Familie heute – zwischen Erwerbs- und Familienarbeit
Dies wird häufig erschwert durch die räumlich und zeitlich entgrenzten Strukturen moderner Erwerbsarbeit.
Väter, die erst gegen 22 Uhr aus dem Büro nach Hause kommen und Akten für das Wochenende mitbringen, Mütter, die tagelang auf Dienstreise sind, samstags bis 20 Uhr an der Supermarktkasse oder spätabends noch über Excel-Tabellen am Computer sitzen, nachdem die Hausaufgaben der Kinder durchgesehen, Geschichten vorgelesen und die Küche aufgeräumt sind – das ist heute für viele Familien Normalität, aber in den seltensten Fällen wirklich gewünscht.
Familien leben im 21. Jahrhundert in Zeiten einer doppelten Entgrenzung. Einerseits wird die klare räumliche und zeitliche Abgrenzung der Arbeitswelt von der familiären Privatsphäre zunehmend aufgehoben. Andererseits verwischen auch die Konturen der traditionellen Form von Familie mit miteinander verheirateten Elternteilen und gemeinsamen leiblichen Kindern. Die Zahl alleinerziehender Familien und komplexer Patchwork-Konstellationen wächst kontinuierlich.
Das derzeit am DJI laufende Forschungsprojekt „Entgrenzte Arbeit – entgrenzte Familie“ untersucht am Beispiel von Familien im Einzelhandel und in der Film- und Fernsehproduktion, welche neuen Anforderungen sich aus dem gesellschaftlichen Wandel für die permanent zu leistende „Herstellung“ von Familie ergeben.
Während die Auswirkungen der Entgrenzung schon seit Längerem Thema der sozialwissenschaftlichen Forschung sind, erweitert das in „Auf einem Blick“ vorgestellte DJI-Projekt bisherige Forschungsansätze durch die gleichzeitige Fokussierung sowohl auf Veränderungen der Erwerbswelt, als auf Veränderungen von Familie selber sowie – verschränkt mit beiden Sphären – der Geschlechterverhältnisse um wichtige Aspekte.
Das alte Vereinbarkeitsmodell mit dem Mann als Vollzeiternährer und der Frau als Teilzeitzuverdienerin funktioniert nicht mehr. Heute ist ein „Mitspielen“ aller Familienmitglieder gefragt, damit die Balance von Erwerbsarbeit und Familie austariert und soziales Leben in Familien überhaupt zustande kommen kann. Dafür benötigen sie Unterstützung durch planbare, stabile und verlässliche Rahmenbedingungen. Diese müssen auf der anderen Seite jedoch flexibel genug sein, um auf die im Alltag und im Lebenslauf wechselnden Bedarfe von Familien reagieren zu können.
Um aus dem Spannungsfeld, in dem sich Familien bewegen, keine Zerreißprobe zu machen, ergreifen manche Eltern, wie Dr. Michaela Schier (DJI) im „Interview“ erklärt, Maßnahmen, die negativ auf die Erwerbswelt zurückwirken. Das geht von widerständigen Praktiken wie dem bewussten Ignorieren von Arbeitsanweisungen bis zum Verzicht auf beruflichen Aufstieg, dem Einen-Gang-Zurückschalten (Down-Shifting) oder dem Abwandern in andere Bereiche oder Branchen. Dieser Verlust von Arbeitskraft, sei es durch zeitliche Beschränkung oder innere Teilkündigung, kann nicht im Sinne der Arbeitgeber sein. In ihrem eigenen Interesse, zusätzlich sensibilisiert durch den sich abzeichnenden Fachkräftemangel werden Unternehmen die Belange von Familien zukünftig aktiv aufgreifen müssen.
Dr. Christina Klenner, Referatsleiterin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Instituts (WSI) erläutert im „Blick von außen“ anhand einschlägiger Studien, was sich Eltern von Arbeitgebern wünschen und wie sich Wunsch und Realität beim Thema familienfreundliche Unternehmen derzeit zueinander verhalten.
Was für Mütter schon seit langem Thema ist, wird auch von Vätern zunehmend als Problem wahrgenommen: Familie und Beruf in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen – eine Sisyphosaufgabe, an der viele Eltern verzweifeln und nicht wenige Ehen scheitern. Auf die sich im besonderen Maße wandelnde Rolle der Männer in den Familien geht Dr. Harald Seehausen in seinem „Blick von außen“ ein. Seit Mitte der 1980er Jahre engagiert er sich in verschiedenen Netzwerken für eine aktive Vaterschaft und ein partnerschaftliches, gleichberechtigtes Miteinander von Müttern und Vätern in Familien.
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