Sand- oder Marmorkuchen? – Neue Einblicke zum Plattenrecycling der Erde
Die Oberfläche unseres Planeten wird durch Plattentektonik ständig erneuert – so entsteht an mittelozeanischen Rücken neuer Meeresboden, während an anderen Stellen, den sogenannten Subduktionszonen, alter Meeresboden zurück ins Erdinnere geführt wird. Diese Prozesse finden schon seit Jahrmillionen statt und werden durch Konvektionsströme im Mantel angetrieben.
Aber seit wann genau gibt es diesen permanenten Umbau der Erdkruste? Was passiert mit den festen, kalten Platten, die subduziert werden? Werden sie im Mantel homogen wie Mehl in einem Kuchenteig mit dem Mantelmaterial “vermischt”, oder hinterlassen sie dabei Schlieren wie bei einem Marmorkuchen? Ein internationales Team von Forscherinnen und Forscher aus Deutschland, Frankreich, den USA und Großbritannien unter Beteiligung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel hat dazu nun neue Antworten geliefert, die jetzt in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences publiziert wurden.
Die Erde, auf der wir leben, besitzt eine sauerstoffreiche Atmosphäre und Ozeane. Das war aber nicht immer so. Lange bevor es Tiere oder Landpflanzen auf diesem Planeten gab, war die Atmosphäre sauerstofffrei und schwefelreich. Erst die Photosynthese und unzählige Ur-Algen haben vor ca. 2.4 Milliarden Jahren genug Sauerstoff freigesetzt, um diese Situation global und nachhaltig zu verändern.
Aber nicht nur die Zusammensetzung, sondern auch die chemischen Prozesse in der Atmosphäre wurden dadurch grundlegend geändert. Bis dahin konnte die Sonneneinstrahlung Schwefelisotopen unabhängig von ihrer Masse voneinander trennen – ein Prozess der als „Mass-independent fractionation“ (MIF) bezeichnet wird. Gesteine, die bis vor 2.4 Milliarden Jahren entstanden sind, zeigen Anzeichen von MIF in ihrem Chemismus – Gesteine jüngeren Datums nicht.
Bei Untersuchungen an Laven von der pazifischen Insel Pitcairn, wo im Jahre 1789 übrigens die Meuterer vom britischen Militärschiff “Bounty” Unterschlupf suchten, fanden die Forscher Anzeichen von MIF, auch wenn die Insel selbst noch keine zwei Millionen Jahre alt ist.
Dies führen sie darauf zurück, dass die Quelle der Laven, die in mehr als 100 km Tiefe im Erdmantel liegt, Teile von sehr altem subduzierten Meeresboden enthält. Weitere chemische Untersuchungen ergaben, dass diese Spuren vermutlich Sedimente vom damaligen Meeresboden sind, die bei der Subduktion tief ins Erdinnere gefördert wurden und dort mehr als zwei Milliarden Jahren unverändert “versteckt” geblieben sind.
„Wir konnten so gleich zwei wichtige Beweise führen: zum einen, dass es Plattentektonik und Subduktion schon vor 2.4 Milliarden Jahren gab und zum anderen, dass die Erde in ihrem Inneren ganz alte “Reservoire” konservieren kann“, erklärt Prof. Dr. Colin Devey, Co-Autor der Studie vom GEOMAR. „Beide geben handfeste Anhaltspunkte dafür, wie die Erde in ihrem für uns unsichtbarem Inneren funktioniert und wie lange es bereits solche geologischen Prozesse gegeben hat“, so Devey weiter.
Was produziert nun die „Bäckerei“ im Erdinneren – Sand- oder Marmorkuchen? „Unsere Ergebnisse favorisieren den Marmorkuchen“, sagt Colin Devey. Ob das Verfahren an allen Subduktionszonen gleich funktioniert ist allerdings noch offen. Die Geologen werden dafür noch viele weitere Proben untersuchen müssen.
Hinweis:
Die Proben für diese Arbeit wurden schon 1989 mit dem Forschungsschiff „Sonne“ im Rahmen der Expedition SO-65 gewonnen (Förderzeichen: 03R397A5). Die Langfristarchivierung der Proben wird am GEOMAR sichergestellt.
Originalarbeit:
Delavault, H., C. Chauvel, E. Thomassot, C.W. Devey, and B. Dazas, 2016: Sulfur and lead isotopic evidence of relic Archean sediments in the Pitcairn mantle plume. Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.1523805113
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