Wo man hinschaut: Mammutfunde – Maximale Mammutverbreitung während der letzten Eiszeit

Kompletter linker Stoßzahn eines eiszeitlichen Fellmammuts (Mammuthus primigenius) aus der Sibirischen Arktis der Tajmyr-Halbinsel. © R.-D. Kahlke/ Senckenberg Weimar

Mammute sind die Symbolfiguren für die Eiszeit – diesen Status haben die zotteligen Rüsseltiere nun auch wissenschaftlich bestätigt. „Die aktuellen Forschungsergebnisse belegen, dass Mammute während der letzten Eiszeit die räumlich am weitesten verbreiteten Großsäuger waren und zu Recht als eiszeitliche Charaktertiere gelten“, erklärt Prof. Dr. Ralf-Dietrich Kahlke, Eiszeitforscher der Senckenberg Forschungsstation für Quartärpaläontologie in Weimar.

Kahlke hat die Verbreitung der Mammute während der letzten Eiszeit, der Zeit zwischen etwa 110.000 und 12.000 Jahren vor heute, in einer Weltkarte zusammengefasst. Insgesamt kommt der Weimarer Paläontologe auf eine Fläche von 33.301.000 Quadratkilometer, über die die Großsäugetiere verbreitet waren – fast das 100fache der heutigen Fläche Deutschlands.

Von Portugal im Südwesten über Mittel- und Osteuropa, die Mongolei, Nordchina, Südkorea und Japan bis nach Nordost-Sibirien, weiter bis zum amerikanischen Mittelwesten und Ost-Kanada, von den Schelfregionen des arktischen Ozeans und Nordwest-Europa bis auf den Grund der heutigen Adria und zu den Gebirgen der Krim: Überall wurden fossile Reste der Fellmammute entdeckt!

„Wir haben die berechnete Verbreitungsfläche auf die damalige reale Landoberfläche bezogen und so die bisher exakteste Karte zu den weltweiten Lebensräumen der Fellmammute erarbeitet“, erklärt Kahlke und ergänzt: „Solche detaillierten Kenntnisse über die Verbreitungsgebiete gibt es selbst für zahlreiche heute lebende Tierarten nicht.“

Grundlage für die entstandene Karte ist die jahrzehntelange Bestandsaufnahme tausender Fundstellen auf drei Kontinenten. „Auch Fundstellen unter Wasser, vor der nordamerikanischen Atlantikküste und der Nordsee, wurden berücksichtigt. Diese Gebiete waren während der Eiszeit durch die niedrigeren Meeresspiegelstände – große Wassermengen der Erde waren in den Gletschern gebunden – trocken gefallen und wurden ebenfalls von Mammuthus primigenius besiedelt“, berichtet Kahlke.

Einzig der eiszeitliche Bison (Bison priscus) brachte es auf eine ähnlich weite Verbreitung wie die Mammute. Kahlke hierzu: „Die Bisons waren deutlich vielgestaltiger als die Fellmammute. Offenbar war die Toleranz der Mammute gegenüber verschiedenen Umweltfaktoren höher und sie konnten sich in durchaus unterschiedlichen Offenlandschaften ebenfalls sehr erfolgreich behaupten.“

Doch auch bei den haarigen Dickhäutern gab es einige Faktoren, die die Ausbreitung limitierten: Gletscher, Gebirgsketten, Halbwüsten und Wüsten, aber auch Veränderungen des Meeresspiegels oder Wechsel in der Vegetation begrenzten die Verbreitung der Mammute. „Die Analyse dieser einschränkenden Faktoren ist nützlich, um die Verbreitung von fossilen Tierarten und deren Aussterben – wie bei den Mammuten zum Ende der letzten Eiszeit – zu verstehen. Zudem helfen uns die Daten aktuelle Veränderungen der Verbreitungsräume heutiger Tierarten zu begreifen“, fasst Kahlke zusammen.

Kontakt
Prof. Dr. Ralf-Dietrich Kahlke
Senckenberg Forschungsstation für Quartärpaläontologie
Tel. 03643- 493093330
rdkahlke@senckenberg.de

Judith Jördens
Pressestelle
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Tel. 069- 7542 1434
pressestelle@senckenberg.de

Publikation
Kahlke, R.-D., The maximum geographic extension of Late Pleistocene Mammuthus primigenius (Proboscidea,
Mammalia) and its limiting factors, Quaternary International (2015), http://dx.doi.org/10.1016/j.quaint.2015.03.023

Die Natur mit ihrer unendlichen Vielfalt an Lebensformen zu erforschen und zu verstehen, um sie als Lebensgrundlage für zukünftige Generationen erhalten und nachhaltig nutzen zu können – dafür arbeitet die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung seit nunmehr fast 200 Jahren. Diese integrative „Geobiodiversitätsforschung“ sowie die Vermittlung von Forschung und Wissenschaft sind die Aufgaben Senckenbergs. Drei Naturmuseen in Frankfurt, Görlitz und Dresden zeigen die Vielfalt des Lebens und die Entwicklung der Erde über Jahrmillionen. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main wird von der Stadt Frankfurt am Main sowie vielen weiteren Partnern gefördert.

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