Kassels Umlandgemeinden "altern" stärker. UNIK-Wissenschaftler zeigt Trend und mögliche Konsequenzen
Die Umlandgemeinden der Großstadt Kassel werden in nächster Zukunft einen deutlich höheren Anteil alter Menschen haben als Kassel selbst. Auf diese Zahlen hat der Kasseler Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Fred Karl als ein Ergebnis der jetzt veröffentlichten Bertelsmannstudie zur demografischen Entwicklung verwiesen.
Die Umlandgemeinden der Großstadt Kassel werden in nächster Zukunft einen deutlich höheren Anteil alter Menschen haben als Kassel selbst. Auf diese Zahlen hat der Kasseler Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Fred Karl als ein Ergebnis der jetzt veröffentlichten Bertelsmannstudie zur demografischen Entwicklung verwiesen. Karl hatte jüngst seine Untersuchung „Älter werden in Schauenburg“ vorgestellt, die sich wandelnde Vorstellungen und vom Leben im Alter zu Tage gebracht hatte.
„Der Stadt Kassel, seit zwei Jahrzehnten eine der bundesdeutschen Städte mit dem höchsten Altersdurchschnitt, stehen weniger gravierende Alterungsprozesse als den Gemeinden und Landkreisen im Umland ins Haus“, sagt Karl und verweist auf die Zahlen der Bertelsmann-Studie: Spürbarer „ergraut“ zum Beispiel das in den 60er Jahren noch so junge Baunatal. Sind in beiden Städten derzeit jeweils ein Viertel der Bevölkerung im Alter über 60 Jahren (genau: 25,6 %), so wird in Baunatal in 15 Jahren jede dritte Person (33,7 %) über diesem Alter sein. In Kassel sind es dann 29 %.
Den kommenden Unterschied in beiden Städten macht ein Durchschnittsmaß noch deutlicher. Derzeit ist in Kassel jeweils die Hälfte der Bevölkerung unter und die andere Hälfte über dem Alter von 41 Jahren (in Baunatal 42 Jahre). Im Jahre 2020 wird sich die Szene verändert haben: dieser sog. Medianwert liegt dann für Kassel bei 44 Jahren, bei Baunatal jedoch bei 49 Jahren. Die Entwicklung bei den Hochaltrigen weist noch stärkere Unterschiede auf. In Baunatal verdoppelt sich der Anteil der über 80-Jährigen von derzeit 3,4 % auf 8,7 % der Einwohnerschaft. In Kassel jedoch lag dieser Anteil bereits seit Jahren schon relativ hoch und verändert sich von derzeit 5,8 nur noch um einen Prozentpunkt auf 6,9 in fünfzehn Jahren. In absoluten Zahlen geht in Kassel zwischenzeitlich die Zahl der über 80-Jährigen sogar leicht zurück, erst nach 2015 steigt sie wieder deutlich an.
„Der jahrelange hohe Altersanteil in Kassel hat in den letzten Jahren zum Neubau von Alten- und Pflegeheimen geführt. Eröffnet wurden große Häuser in der Schönfelder Straße und auf der Marbachshöhe, weitere Neubauten sind von Investoren für Jungfernkopf und Nordstadt angekündigt. Wer soll all diese Plätze in den kommenden 10 Jahren belegen?“ fragt Karl. Vielleicht die alten Menschen aus Baunatal und andere Umlandgemeinden, die teilweise noch stärkere Alterungen zu verzeichnen haben. Nach den Daten der Bertelsmann-Stiftung werden bis 2020 folgende Gemeinden sogar über 36 % Menschen im Alter von „60plus“ verzeichnen:
o Zierenberg (37,1 % ab 60 Jahren),
o Vellmar und Hofgeismar (je 36,7 %),
o Fuldatal und Fuldabrück (36,3 und 36,2 %)
o und Ahnatal (35,7 %).
Allerdings treten Hochrechnungen nur dann wirklich ein, so betont Prof. Karl, sollten die angelegten Trends unbeeinflusst bleiben. Prognosen haben in der Regel die Funktion, Bewusstsein zu schaffen und Interventionen anzuregen. So sieht die Bertelsmann-Stiftung für die Gemeinden in Nordhessen „dringenden Handlungsbedarf“. Sie empfiehlt, die Kinder- und Familienfreundlichkeit zu verbessern und „Bausteine einer zukunftsorientierten Seniorenpolitik vor Ort in praktikable Modelle zu überführen“. Als Maßnahmen zur Nutzung des Erfahrungswissens Älterer werden die Durchführung von aktivierenden Befragungen und die Initiierung neuer Beteiligungsverfahren wie Zukunftswerkstätten und Initiativgruppen genannt.
Karl sieht darin eine Bestätigung für die von ihm geleitete Studie „Älterwerden in Schauenburg“. Sie hat in den fünf Ortsteilen der nordhessischen Gemeinde nicht nur die Einstellungen und Erwartungen der 40plus-Generation zum Älterwerden erforscht, sondern dort auch erfolgreich Initiativgruppen zu Themen des Älterwerdens und Zusammenlebens in der Gemeinde ins Laufen gebracht.
Info Universität Kassel
Prof. Dr. Fred Karl
Institut für Sozialpädagogik und Soziologie der Lebensalter
Fachbereich Sozialwesen
tel (0561) 804 2928
(0561) 804 2930/-2910 (Frau Friedrich ab 14 Uhr)
e-mail fredkarl@uni-kassel.de
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.uni-kassel.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Gesellschaftswissenschaften
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