Wunschdenken und Rückschaufehler beeinflussen politische Einschätzungen

Die letzte Bundestagswahl ist längst Vergangenheit und in der Rückschau sieht mancher manches anders als vorher. Leipziger und Hannoveraner Psychologen nahmen sich dieses Themas an und starteten via Internet eine Umfrage nach der Wahrnehmung der Wahl im Vorfeld und in der Rückschau. Die vermeintlichen Wahlchancen der Parteien spielten dabei ebenso eine Rolle wie Persönlichkeitsaspekte der Befragten, die eventuell mit ihrer politischen Orientierung und ihrer Wahrnehmung im Zusammenhang stehen.

Die Umfrage zur Bundestagswahl 2002 wurde durchgeführt von Prof. Dr. Gernot von Collani, PD Dr. Hartmut Blank (beide Universität Leipzig) sowie PD Dr. Volkhard Fischer (Medizinische Hochschule Hannover) und umfasst den Zeitraum vom Juli bis Ende September 2002. Sie diente ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken und hatte keinen externen Auftraggeber (z.B. Parteien oder Medien).

Gegenstand der Studie war die Wahrnehmung der Wahl im Vorfeld und in der Rückschau (Wahlchancen der Parteien, Regierungsbildung, politische Entwicklung im Vorfeld, Vorhersehbarkeit des Wahlausgangs usw.), die politische Orientierung und einige Persönlichkeitsaspekte der Befragten, die evtl. mit ihrer politischen Orientierung und ihrer Wahrnehmung der Wahl im Zusammenhang stehen.

Die Studie wurde anonym zu zwei Erhebungszeitpunkten durchgeführt, der erste im Zeitraum von Juli bis Anfang September `02 und der zweite Mitte / Ende September `02, also kurz vor bzw. nach der Wahl am 22. September. Über 250 Personen nahmen sowohl am ersten als auch am zweiten Erhebungszeitpunkt teil.

Zum 1. Erhebungszeitpunkt wurden die TeilnehmerInnen (a) nach Prognosen für den Wahlausgang sowie zu (b) ihrer Parteienpräferenz und (c) einigen Persönlichkeitsaspekten gefragt. Zum 2. Untersuchungsteil (für manche kurz vor, für manche kurz nach der Wahl) wurden sie (a) gebeten, sich an ihre Prognosen vom letzten Mal zu erinnern und einige Fragen zu (b) ihrer Wahrnehmung des Wahlausgangs, (c) wiederum einigen weiteren Persönlichkeitsaspekten sowie (d) noch einmal zu ihrer Parteienpräferenz zu beantworten.

Über 600 Personen haben am 1. Untersuchungsteil teilgenommen, davon noch knapp die Hälfte am 2. Untersuchungsteil. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer/innen waren männlich (die übliche Internet-Quote bei solchen Untersuchungen), das Alter reichte von 14 bis 69 Jahren. Die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer/innen hatte Abitur, ca. 40% einen Hochschulabschluss.

Zwei hauptsächliche Fragestellungen standen im Mittelpunkt des Forschungsinteresses, von denen allerdings vermutlich nur die erste für die Befragten offensichtlich war:

1. Es sollte sollte überprüft werden, ob es bestimmte Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsmerkmalen, sozialpolitischen Einstellungen und politischen Präferenzen gibt.

2. Zum anderen ging es in der Untersuchung um ein Phänomen, das als „Rückschaufehler“ oder auch „Ich hab’s schon immer gewusst“- Phänomen bezeichnet wird. Damit ist die Tendenz gemeint, in der Rückschau – also wenn ein Ereignis (z.B. die Bundestagswahl) stattgefunden hat – zu glauben, dass man den Ausgang vorher bereits richtig vorhergesehen hatte. Relativ oft ist diese Überzeugung aber unbegründet, wie sich in früheren Studien in unterschiedlichen Bereichen wiederholt gezeigt hat.

Die ersten Ergebnisse der Studie können per Fax oder per Mail abgefordert werden.

weitere Informationen:
Prof. Dr. Gernot von Collani
Telefon: 0341/9735964
E-Mail: collani@rz.uni-leipzig.de
und
Dr. Hartmut Blank
Telefon: 0341/9735984
E-Mail: blank@rz.

Media Contact

Dr. Bärbel Adams Universität Leipzig

Weitere Informationen:

http://www.uni-leipzig.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Gesellschaftswissenschaften

Der neueste Stand empirischer und theoretischer Erkenntnisse über Struktur und Funktion sozialer Verflechtungen von Institutionen und Systemen als auch deren Wechselwirkung mit den Verhaltensprozessen einzelner Individuen.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Demografische Entwicklung, Familie und Beruf, Altersforschung, Konfliktforschung, Generationsstudien und kriminologische Forschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Sensoren für „Ladezustand“ biologischer Zellen

Ein Team um den Pflanzenbiotechnologen Prof. Dr. Markus Schwarzländer von der Universität Münster und den Biochemiker Prof. Dr. Bruce Morgan von der Universität des Saarlandes hat Biosensoren entwickelt, mit denen…

3D-Tumormodelle für Bauchspeicheldrüsenkrebsforschung an der Universität Halle

Organoide, Innovation und Hoffnung

Transformation der Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) bleibt eine der schwierigsten Krebsarten, die es zu behandeln gilt, was weltweite Bemühungen zur Erforschung neuer therapeutischer Ansätze anspornt. Eine solche bahnbrechende Initiative…

Leuchtende Zellkerne geben Schlüsselgene preis

Bonner Forscher zeigen, wie Gene, die für Krankheiten relevant sind, leichter identifiziert werden können. Die Identifizierung von Genen, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist eine der großen…