Polarstern ab heute unterwegs nach Spitzbergen, um Rolle der Wolken bei Erwärmung der Arktis zu untersuchen
Mit der Flut ist heute Mittag der deutsche Forschungseisbrecher Polarstern aus Bremerhaven in Richtung Arktis ausgelaufen. Der erste Teil der 106. Polarstern-Expedition wird vor allem arktische Wolken untersuchen und steht unter der wissenschaftlichen Leitung des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS).
An der einen Monat dauernden Messkampagne sind rund 50 Atmosphären- und Wolkenforscher, Meereisphysiker, Meeresbiologen und Biogeochemiker verschiedenster Forschungsinstitute beteiligt – darunter auch vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), und der Universität Leipzig. Mit den umfangreichen Messungen wollen die Forscher die Rolle der Wolken bei der Erwärmung der Arktis besser verstehen. Die Region um den Nordpol hat sich in den letzten 25 Jahren zwei- bis dreimal stärker erwärmt als der Rest der Erde.
Die Folgen des rasanten Anstiegs der Temperaturen zeigen sich zum Beispiel deutlich am arktischen Meereis im Sommer, das nur noch die Hälfte der früheren Fläche ausmacht. Setzt sich dieser Trend fort, dann könnte in einigen Jahrzehnten der Nordpol im Sommer eisfrei sein – mit weitreichenden Konsequenzen von der Schifffahrt bis hin zum Wetter in Europa. Während die Folgen offensichtlich sind, gibt es zu den Ursachen noch viele offene Fragen.
„Der rasante Anstieg der Temperaturen in der Arktis ist ein klares Indiz dafür, dass die schnelllebige Atmosphäre eine große Rolle dabei spielt. Aber das Zusammenspiel von Meereis, Wolken und Aerosol in der Übergangszone zwischen offenem Ozean und Meereis ist bislang noch nicht gut verstanden. Mit dieser Expedition wollen wir einen wichtigen Beitrag leisten, um zu ergründen, welche Prozesse in der Atmosphäre wie stark zur Erwärmung der Arktis beitragen“, erklärt Prof. Andreas Macke, Direktor des TROPOS und wissenschaftlicher Leiter des ersten Fahrtabschnitts. Sein Projekt PASCAL (Physical feedbacks of Arctic PBL, Seaice, Cloud And Aerosol) wird diese Rückkopplungsprozesse untersuchen, um letztlich die dramatischen Abnahme des arktischen Meereises im Sommer besser vorhersagen und die globalen Klimamodelle verbessern zu können.
Die Polarstern-Expedition PS106 ist am Mittwoch von Bremerhaven aus gestartet und führt in die Region nördlich der zu Norwegen gehörenden Inselgruppe Svalbard (Spitzbergen). Dort wollen die Forscher etwa 800 Kilometer vom Nordpol entfernt im Meereis Position beziehen und zwei Wochen lang mit dem Eis driften. Gemessen werden dann verschiedenste Parameter der Atmosphäre von der chemischen Zusammensetzung der Partikel in der Luft bis hin zur Sonneneinstrahlung am Boden.
Um ein möglichst umfangreiches Bild der Wolken zu bekommen, wird nicht nur an Bord der Polarstern gemessen, sondern auch vom Eis aus. Dabei wird in den bodennahen Luftschichten auch ein Zeppelin zum Einsatz kommen, der bereits in Melpitz bei Leipzig getestet wurde. In den oberen Luftschichten sind die beiden Forschungsflugzeuge „Polar 5“ und „Polar 6“ unterwegs, die, ebenfalls wie die Polarstern, vom Alfred-Wegener-Institut betrieben werden. Sie messen verschiedenste Parameter von Wolkentropfen und Sonnenstrahlung.
Die Flüge der „ACLOUD“-Mission starten von Longyearbyen auf Spitzbergen unter Leitung vom Prof. Manfred Wendisch und Dr. André Ehrlich von der Universität Leipzig. „PASCAL“ und „ACLOUD“ werden durch weitere Messungen am Boden an der AWIPEV-Station des AWI in Ny-Ålesund ergänzt, dessen Atmosphären-Observatorium die Veränderungen in der Arktis kontinuierlich beobachtet. Die Wissenschaftler aus Leipzig, Bremen und Köln arbeiten dabei eng mit ihren Kollegen vom Alfred-Wegener-Institut zusammen. Alle Messungen sind Teil des Sonderforschungsbereichs (SFB) Transregio 172 „Arktische Klimaveränderungen“, der von der Universität Leipzig geleitet wird und für den die Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in einer ersten Phase bis Ende 2019 rund zehn Millionen Euro zur Verfügung stellt.
Nach vier Wochen endet für FS Polarstern am 21. Juni der erste Fahrtabschnitt in Longyearbyen auf Spitzbergen. Die Teilnehmer aus Leipzig werden kurz darauf in der Heimat zurückerwartet. Nach kurzem Stopp in Longyearbyen folgt der zweite Abschnitt von PS106, der sich schwerpunktmäßig der Meeresbiologie widmen wird. Unter Leitung vom Dr. Hauke Flores vom AWI wird dann östlich von Spitzbergen untersucht, wie sich der Klimawandel auf den Polardorsch (Boreogadus saida) auswirkt. Der Großteil der Atmosphärenmessungen von PASCAL wird auf PS106.2 fortgeführt, so dass insgesamt ein zwei-monatiger Datensatz zur intensiven Auswertung zur Verfügung steht. Weitere Expeditionen schließen sich an, bis Polarstern Mitte Oktober in Bremerhaven zurück sein wird. PASCAL dient auch als Vorbereitung auf die einjährige arktische Eisdrift der Polarstern in 2019/2020, an der TROPOS auch beteiligt sein wird.
Über die Atmosphärenuntersuchungen berichten unter anderen:
die Wochenberichte der Polarstern: https://www.awi.de/nc/expedition/schiffe/polarstern/wochenberichte-polarstern.html
der Polarstern-Blog auf Helmholtz.de: https://blogs.helmholtz.de/polarstern/
der ACLOUD-Blog: https://acloud2017.blogspot.de/
sowie Wissenschaftsredakteur Stephan Schön von der Sächsischen Zeitung: https://www.szlink.de/Expedition
Twitter-Hashtag ist #arktis17: https://twitter.com/search?q=%23arktis17
Weitere Infos:
Prof. Dr. Andreas Macke
Direktor des TROPOS & wissenschaftlicher Leiter PS106.1
(Interviewanfragen während der Expedition bitte über seine Assitentin Beate Richter unter Tel. +49-341-2717-7060.)
http://www.tropos.de/institut/ueber-uns/mitarbeitende/andreas-macke/
oder
Tilo Arnhold, TROPOS-Öffentlichkeitsarbeit
Tel. +49-341-2717-7189
http://www.tropos.de/aktuelles/pressemitteilungen/
sowie
Folke Mehrtens, AWI-Pressestelle
Tel. +49-471-4831-2007
https://www.awi.de/ueber-uns/organisation/kommunikation-und-medien.html
Links:
Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Bewohner der Arktis aus? (Pressemitteilung des AWI vom 18.05.2017):
Arktisches Klima im Fokus: Deutsche Forscher mit Schiff und Flugzeugen in Polarregion unterwegs (Pressemitteilung der Universität Leipzig vom 11.05.2017):
Aktuelle Position der Polarstern-Expedition PS106:
http://expedition.awi.de/expedition/PS106
Expeditionsprogramm Polarstern-Expedition PS106:
Polarstern:
www.awi.de/expedition/schiffe/polarstern.html
Polar 5 & 6:
www.awi.de/expedition/flugzeuge/polar-5-6.html
AWI-PEV:
https://www.awi.de/expedition/stationen/awipev-forschungsbasis.html
Leipzig als Zentrum der Wolkenforschung
https://www.tropos.de/entdecken/gut-zu-wissen/wolken-verstehen/
Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die 91 selbständige Forschungseinrichtungen verbindet. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen.
Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit.
Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.600 Personen, darunter 9.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,7 Milliarden Euro.
http://www.leibniz-gemeinschaft.de
Das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der gemäßigten sowie hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der 18 Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.
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