Arbeitslosigkeit von Akademikern – ein europäisches Phänomen
„Ich bin sehr gut qualifiziert – und trotzdem finde ich keinen Job.“ Auf solche Aussagen trifft man heute immer wieder, denn die Arbeitslosigkeit unter Akademikern ist in den vergangenen zwei Jahren drastisch angestiegen. Studium, Auslandsaufenthalte, Berufserfahrung oder Zusatzqualifikationen schützen heute niemanden mehr vor Arbeitslosigkeit. Ein Phänomen, das sich europaweit beobachten lässt.
Eine Befragung des Karriereportals StepStone unter mehr als 6.000 europäischen Jobsuchenden in sieben Ländern bestätigt die aktuelle Entwicklung: Knapp zwei Drittel der Befragten haben trotz ihrer hervorragenden Qualifikationen große Probleme, einen Job zu finden. Weitere 16 Prozent, die sich selbst als durchschnittlich qualifiziert einschätzen, rechnen sich aufgrund der großen Konkurrenz auf dem Bewerbermarkt keinerlei Chancen auf einen neuen Job aus. Als besonders dramatisch empfinden belgische Bewerber die derzeitige Lage: Drei Viertel der Arbeitnehmer glauben, dass ihre überdurchschnittliche Ausbildung die Jobsuche nicht leichter macht. Mehr als 60 Prozent der Deutschen, Schweden und Norweger schätzen die Situation ähnlich ein.
„Noch einige Jahre zuvor von Headhuntern heiß umworben, ist für viele Topkandidaten das Leben auf der Überholspur vorbei. Die meisten haben heute Schwierigkeiten, sich aus der Masse der High Potentials hervorzuheben und überhaupt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. In unserer Datenbank befinden sich derzeit mehr als eine Millionen topqualifizierte Kandidaten aus allen Berufsfeldern. Für Unternehmen war es nie leichter, so hervorragende Mitarbeiter zu finden“, kommentiert Ralf Baumann die aktuelle Lage.
Offensichtlich scheinen die Unternehmen zumindest in einigen Ländern aus der für sie positiven Situation noch keinen maximalen Vorteil zu ziehen: Rund ein Drittel der Befragten in Italien, Dänemark, Schweden und Norwegen haben nicht den Eindruck, dass die Erwartungen der Unternehmen an die persönlichen Qualifikationen aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit größer geworden sind. Anders schätzen die Belgier oder die Deutschen die aktuelle Entwicklung ein: Hier glauben nur elf, bzw. 19 Prozent, dass die Ansprüche der Firmen nicht gestiegen sind und dass es lediglich mehr Bewerber auf vakante Positionen gibt.
Aufgrund der Insolvenz zahlreicher Unternehmen der New Economy stehen heute europaweit immer mehr Hochschulabsolventen auf der Straße: In Deutschland waren im vergangenen Jahr 24 Prozent mehr arbeitslose Akademiker als im Jahr zuvor zu verzeichnen. Damit ist die Zahl der arbeitslosen Universitätsabsolventen viermal stärker angestiegen als die der generellen Erwerbslosigkeit. In Dänemark führt bereits bei jedem zweiten frischgebackenen Akademiker der Weg zum Arbeitsamt, und in den Niederlanden beträgt der Anteil der Hochschul- und Fachholschulabsolventen an der Gesamtzahl der Arbeitslosen schon 9,5 Prozent.
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