Phänomen des schneeweissen Bachs erklärt
Ein Jäger entdeckte in einem abgelegenen Seitental im Engadin ein Bachbett, das über eine Distanz von mehr als einem Kilometer schneeweiss gefärbt ist. Es handelt sich um ein äusserst seltenes Phänomen, das bisher nirgends in der Schweiz beobachtet wurde.
Ein Team um Christoph Wanner vom Institut für Geologie der Universität Bern untersuchte den einzigartigen Abschnitt des Bachs. Die Forschenden konnten nachweisen, dass die weisse Färbung aufgrund von sehr kleinen, im Nanometer-Bereich liegenden Aluminium-Flocken zu Stande kommt.
Säure löst Aluminium und Arsen
Am Ursprung des Phänomens steht Säure, die sich bei der Verwitterung des Minerals Pyrit bildet. Die Säure senkt den pH-Wert des Wassers soweit ab, dass an der Quelle des Bachs, im Einzugsgebiet eines kleinen Bergsees, Aluminium aus dem Gestein herausgelöst wird.
Gleichzeitig löst die Säure auch Arsen aus dem Gestein. Die Mengen im Wasser sind nicht gesundheitsschädlich, belasten aber die Umwelt. Sobald sich das Wasser mit anderen Bergbächen der Region vermischt, erhöht sich der pH-Wert wieder und es bilden sich Aluminium-Flocken, die auch Arsen enthalten. Die Flocken überziehen die Steine des Bachbetts mit einer weissen Schicht.
Sehr effektiver Arsen-Filter
Die Forschenden waren überrascht, dass sie in den Aluminium-Flocken gebundenes Arsen gefunden haben. «Aus Laboruntersuchungen ist bereits bekannt, dass synthetische Aluminium-Flocken Arsen aus dem Wasser filtrieren können», sagt Christoph Wanner.
Es sei aber erstaunlich, dass die Flocken auch bei den vergleichsweise geringen Konzentrationen des Bergbachs Arsen effektiv herausfiltrieren. «Damit haben die Flocken ein grosses Potential für die Verwendung als Arsen-Filter bei der Trinkwasseraufbereitung», erklärt der Erstautor der Studie weiter.
Beobachtung wichtig für Forschung
Die fehlende Erschliessung mit Wanderwegen des Tals nahe der italienischen Grenze dürfte der Grund sein, warum das Phänomen bisher nicht entdeckt und wissenschaftlich untersucht wurde. Und dies obwohl die Bildung der Aluminum-Flocken sogar auf Satellitenbildern zu erkennen ist.
Umso grösser ist die Bedeutung der Beobachtung des Jägers für die Forschung, wie Studien-Koautor Gerhard Furrer von der ETH Zürich erklärt: «Ich beschäftige mich seit 30 Jahren mit dem Phänomen der Aluminium-Flocken, aber vor dieser Studie habe ich kein vergleichbares Vorkommen in der Schweiz gefunden.» Die Studie liefert wichtige neue Erkenntnisse über die Entstehung der Flocken und über das Verhalten von Arsen in der Umwelt.
Angaben zur Publikation:
Wanner, Pöthig, Carrero, Fernandez-Martinez, Jäger & Furrer: Natural occurrence of nanocrystalline Al-hydroxysulfates: Insights on formation, Al solubility control and As retention. Geochimica Et Cosmochimica Acta. Vol. 238, p. 252-269. 01.10.2018. doi: https://doi.org/10.1016/j.gca.2018.06.031
Kontaktperson:
Dr. Christoph Wanner
Institut für Geologie, Universität Bern
Tel. +41 78 845 07 77 / christoph.wanner@geo.unibe.ch
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Tel. +41 78 845 07 77 / christoph.wanner@geo.unibe.ch
Wanner, Pöthig, Carrero, Fernandez-Martinez, Jäger & Furrer: Natural occurrence of nanocrystalline Al-hydroxysulfates: Insights on formation, Al solubility control and As retention. Geochimica Et Cosmochimica Acta. Vol. 238, p. 252-269. 01.10.2018. doi: https://doi.org/10.1016/j.gca.2018.06.031
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