Nährstoffhaushalt einer neuentdeckten “Todeszone” im Indischen Ozean auf der Kippe
Jetzt publiziert ein Team von Wissenschaftlern in der Fachzeitschrift Nature Geoscience seine Forschungsergebnisse und zeigt, dass sich eine weitere Todeszone im Golf von Bengalen im nordöstlichen Indischen Ozean über eine Fläche von 60 000 Quadratkilometern in einer Wassertiefe zwischen 100 und 400 Metern ausbreitet.
Mit dabei im Team waren Forscher von der University of Southern Denmark (SDU), dem Bremer Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie (MPIMM) und dem National Institute of Oceanography (NIO) of India. Erstautorin Laura Bristow, früher Wissenschaftlerin an der SDU und jetzt am Bremer MPIMM, sagt:
“Die Situation im Golf von Bengalen hat uns lange Zeit vor ein Rätsel gestellt, denn mit herkömmlichen Messmethoden konnte zwar kein Sauerstoff nachgewiesen werden, trotzdem gab es keinerlei Anzeichen von Stickstoffverlusten, die für andere Todeszonen so typisch sind.“
Das Forscherteam konnte jetzt mit neuen empfindlichen Sauerstoffsensoren das Vorhandensein minimaler Konzentrationen an Sauerstoff nachweisen, die aber 10 000 Mal niedriger waren als im sauerstoffgesättigten Oberflächenwasser. Jene Mikroorganismen, die in anderen Todeszonen für die Stickstoffentfernung zuständig sind, gab es auch in diesen Wasserproben.
Messungen zeigten, dass diese Mikroorganismen zwar auch im Golf von Bengalen Stickstoff entfernten, allerdings viel langsamer als in anderen Todeszonen. Laura Bristow führt weiter aus.“ Das ist schon eine verrückte Sache. Die Mikroben sind anwesend und könnten große Mengen an Stickstoff entfernen, werden aber durch die minimalen Spuren von Sauerstoff an ihrem Job gehindert.“
Wajih Naqvi, früher Direktor am NIO und Ko-Autor der Studie, fügt hinzu:” Wenn auch die letzten Reste an Sauerstoff weg sind, wird der Golf von Bengalen plötzlich zu einer Stickstoffsenke mit globalen Auswirkungen.” Diese dann auftretenden Stickstoffverluste würden den Stickstoffhaushalt und damit die Produktivität der marinen Lebensgemeinschaften verändern. Experten sagen, dass die Klimaveränderung die Atmosphäre und die Meere erwärmen und sich damit die Todeszonen ausweiten werden.
Ob die Auswirkungen des Klimawandels den letzten Sauerstoff aus dem Golf von Bengalen entfernen werden, ist noch nicht sicher. Doch auch die hohe Bevölkerungsdichte und der damit verbundene hohe Nährstoffeintrag könnten im Golf von Bengalen dem Sauerstoff den Rest geben.
Laura Bristol spricht warnende Worte: „Wir werden sehen, wie es mit dieser Todeszone weitergeht. Sicher ist, dass der Golf von Bengalen auf der Kippe steht. Jetzt brauchen wir mathematischen Modelle, um die potentiellen Auswirkungen auf den Stickstoffkreislauf im Golf von Bengalen, aber auch weltweit, zu verstehen.“
Weitere Informationen
Dr. Laura Bristow, +49 421 2028 634, lbristow@mpi-bremen.de
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Celsiusstr. 1, D-28359 Bremen
Oder wenden Sie sich an die Presseabteilung:
Dr. Manfred Schlösser, +49 421 2028704, mschloes@mpi-bremen.de
Dr. Fanni Aspetsberger, +49 421 2028947, faspetsb@mpi-bremen.de
Institutionen
Department of Biology and Nordic Center for Earth Evolution (NordCEE), University of
Southern Denmark, Campusvej 55, 5230 Odense M, Denmark.
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Celsiusstraße 1, D-28359 Bremen
School for Marine Science and Technology, University of Massachusetts Dartmouth, 706 South
Rodney French Blvd, New Bedford, MA 02744-1221, USA.
CSIR-National Institute of Oceanography, Dona Paula, 403 004, Goa, India,
Department of Biological Sciences, Aarhus University, Building 1540, DK-8000 Aarhus C, Denmark.
Originalartikel
N2 production rates limited by nitrite availability in the Bay of Bengal oxygen
minimum zone
L.A. Bristow, C.M. Callbeck, M. Larsen, M.A. Altabet, J. Dekaezemacker, M. Forth, M. Gauns, R.N. Glud, M.M.M. Kuypers, G. Lavik, J. Milucka, S.W.A. Naqvi, A. , Pratihary, N.P. Revsbech, B. Thamdrup, A.H. Treusch, D.E. Canfield. Nature Geoscience 2016, DOI 10.1038/ngeo2847
http://www.mpi-bremen.de Webseite des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften
Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.
Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.
Neueste Beiträge
Überlebenskünstler im extremen Klima der Atacama-Wüste
Welche Mikroorganismen es schaffen, in den extrem trockenen Böden der Atacama-Wüste zu überleben, und welche wichtigen Funktionen sie in diesem extremen Ökosystem übernehmen – zum Beispiel bei der Bodenbildung –,…
Hoffnung für Behandlung von Menschen mit schweren Verbrennungen
MHH-Forschende entwickeln innovatives Medikament, um die Abstoßung von Spenderhaut-Transplantaten zu verhindern. Wenn Menschen schwere Verbrennungen erleiden, besteht nicht nur die Gefahr, dass sich die Wunde infiziert. Der hohe Flüssigkeitsverlust kann…
Neue Erkenntnisse zur Blütezeit-Regulation
Einfluss von Kohlenstoff- und Stickstoff-Signalwegen auf Blütenrepressoren bei Arabidopsis. In einer aktuellen Publikation in der Fachzeitschrift Plant Physiology hat ein internationales Forschungsteam, dem unter anderem Dr. Justyna Olas als eine…