Schiffsexpedition bringt Licht ins Innere der Erde
Aus Hannover zum südwestindischen Rücken: Ein Team des Instituts für Mineralogie der Leibniz Universität Hannover (LUH) ist vom 6. März bis zum 12. April 2020 an Bord des Forschungsschiffs SONNE im Indischen Ozean unterwegs.
Unter wissenschaftlicher Gesamtleitung von Prof. Dr. Jürgen Koepke reisen die Hannoveraner gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Berlin, Bremen, Erlangen und Münster sowie aus den USA, China, Italien und Finnland.
Start der Expedition ist in Kapstadt – von dort aus führt der Weg ins Untersuchungsgebiet Marion Rise, bevor das Schiff fünf Wochen später in Durban wieder Land erreicht.
Geplant sind unter anderem Untersuchungen mit einem Tauchroboter des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen.
Diese können per Live-Stream verfolgt werden. Ein Hauptaugenmerk der Reise liegt auf der Analyse von Gesteinsproben, die die Forscherinnen und Forscher vom Meeresgrund nehmen.
Die Mechanismen der Erdplatten verstehen
Das Untersuchungsgebiet Marion Rise liegt auf dem südwestindischen Rücken. Dieser ist die Nahtstelle zwischen Afrika und der Antarktis. Hier treffen zwei Erdplatten aufeinander, die voneinander wegdriften – allerdings tun sie dies extrem langsam: Sie entfernen sich weniger als einen Zentimeter pro Jahr; andere Nahtstellen vergrößern sich im selben Zeitraum um zehn Zentimeter oder mehr.
Durch diese extrem langsamen Spreizungsraten ergibt sich eine Besonderheit: „An anderen Rücken wird die Naht mit Schmelze – also vulkanischem Gestein aus oberflächennahen Erdschichten – geschlossen. Am südwestindischen Rücken geschieht dies durch tektonische Prozesse, durch die an Land beispielsweise auch Gebirge entstehen“, erklärt Professor Koepke.
Bei diesem Vorgang dringt Material aus dem Inneren des Planeten – dem Erdmantel – an den Meeresboden durch. „Dieses Mantelgestein ist an der Erdoberfläche sehr selten. Deshalb werden wir Proben entnehmen und mit großem Aufwand analytisch untersuchen“, so der Mineraloge.
Er und sein Team wollen dadurch die Mechanismen besser verstehen, mit denen Erdplatten ultra-langsam voneinander wegdriften. „Wir werden eine Lücke der Grundlagenforschung schließen“, fasst Koepke den Schwerpunkt des LUH-Teams zusammen.
Entstehen soll im Rahmen der Expedition durch die Kooperation der unterschiedlichen Forscherteams eine Karte des Gebietes, für die die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler drei Methoden einsetzen: Sie messen die Topographie, das Schwerefeld und den Magnetismus des Meeresbodens. Weiteres Ziel der Reise ist zu verstehen, weshalb sich dieser Teil des Südwestindischen Rückens, der „Marion Rise“, gegenüber der Umgebung angehoben hat.
„Ein solches Plateau ist eine Anomalie, vergleichbar beispielsweise mit Island“, sagt Koepke und ergänzt: „Es gibt die Theorie, dass das Marion Rise wie Island durch einen Hot Spot entstanden ist – also durch langlebige vulkanische Aktivität im Erdmantel. Wir denken aber, dass es einen anderen Grund gibt, der in der Zeit fußt, als Antarktis und Afrika noch als Kontinent Gondwana zusammenhingen“, so Koepke.
Live-Stream vom Meeresgrund
Der Tauchroboter MARUM-QUEST wird nicht nur Gesteinsproben und Daten für die Wissenschaft sammeln, sondern auch via Internet Live-Bilder von seinen Einsätzen senden. Hierfür kooperieren die Forscherinnen und Forscher mit Museen in ganz Deutschland, die diese besonderen Bilder thematisch passend in Veranstaltungen integrieren. Ergänzt wird der Live-Stream vom Meeresgrund durch Audio-Schaltungen auf das Forschungsschiff.
Das Team steht den Zuschauerinnen und Zuschauern Rede und Antwort. „Ziel ist die Interaktion – Fragen des Publikums sind möglich und erwünscht!“, betont Koepke. Am 18. März 2020 um 17 Uhr findet zudem eine öffentliche Veranstaltung an der Leibniz Universität Hannover statt (Hörsaal 101 in Gebäude 2501, Callinstraße 3-9). Auf der Projekt-Webseite berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler außerdem regelmäßig per Blog über ihre Erlebnisse.
Stürmisches Wetter und hoher Seegang erwartet
Das Marion Rise liegt rund 2.500 Kilometer südöstlich der Südspitze Afrikas und damit im Gebiet der „Roaring Forties“. Dort herrscht unbeständiges Wetter, der Wind erreicht häufig Sturmstärke, der Seegang ist hoch.
Insgesamt werden bei der Expedition 35 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Bord des 115 Meter langen Schiffes sein. Seitens der Leibniz Universität Hannover reisen neben Professor Koepke ein Doktorand sowie zwei Masterstudierende in den Indischen Ozean. Die Koordination der Logistik der Expedition liegt beim MARUM an der Universität Bremen – dies reicht von Themen wie Containertransporte über Gefahrgüter bis hin zur Zollabwicklung.
Das Forschungsschiff SONNE wird seit 2014 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) betrieben. Das BMBF fördert das hinter der Expedition stehende Forschungsprojekt „MARION“ darüber hinaus mit 860.000 Euro.
Beteiligt sind neben der Leibniz Universität Hannover Arbeitsgruppen und einzelne Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von der Freien Universität Berlin, den Universitäten Bremen, Erlangen-Nürnberg und Münster, von der University Helsinki (Finnland), der Tongji University (China), der University of Wyoming, der Florida State University und der Woods Hole Oceanographic Institution (alle USA) sowie von der Università di Modena e Reggio Emilia (Italien).
Für weitere Informationen steht Ihnen Prof. Dr. Jürgen Koepke, Institut für Mineralogie, bis zum 28. Februar 2020 unter Telefon +49 511 762 4084 oder per E-Mail unter koepke@mineralogie.uni-hannover.de gern zur Verfügung. Anschließend ist er während der Reise per E-Mail zu erreichen; Termine für Telefonate per Internet können vereinbart werden.
Die Webseite zur Expedition unter www.geo.uni-hannover.de/de/expedition-marion bietet Informationen rund um die Reise. Texte und Fotos aus dem Blog können verwendet werden – zur Absprache steht Dr. Mona Weyrauch vom Leibniz Forschungszentrum FZ:GEO zur Verfügung unter Telefon +49 511 762 5074 oder per E-Mail unter weyrauch@geo.uni-hannover.de.
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