Diskriminierung und Toleranz zwischen sozialen Gruppen

Wie Menschen sich gegenüber ihren eigenen und fremden Gruppen verhalten und was ihre wechselseitige Ablehnung oder Akzeptanz prägt, das untersucht bereits seit sechs Jahren eine internationale Forschergruppe um Prof. Dr. Amelié Mummendey von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Ziel der Forschungen ist es u. a., „Möglichkeiten und Bedingungen für positive Beziehungen zwischen sozialen Gruppen zu identifizieren, Maßnahmen zu deren Unterstützung abzuleiten und deren Wirkung zu überprüfen“, erläutert die Jenaer Sozialpsychologin. Nach sechs Jahren stellt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) üblicherweise die Förderung für solche Forschergruppen ein. Doch sie hat entschieden, die Forschergruppe „Discrimination and Tolerance in Intergroup Relations“ für zwei weitere Jahre mit insgesamt rd. 1,34 Mio. Euro zu fördern. So können nun fünf Postdocs, sieben Doktorandinnen und Doktoranden, wissenschaftliche Hilfskräfte sowie die Forschungs-Professur von Andreas Beelmann weiter finanziert werden. Dadurch sind in neun Forschungsprojekten aus unterschiedlichen Bereichen der Psychologie zusätzliche Erkenntnisse zu Diskriminierung und Toleranz zwischen sozialen Gruppen zu gewinnen.

„Es ist sehr schön, dass in dieser Auslaufphase auch neue Projekte genehmigt wurden“, sagt die Sprecherin Amelié Mummendey. Sie vermutet, dass die außerordentliche Verlängerung nicht zuletzt auch auf den Interventionsthemen beruht. In den kommenden Jahren soll v. a. versucht werden, möglichst viele der grundlegenden Erkenntnisse in die Anwendung zu überführen und Interventionsmodelle – etwa für die Grundschule – zu entwickeln.

So soll etwa das in einer Reihe der Projekte untersuchte Eigengruppenprojektionsmodell von Andersartigkeit für die Praxis nutzbar gemacht werden. Die Forscher können anhand ihres Modells bestimmen, wann und wie in Gruppen eine soziale Unterstützung für Entscheidungen entsteht und wann eine Abweichung nicht mehr tolerabel ist. Dies entscheidet über die Zuordnung zu – oder den Ausschluss aus – einer Gemeinschaft. Die Androhung von Folter in einem Verhör, nennt Prof. Mummendey als Beispiel, sei eine Handlung, die von manchen (im Gegensatz zu unserer Rechtslage) unter bestimmten Bedingungen noch hingenommen, von anderen absolut nicht akzeptiert wird. „Eine Orientierung auf ,Alles oder Nichts' erhöht die Akzeptanz dafür, jemanden auszuschließen“, erläutert die Jenaer Psychologin – diese ist bei graduellen Einschätzungen weniger einmütig zu erreichen. Je mehr man nun eigene Eigenschaften oder Werturteile auf das Ganze projiziert, umso eher komme es allgemein zur Ablehnung von Abweichungen, erläutert Prof. Mummendey etwa an der Frage, was ein richtiger Deutscher ist. Und dies führe zu Gruppenbildungen und Ausschlüssen von Personen oder Gruppen aus anderen Gruppen.

„Phänomene des sozialen Ausschlusses haben wir täglich“, weiß die Jenaer Psychologin. Ob es aber zu einem Ausschluss aus einer Partei oder einem Amt, zum Scheitern von Firmen- oder Schulfusionen oder zur Abschiebung von Zuwanderern kommt, das hänge stark von der Kompromissbereitschaft der Individuen und Gruppen und ihrer Toleranz ab. Problematisch werde es besonders, wenn die Einschätzung lautet: „Das sind wir, das sind die anderen“, erläutert Mummendey.

Hilfreich gegen solche Ausgrenzungen ist es, das hat die Forschergruppe hinlänglich belegt, Gemeinsamkeiten zu betonen und neue Kategorien auf übergeordneter Ebene zu entwickeln. Wenn Vielfalt als Wert definiert und angenommen werde, dann sei ein wichtiger Schritt gegangen. „Positive Bewertungen der eigenen Gruppe müssen dabei nicht aufgegeben werden“, betont Mummendey und weiß, dass „dann Toleranz erreicht werden kann“.

Wie diese komplexen Prozesse grundlegend und vor allem im negativen Fall der Diskriminierung funktionieren und wie die Erkenntnisse in die Anwendung übertragen werden können, das wird die Forschergruppe bis Ende 2010 weiter erforschen, um zu einer „Verbesserung von Intergruppenbeziehungen und zur Prävention von Vorurteilen und Diskriminierung beizutragen“, erhofft sich Amelié Mummendey.

Kontakt:
Prof. Dr. Amelié Mummendey
Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
07737 Jena
Tel.: 03641 / 930400
E-Mail: amelie.mummendey[at]uni-jena.de

Media Contact

Axel Burchardt idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de

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