Vulkankessel auf Island bricht Rekorde

Der Bardabunga-Ausbruch auf Island spie mehr als zwei Kubikkilometer glühendes Gestein und Asche aus. Foto: GFZ

Der Ausbruch des isländischen Vulkans Bárdarbunga hat vor gut zwei Jahren viele Rekorde gebrochen: Es war der stärkste seit mehr als 240 Jahren in Europa. Das Loch, das er hinterließ – die so genannte Caldera –, ist der größte Caldera-Einbruch, der je direkt beobachtet wurde.

Und: Forscherinnen und Forscher haben die Eruption so genau untersucht wie keinen anderen Ausbruch je zuvor. Mit dabei waren mehrere Wissenschaftler des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ, die gemeinsam mit dem Erstautor Magnus T. Gudmundsson (University of Iceland) und Kollegen jetzt in der Fachzeitschrift SCIENCE ihre Ergebnisse vorstellen.

Von August 2014 bis Februar 2015 entstand im Zentrum von Island die Bárdarbunga-Caldera als Folge des größten europäischen Vulkanausbruchs seit 1784. Calderen sind kesselförmige vulkanische Strukturen mit einem Durchmesser von einem Kilometer bis zu 100 Kilometern. Sie entstehen durch den Einsturz oberflächennaher Magmakammern während einer Vulkaneruption.

Da ihre Entstehung selten ist, ist auch das Wissen über sie nur sehr begrenzt. Als Teil eines internationalen Teams haben GFZ-Wissenschaftler der Sektion Erdbeben- und Vulkanphysik die Entstehung der Caldera genau dokumentiert. Sie nutzten dafür unter anderem Satellitenbeobachtungen, seismologische und geochemische Daten sowie GPS-Informationen und Modellrechnungen.

Grund für die Absenkung war das unterirdische Ausfließen von Magma aus einem Reservoir in einer Tiefe von 12 Kilometern. Die Magmakammer leerte sich über einen langen, unterirdischen Kanal im Gestein und brach als Lavafluss im Nordosten des Vulkans, 45 Kilometer entfernt, an die Oberfläche. Begleitet wurde das Absinken von 77 Erdbeben mit Magnituden von mehr als M 5.

In ihrer Studie zeigen die WissenschaftlerInnen, wie die Bodensenkung sich innerhalb von sechs Monaten bis auf eine Größe von acht mal elf Kilometern ausdehnt und dabei 65 Meter hinunterrutscht. „Mit einer Fläche von etwa 110 Quadratkilometern ist dies der größte Caldera-Einbruch, der je instrumentell beobachtet wurde. Die Ergebnisse liefern das bisher deutlichste Bild von Ursprung und Entwicklung dieses rätselhaften geologischen Prozesses”, sagt Dr. Eoghan Holohan, der die Modellierungsarbeiten am GFZ aus den gewonnenen Daten geleitet hat.

Dr. Sebastian Heimann vom Deutschen GeoForschungsZentrum untersuchte die Ursprungsmechanismen des Absenkens mit seismologischen Methoden: „Die typische Struktur von Erdbebenwellen bei Vulkanausbrüchen lässt sich nutzen, um daraus die Vorgänge in der Tiefe, direkt über der Magmakammer, abzuleiten.“ Sein Resultat: der Untergrund besteht aus steil abfallenden Ringstrukturen im Gestein, die das Absenken in der Tiefe gesteuert haben.

Eine weitere Überraschung für die Geoforscher war das Verhalten des Magmas im erwähnten langen Kanal: „Interessant ist, dass der Ausbruchsort und die 45 Kilometer entfernte Magmakammer hydraulisch gekoppelt waren“, erläutert Dr. Thomas Walter (GFZ). Das könne man sich vorstellen wie eine riesige Schlauchwaage, nur eben nicht mit Wasser, sondern mit Magma gefüllt. Erschütterungen am Ausbruchsort pflanzten sich dann ans andere Ende in die Magmakammer fort und umgekehrt.

Diese Kammer liegt unter dem größten Gletscher Europas, dem Vatnajökull, und die Absenkung selbst war mit Eis gefüllt. Thomas Walter sagt: „Das war auch Glück im Unglück. Wäre der Ausbruch direkt unter dem Eisschild erfolgt, hätte es zu einer Wasserdampfexplosion kommen können. Dann wären wir vielleicht mit einer noch deutlich größeren und länger andauernden Aschewolke konfrontiert gewesen als seinerzeit beim Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull im Jahr 2010.“ Denn der Bárdarbunga-Ausbruch 2014/2015 spie über zwei Kubikkilometer glühendes Gestein aus, fast zehnmal mehr als der Eyjafjallajökull.

Die Geoforscher erhoffen sich aus den Daten Einblicke in die bisher weitgehend unerforschten Vorgänge der Entstehung solcher Calderen. Die damit verbundenen Ausbrüche von Vulkanen können noch viel größere Ausmaße annehmen. Sie sind zwar selten, haben aber dafür enorme Folgen. Gewaltige Entladungen können beispielsweise unter dem Yellowstone oder in den Anden entstehen – mit weltweiten Auswirkungen.

Vor genau 200 Jahren führten der Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora und der damit verbundene Einsturz seiner Magmakammer zu einer weltweit messbaren Druckwelle in der Atmosphäre und zu einem gewaltigen Tsunami. In der Folge verursachten die in der Stratosphäre schwebenden Aerosole und Asche weltweit das „Jahr ohne Sommer“ 1816.

Titel der Studie:
Gudmundsson, Magnus T. et al.: Gradual caldera collapse at Bárdarbunga volcano, Iceland, regulated by lateral magma outflow. Science, 15. Juli 2016

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Josef Zens Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ

Weitere Informationen:

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