DJI-Kinder-Migrationsreport zeigt heterogene Lebenslagen und Unterstützungsbedarfe auf
Die meisten leben in Familien mit hohem sowie mittlerem Berufs- und Bildungsniveau. Und obwohl die Mehrheit der Kinder mit Zuwanderungshintergrund nicht in Armut lebt, verfügen sie deutlich häufiger als Kinder ohne Migrationshintergrund über nur geringe kulturelle, soziale und ökonomische Ressourcen im Elternhaus.
Im Kinder-Migrationsreport des Deutschen Jugendinstituts sind Ergebnisse repräsentativer Erhebungen zu Lebenslagen und Lebenswelten von Kindern mit Zuwanderungsgeschichte zusammengetragen und durch eigene kindbezogene bzw. altersspezifische Auswertungen von Daten des Mikrozensus sowie des DJI-Surveys „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“ (AID:A) aus dem Jahre 2009 ergänzt worden.
Der Report macht deutlich: „Kinder mit Migrationshintergrund“ sind keine homogene Gruppe. Ihre Lebenslagen und Lebenssituationen unterscheiden sich teilweise erheblich nach den Regionen, in denen sie aufwachsen, nach ihrer, vom sozialen Status der Eltern abgeleiteten, sozialen Position in der Gesellschaft, nach Altersstufen und nach Geschlecht. Zudem sind ihre Eltern oder Großeltern aus unterschiedlichen Ländern der Welt zugewandert. Manche Kinder haben selbst den Migrationsprozess miterlebt, manche haben in Deutschland geborene (Groß-)Eltern bzw. (Groß-) Elternteile, viele sind selbst hier geboren.
Drei zentrale Befunde des Kinder-Migrationsreports lauten:
1. Kinder mit Migrationshintergrund wachsen deutlich häufiger als Kinder ohne Migrationshintergrund in Familien mit geringen sozialen, ökonomischen und bildungsbezogenen Ressourcen auf. Besonders hohen Unterstützungsbedarf haben Kinder mit beidseitigem Migrationshintergrund und Kinder mit türkischem Migrationshintergrund.
Fast jedes sechste Kind mit Migrationshintergrund lebt in einem familiären Kontext, der durch Armut und Erwerbslosigkeit geprägt ist, und beinahe jedes vierte wächst in einem Elternhaus mit einem niedrigen Bildungsniveau auf. Bei den Kindern ohne Migrationshintergrund gilt dies für fast jedes 13. bzw. jedes 17. Vor allem Kinder mit beidseitigem Migrationshintergrund sind erheblichen ökonomischen, sozialen und kulturellen Risiken ausgesetzt. Am höchsten belastet sind Kinder mit türkischem Migrationshintergrund: Hier wächst fast jedes zweite Kind in einem Elternhaus mit einem niedrigen Bildungsniveau auf, jedes fünfte lebt in Armut bzw. in einer Familie, in der die Eltern nicht erwerbstätig sind.
2. Ein gutes Familienklima und enge Beziehungen zu den Eltern erleben die meisten Kinder mit und ohne Migrationshintergrund gleichermaßen; Kinder mit Eltern aus Arabien/Nordafrika und der Türkei berichten allerdings häufiger von Gewalterfahrungen.
Das Familienklima wird sowohl von Kindern mit als auch ohne Migrationshintergrund über alle Schichten hinweg überwiegend positiv beurteilt. Lediglich die Kommunikation mit dem Vater wird von Kindern aus niedrigeren sozialen Schichten schlechter bewertet. Mit Angaben zu einem generell harmonischen Familienleben divergieren Ergebnisse anderer Untersuchungen, nach denen ein doppelt so hoher Anteil von Mädchen und Jungen mit als ohne Zuwanderungsgeschichte von Gewalterfahrungen in der Familie berichtet. Am höchsten ist der Anteil von Kindern aus den Herkunftsregionen Arabien/Nordafrika und Türkei. Diese Divergenzen deuten auf weiteren Forschungsbedarf hin.
3. Kinder mit Migrationshintergrund sind lernfreudig und haben ebenso wie ihre Eltern hohe Bildungsaspirationen. Vor allem Mädchen und Jungen mit beidseitigem Zuwanderungshintergrund haben aber auch häufiger Angst, die angestrebten Schulabschlüsse nicht zu erreichen.
Mehrere Datenquellen belegen, dass Eltern mit Migrationshintergrund hohe Bildungsaspirationen für ihre Kinder haben. Diese Erwartungen teilen nach Daten des DJI-Surveys AID:A die 9- bis 12-jährigen Kinder mit Migrationshintergrund, von denen mehr als zwei Drittel die Schule mit der Hochschulreife abschließen möchten. Auch wenn die Mehrzahl dieser Kinder beteuert, die Schule nicht als belastend zu empfinden, sorgt sie sich, den angestrebten Schulabschluss nicht zu erreichen. Darin unterscheiden sie sich nicht von Kindern ohne Migrationshintergrund. In der Gruppe der Schüler/innen, deren Eltern beide nach Deutschland zugewandert sind, ist diese Befürchtung allerdings deutlich ausgeprägter als in den Vergleichsgruppen. Sie äußern auch mit Abstand am häufigsten – zu 70% gegenüber durchschnittlich 43% –, dass für sie Noten und Zeugnisse das Wichtigste in der Schule seien.
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