Wissenschaftlicher Taucheinsatz im Toten Meer: Der Salzsee ist in Gefahr

Uferbereich des Toten Meeres in der Nähe von En Gedi mit dem Judäischen Gebirge im Hintergrund (israelische Seite; Teil des Westjordanlandes) TU Bergakademie Freiberg / Mandy Hoyer

Wissenschaftliche Taucher von der TU Bergakademie Freiberg waren gemeinsam mit Forschern des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) sowie Mitarbeitern des Unternehmens EvoLogics vor Ort, um Frischwasserzutritte am Seeboden zu finden, die helfen können, das System besser zu verstehen.

Das Ökosystem und die es verändernden Prozesse besser zu verstehen – das war das Ziel des Forschungseinsatzes in Israel. Prof. Broder J. Merkel, Dr. Thomas Pohl und M.Sc. Mandy Hoyer vom Scientific Diving Center (SDC) der TU Bergakademie Freiberg hatten es bei Ihrem Einsatz im Toten Meer nicht leicht. Wüstenklima, die angespannte politische Situation sowie die extremen Bedingungen im und um das Wasser machten die Arbeit vor Ort zu einer Herausforderung.

„Die hohe Dichte des Wassers und der damit verbundene Auftrieb sowie die Aggressivität der Sole stellten zusätzliche Herausforderungen für das Arbeiten unter Wasser dar“, erklärt Prof. Broder J. Merkel. Das Wasser weist Salzgehalte von durchschnittlich 28 Prozent auf – fast zehnmal höher als die der Weltmeere. Ohne ein Zusatzgewicht von etwa 60 Kilogramm (größtenteils in Form von Bleigewichten) pro erwachsenen Taucher ist der Tauchgang nicht möglich.

Das Scientific Diving Center der TUBAF bildet Wissenschaftler für wissenschaftliche Einsätze unter Wasser aus; allerdings sei laut Prof. Merkel ein Taucheinsatz unter solch extremen Bedingungen wie im Toten Meer eher die Ausnahme.

Vor Ort wollten die Freiberger Forscher zusammen mit Wissenschaftlern des UFZ und der Firma EvoLogics erkunden, welche Folgen die Absenkung des Wasserspiegels des Toten Meeres auf die Region und insbesondere das Grundwasser in der Region hat. Dies ist auch Ziel des Helmholtz-Verbundprojektes DESERVE (www.deserve-vi.net), in dem Hydrogeologen des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung seit mehreren Jahren die hydrogeochemische und isotopische Zusammensetzung der Grundwässer in Zusammenarbeit mit Mikrobiologen vom IGB Berlin untersuchen. Seit 2012 existiert die Zusammenarbeit der Taucher vom SDC mit den Kollegen vom UFZ.

Das Tote Meer ist, entgegen seinem Namen, kein Meer, sondern ein abflussloser See. In der Region herrscht Wüstenklima und so verdunstet permanent Wasser von der Seeoberfläche und der Wasserspiegel sinkt, wenn er nicht durch Zuflüsse ausgeglichen wird. Diese natürlichen Zuflüsse werden durch menschliches Zutun verändert: Wasser aus dem Jordan, dem Hauptzufluss zum Toten Meer, wird abgeleitet und für Bewässerungsmaßnahmen in der Landwirtschaft sowie für Industrie und private Haushalte genutzt.

Das Wasser aus dem Toten Meer selbst wird verdampft, um aus den Rückständen Kalium, Brom, Magnesium und Jod sowie als heilend angepriesene Salze zu gewinnen. All das führt in Summe dazu, dass der Seespiegel dramatisch sinkt. Im Vergleich zu 1980 liegt der Wasserspiegel nun nicht mehr nur 400 Meter unter dem Meeresspiegel, sondern heute bei -428 Meter. In den letzten beiden Jahren sank er um ca. drei Meter; Prognosen gehen davon aus, dass das Tote Meer in 50 Jahren verschwunden sein könnte, wenn die Übernutzung der Wasserressourcen weiterhin in diesem Tempo voranschreitet.

Und das hat weitreichende Konsequenzen für Mensch und Umwelt in der Region. Denn das Wasser des Toten Meeres ist hydraulisch mit dem umliegenden Grundwasser verbunden. Sinkt der Seespiegel, wird automatisch auch der Grundwasserspiegel abgesenkt – die ohnehin schon knappe Ressource Wasser wird noch rarer. Eine weitere Konsequenz sind massive Einbrüche an der Erdoberfläche.

Die wissenschaftlichen Taucher der TU waren nun auf der Suche nach Frischwasserzutritten, die unter Wasser im Küstenbereich in das Tote Meer fließen. Diese kann man aufgrund von Temperatur- und Dichteunterschieden schon an der Seeoberfläche erkennen. Die Wissenschaftler wollen die einströmenden Wässer sowohl quantitativ als auch qualitativ charakterisieren, um zu verstehen, wie der fallende Wasserspiegel das System verändert.

Die genommenen Wasserproben werden nun in Freiberg, Leipzig und Bremen auf Haupt- und Spurenelemente, anorganischen und organischen Kohlenstoffgehalt, Wasserstoff-, Sauerstoff- und Schwefelisotope sowie die DNA von Mikroorganismen untersucht. Denn das Tote Meer ist zwar kein Lebensraum für Fische, aber dennoch keineswegs tot; insbesondere im Bereich der Frischwasserzutritte gibt es Mikroorganismen. Es bleibt also spannend, welche Erkenntnisse die Ergebnisse bringen werden.

Weitere Informationen:

http://tu-freiberg.de/presse/wissenschaftlicher-taucheinsatz-im-toten-meer

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Madlen Domaschke idw - Informationsdienst Wissenschaft

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