Im virtuellen Rollenspiel erleben Kinder Mobbing und Gewalt
Gewalt und Mobbing an den Schulen sollen abnehmen. Dieses Ziel verfolgen europäische Forscher in einem gemeinsamen Projekt, an dem Psychologen von der Uni Würzburg mitarbeiten. Das Team von Professor Wolfgang Schneider bekommt dafür rund eine Viertel Million Euro von der Europäischen Union (EU) zur Verfügung gestellt.
Bei dem Projekt entwickeln Wissenschaftler ein lebensnahes Computerprogramm namens „FearNot!“, in dem künstliche Charaktere an der Schule verschiedene Mobbing- und Gewalt-Szenarios durchleben. Dabei kommen Kinder und Jugendliche vor, die andere bestehlen, ausgrenzen, bedrohen oder schlagen. Zu dieser Gruppe gehören auch die Helfer der Täter. Auf der anderen Seite stehen die Opfer. Und schließlich sind da noch die „Zuschauer“. Die halten sich zwar aus dem Ganzen heraus, tun aber auch nichts dagegen.
In dieser Lernumwelt sollen Schüler im virtuellen Rollenspiel die Perspektiven aller Beteiligten kennen und die Probleme verstehen lernen. Durch die Interaktion mit den Charakteren soll die Sensitivität gegenüber den gravierenden Konsequenzen von Gewalt und Mobbing für die Opfer erhöht sowie die Möglichkeit geboten werden, Lösungsstrategien in diesem sicheren, virtuellen Umfeld auszuprobieren.
Die Aufgabe der Würzburger Psychologen Wolfgang Schneider, Patricia Lippeck und Natalie Vannini besteht darin zu prüfen, ob das Programm effektiv und in Schulen umsetzbar ist. „Wir wollen zum Beispiel wissen, wie die Schüler mit dem Programm umgehen, wie sie sich in die virtuelle Welt einfinden, ob sie überhaupt mit den künstlichen Charakteren mitempfinden“, erklärt Vannini.
Die Psychologen planen, rund 300 Schüler in ihre Studie einzubeziehen. Derzeit sind sie dabei, geeignete Klassen zu finden. Die Schulen müssen über die nötige technische Ausrüstung verfügen, die Lehrer geschult werden – schließlich sollen die Kinder im Unterricht auch über das Thema sprechen. Etwa Anfang 2007 sollen die ersten Schüler mit dem Programm arbeiten, und zwar vier Wochen lang. Am Anfang, am Ende und noch einmal sechs Wochen später werden die Würzburger Forscher die Kinder interviewen und sie Fragebogen ausfüllen lassen.
Danach werden sie wissen, ob das Programm geeignet ist, das soziale und emotionale Lernen der Kinder zu fördern. Wenn die Effektivität des Programms empirisch nachgewiesen werden kann, wird „FearNot!“ als freie kostenlose Software für Schulen zugänglich und als sinnvoller Baustein in ein vorhandenes Gesamtschulkonzept gegen Gewalt und Mobbing einsetzbar sein.
An diesem EU-Projekt namens VICTEC („Virtuelle Informations- und Kommunikationstechnologie mit Empathischen Charakteren“) arbeiten von deutscher Seite neben den Würzburgern auch Psychologen von der Uni Bamberg (Professor Harald Schaub) mit. Sie sind für die Entwicklung eines theoretischen Lernprozessmodells zuständig, das dem Design dieser Lerntechnologie zugrunde liegt und die Interaktion sowie Anforderungen der pädagogischen Rollenspielsoftware definiert. Beteiligt sind weiterhin Informatiker aus Augsburg (Professorin Elisabeth André), außerdem Wissenschaftler und Computerspezialisten aus England, Portugal und Italien. Projektkoordinator ist die Heriot-Watt University in Edinburgh (Gesamtprojektleitung: Professor Ruth Aylett).
Weitere Informationen: Patricia Lippeck und Natalie Vannini, T (0931) 31-2661, Fax (0931) 31-2763, E-Mail:
lippeck@psychologie.uni-wuerzburg.de
natalie.vannini@psychologie.uni-wuerzburg.de
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