Unterwasserroboter soll nach einem Jahr in der arktischen Tiefsee auftauchen

Mitglieder der Helmholtz-Allianz ROBEX testen das Unterwasserfahrzeug AWI-Tramper im Becken des DFKI Bremen. Alfred-Wegener-Institut / Lars Grübner

„Auftauchen wird der TRAMPER“, sagt Dr. Frank Wenzhöfer vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) selbstbewusst. Der Biogeochemiker hat den Tiefsee-Crawler gemeinsam mit AWI-Ingenieuren entwickelt und auf einer Polarstern-Expedition am 11. Juli 2016 im Arktischen Ozean ausgebracht.

Für den Fall, dass die Wissenschaftler das Gerät nicht direkt von Bord akustisch ansteuern und aufsteigen lassen können, ist das ROV Kiel 6000 vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel mit an Bord. Das ferngesteuerte Unterwasserfahrzeug kann, im Notfall, den Ballastabwurf mechanisch auslösen und der TRAMPER kommt an die Wasseroberfläche. Einmal aufgetaucht, kann er per GPS und UKW-Peilsender geortet werden und die Polarstern fährt dann zur entsprechenden Position, um den TRAMPER zu bergen.

Wenzhöfers Gedanken kreisen stärker um den Datenschatz, den er sich erhofft: „Ich bin sehr gespannt, ob TRAMPER alle seine vorprogrammierten Messungen wie geplant durchgeführt hat“, sagt der wissenschaftliche Leiter der Polarstern-Expedition und Biogeochemiker in der Helmholtz-Max-Planck-Brückengruppe für Tiefsee-Ökologie und -Technologie.

„Wir haben in der ROBEX-Allianz natürlich bei der Berechnung des Strombedarfs mit einbezogen, dass der Unterwasserroboter ein Jahr lang, ohne jeglichen Kontakt, in rund 2.500 Metern Tiefe extremen Temperaturen von etwa minus 0,8 °C ausgesetzt ist. Da einen solchen Einsatz jedoch vor uns in der Arktis noch niemand gewagt hat, besteht ein Risiko, dass irgendetwas nicht so geklappt hat, wie vorher berechnet“, so Wenzhöfer.

Der wissenschaftliche Auftrag von TRAMPER ist die kontinuierliche Messung der Sauerstoffzehrung am Meeresboden. Jeden Montag fährt er dafür 15 Meter über den Meeresgrund, um eine ungestörte Fläche zu erreichen. Eine Bilderkennungskamera prüft dort die Oberfläche: Sollten Steine oder ähnliches zu erkennen sein, fährt TRAMPER noch einmal einen Meter weiter. Anschließend erfolgt eine hochauflösende Fotografie der Messstelle, bevor die eigentliche Messung beginnt.

Dabei werden Sensoren in kleinen Schritten von 0,1 Millimeter in das Sediment gefahren, die die Sauerstoffverteilung in den oberen zehn Zentimetern Meeresboden messen. Anschließend geht das Gerät für eine Woche in den Ruhezustand, damit die Energie für die über 52 Wochen Messzyklus reicht. Die übergeordnete Fragestellung der Sauerstoffmessungen ist, wie der Kohlenstoffkreislauf im Meer genau funktioniert, die Organismen am Meeresboden mit Nahrung versorgt werden und welche Veränderungen im Zuge des Klimawandels auftreten [weitergehende Infos: AWI-Pressemitteilung vom 18.07.2016]. Die Wissenschaftler planen, die Daten auszulesen, den TRAMPER mit neuen Sensoren und Batterien zu bestücken und ihn ein weiteres Jahr im Langzeitobservatorium AWI-Hausgarten einzusetzen.

„Besonders spannend wird die Expedition auch für die ROBEX-Weltraumforscher, die teilweise erstmals auf einem Schiff arbeiten“, sagt die ROBEX-Koordinatorin Martina Wilde (ROBEX steht für Robotische Exploration unter Extrembedingungen). Sie erproben gemeinsam mit Tiefseeforschern weitere innovative Schlüsseltechnologien. So sollen zwei große Brüder von TRAMPER erstmals in der arktischen Tiefsee eingesetzt werden: der ebenfalls am AWI entwickelte NOMAD und der autonome Crawler VIATOR der unter der Führung vom GEOMAR gemeinsam mit Airbus und dem Deutschen Zentrum für künstliche Intelligenz (DFKI) entworfen und getestet wurde.

VIATOR geht von seiner Basisstation MANSIO aus auf wissenschaftliche Erkundungsfahrt und findet mithilfe von Navigationssoftware und –markern aus der Raumfahrt selbständig zurück zu seiner „Garage“. Das MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen, Airbus und die Universität Würzburg haben gemeinsam einen Gleiter entwickelt, dessen besondere Herausforderungen in dem konstruktiven Design eines Unterwasser-Nurflüglers und dessen Steuerung liegen, die eine räumlich hochauflösende Untersuchung der oberen Ozeanschicht ermöglichen.

Weiterentwickelte unbemannte Luftfahrzeuge des AWI und der Universität Würzburg sollen das autonome Unterwasserfahrzeug PAUL vom AWI bei der Navigation in schwer zugänglichen, eisbedeckten Regionen unterstützen. Außerdem wird das „Lab on a Chip“ getestet, ein hochintegriertes, miniaturisiertes Analysegerät für chemische Messungen, das sowohl in unterschiedlichen Unterwassertechnologien, als auch in zukünftigen Raumfahrtsystemen eingebaut werden kann. Unterstützt und beobachtet werden alle diese Neuentwicklungen vom ROV Kiel 6000 des GEOMAR, einem ferngesteuerten Unterwasserfahrzeug mit Video- und Kamerasystemen.

Auf dieser Polarstern-Expedition betreten die Weltraum- und Tiefseeforscher mit vielen ihrer Technologien Neuland. „Die Zusammenarbeit in der Allianz ist für beide Seiten total spannend, weil wir so viel voneinander lernen können“, berichtet Martina Wilde. „So unterschiedlich der Weltraum und die Tiefsee auf den ersten Blick sind: Beides sind extreme Lebensräume, für deren Erkundung wir neue Technologien benötigen“, so die ROBEX-Koordinatorin, die hofft, dass diese Tiefsee Demonstrations-Mission ebenso erfolgreich wird, wird die Tests der Weltraumtechnologien, die im Juni 2017 auf dem Vulkan Ätna stattfanden.

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