschaftlichen Teams regelmäßig von ihrer Tätigkeit auf der neuen FS SONNE.

Expedition auf einen Blick:
FS SONNE: SO237 „Vema-TRANSIT“
Fahrtleitung: Prof. Dr. Colin Devey (GEOMAR), Prof. Dr. Angelika Brandt (CeNaK)
Fahrtdauer: 15.12.2014-26.01.2015
Starthafen: Las Palmas (Kanarische Inseln)
Arbeitsgebiet: Mittelatlantischer Rücken / Puerto Rico-Graben
Zielhafen: San Juan (Puerto Rico)

Weitere Informationen unter: http://www.geomar.de/forschen/expeditionen/
Weiteres Bildmaterial unter http://www.geomar.de/n2211

http://www.geomar.de Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
http://www.uni-hamburg.de/biologie/BioZ/zmh/ Zoologisches Museum Hamburg im CeNaK

Media Contact

Andreas Villwock idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften

Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.

Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Die Roboterhand lernt zu fühlen

Fraunhofer IWS kombiniert Konzepte aus der Natur mit Sensorik und 3D-Druck. Damit Ernteroboter, U-Boot-Greifer und autonome Rover auf fernen Planeten künftig universeller einsetzbar und selbstständiger werden, bringen Forschende des Fraunhofer-Instituts…

Regenschutz für Rotorblätter

Kleine Tropfen, große Wirkung: Regen kann auf Dauer die Oberflächen von Rotorblättern beschädigen, die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen können sinken, vor allem auf See. Durch die Entwicklung innovativer Reparaturlösungen…

Materialforschung: Überraschung an der Korngrenze

Mithilfe modernster Mikroskopie- und Simulationstechniken konnte ein internationales Forschungsteam erstmals beobachten, wie gelöste Elemente neue Korngrenzphasen bilden. Mit modernsten Mikroskopie- und Simulationstechniken hat ein internationales Forscherteam systematisch beobachtet, wie Eisenatome…