Wahrnehmung und Handlung sind nicht voneinander isoliert
Magdeburger Wissenschaftler veröffentlichen in Nature Neuroscience
Objekte zu erkennen lernen, wird zunächst nur mit Wahrnehmungsleistungen assoziiert. Oft ist die Wahrnehmung eines bestimmten Objekts aber auch mit einer bestimmten Handlung verknüpft. Die Wahrnehmung einer roten Ampel bedeutet für Autofahrer in der Regel das Betätigen der Bremse. Die neuronalen Prozesse, die dieser Verknüpfung von Wahrnehmung und Handlung zugrunde liegen, haben Prof. Dr. Stefan Pollmann und Diplompsychologin Marianne Maertens vom Institut für Psychologie II an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg mittels eines bildgebenden Verfahrens, der ereigniskorrelierten Magnetresonanztomographie, untersucht. Die Ergebnisse dieser Forschungen werden in der renommierten Zeitschrift Nature Neuroscience veröffentlicht (Shift of activity from attention to motor-related brain areas during perceptual learning, im Internet unter http://www.nature.com/neuro/index.html).
Die Probanden erlernten in einer Reihe von fünf Experimentalsitzungen eine schwierige visuelle Musterunterscheidung. Durch eine manuelle Reaktion mussten sie die Gleichheit oder Verschiedenheit zweier Muster anzeigen. Im Laufe des Experiments beobachteten die Wissenschaftler eine Abnahme der Aktivierung in einem Areal des posterioren Parietalkortex, das aufmerksamkeitsfordernde visuelle Prozesse unterstützt. Umgekehrt war eine Zunahme der Aktivierung in motorischen Arealen, die die Planung und Ausführung von Handbewegungen möglich machen, erkennbar. Je weniger Aufmerksamkeit die Mustererkennung im Laufe des Lernens forderte, umso mehr stieg die motorische Aktivierung. Dieses gegenläufige Aktivierungsmuster zeigt, dass neuronale Prozesse der Wahrnehmung und Handlung nicht voneinander isoliert sind, sondern in einer Weise miteinander interagieren, die es erleichtert, angemessen auf die Wahrnehmung eines Objektes zu reagieren.
Die Forschungen von Prof. Dr. Stefan Pollmann, seit November 2004 Professor für Allgemeine Psychologie an der Universität Magdeburg, richten sich darauf, zu verstehen wie Menschen ihre Umwelt wahrnehmen, wie aus einer Flut von Sinneseindrücken jene Informationen herausgefiltert werden, die gerade von Belang sind, wie Regelhaftigkeiten in der Umwelt entdeckt und für die Orientierung genutzt werden. Nach seinem Studium in Göttingen war Stefan Pollmann für ein Jahr an der University of California, Los Angeles. An der Universität München promovierte er zu semantischen Gedächtnisstörungen bei Alzheimer-Demenz. Arbeiten zur räumlichen Orientierung bei hirngesunden Probanden und „split brain“-Patienten führten zur Habilitation an der FU Berlin für das Fach Psychologie. Am Leipziger Max-Planck-Institut für neuropsychologische Forschung half er, die funktionelle Magnetresonanztomographie zu etablieren.
Dipl.-Psych. Marianne Maertens erforscht als Doktorandin in der Arbeitsgruppe von Professor Pollmann neuronale Korrelate perzeptueller Lernprozesse, zur Zeit ist sie für einen Forschungsaufenthalt am Center for Neural Science der New York University beurlaubt.
Für weitere Fragen steht gern zur Verfügung:
Prof. Dr. Stefan Pollmann,
Institut für Psychologie II,
Fakultät für Naturwissenschaften,
Tel.: 0391 67-18474,
E-Mail: stefan.pollmann@nat.uni-magdeburg.de
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