Wenn Kulturen aufeinander treffen
Psychologinnen der TU Berlin untersuchen, wie Touristen indigenen Kulturen behutsamer begegnen können
Die Globalisierung verändert und destabilisiert zunehmend auch die indigenen Gesellschaften, wie die Ureinwohner aller Kontinente heute genannt werden. Zwischen der Industriekultur und den Traditionen der indigenen Kulturen herrscht ein Dominanzgefälle, das den letzteren die Stabilität nimmt. Bei diesem Kulturtransfer spielen körperbezogene Elemente eine große Rolle. Eine Diplomarbeit aus der Psychologie der TU Berlin, die auf dem Kongress „Innovationen und Reproduktionen in Kulturen und Gesellschaften“ (IRICS) vom 9. – 11. Dezember 2005 in Wien vorgestellt wird, beschäftigt sich mit diesem Thema.
Bei Begegnungen von Touristen und indigenen Gesellschaften senden die Menschen aus der Industriekultur destabilisierende Impulse aus, die einen starken sozialen Druck ausüben. Die Indigenen geben dadurch häufig ihre bisherige Kultur auf und übernehmen globalisierte Identitätsmerkmale.
Die Psychologiestudentinnen Antje Fornalski und Constanze Vielgosz erhoben in einer quasi-experimentellen Feldsituation Daten, um die Faktoren zu untersuchen, die die Besucher hindern, ihr Verhalten anzupassen und die damit die Destabilisierung der indigenen Kultur fördern. Sie wollen Faktoren ermitteln, die eine unschädliche Begegnung zwischen Indigenen und Touristen – den so genannten minimal invasiven Tourismus – sinnvoll unterstützen können. Auf der Basis ihrer Ergebnisse wollen die Studentinnen mögliche Interventionsmaßnahmen vorschlagen.
Nach der Theorie des Psychologen Hans Dieter Mummendey wird die Selbstdarstellung der Touristen in den besuchten Kulturen sehr subjektiv wahrgenommen. Nach Mummendeys Theorie schließen Individuen zum großen Teil das Bild, das sie von sich haben, aus den Reaktionen anderer Personen ihnen gegenüber. Auf diese Weise habe Selbstdarstellung wiederum Auswirkungen auf das Selbstbild des Individuums. Bei einer Begegnung der dominierenden Industriekultur mit Menschen der indigenen Kultur fühlen sich die Einheimischen durch die fremden Selbstdarstellungsnormen unterlegen und passen sich an, entgegen ihren traditionellen Lebensformen.
Selbstdarstellung ist ein wichtiger Teil der Identitätswandlung und somit auch Zeichenträger von Zugehörigkeit und sozialer Identität. Eine integrative Art der Begegnung, so Antje Fornalski und Constanze Vielgosz, könnte auch bei den Touristen zu neuen bedeutsamen und befruchtenden Erfahrungen führen.
Weitere Informationen erteilen Ihnen gern:
Dr. Arnold Groh, Institut für Sprache und Kommunikation der TU Berlin, Arbeitsstelle für Semiotik, Ernst-Reuter-Platz 7, 10587 Berlin, Telefon: 030/8 22 78 54 (in Berlin), Fax: 030/8 22 78 54, Telefon: 05221/8 64 76 (in Her-ford), E-Mail: a.groh@berlin.de,
Antje Fornalski, Institut für Sprache und Kommunikation der TU Berlin, Arbeitsstelle für Semiotik, Ernst-Reuter-Platz 7, 10587 Berlin, Telefon: 030/42 01 54 31, E-Mail: fornalski@gmx.net, Internet: >www.inst.at/irics/sektionen_g-m/groh.htm>
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