Fachtagung im Wissenschaftsjahr 2013 – Demografischer Wandel lässt sich gestalten
Deutschland altert so stark wie nie zuvor: Die Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter nimmt ab, der demografische Wandel verändert den Arbeitsmarkt tiefgreifend. Klar ist, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik müssen auf diese Entwicklung reagieren.
Rund 400 Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Politik und Forschung diskutierten in Berlin zwei Tage lang über die Herausforderungen und Chancen dieser Entwicklung. Im Fokus der Veranstaltung stand die Sicherung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit als wesentlicher Faktor für die Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Ziel der Teilnehmenden war die Bestandsaufnahme und Definition der Aufgabenfelder sowie die Diskussion neuer Vorschläge und möglicher Maßnahmen, um die Chancen des demografischen Wandels für die Innovationsfähigkeit zu nutzen.
„Der demografische Wandel lässt sich gestalten“, sagte Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Deutschland gehöre zu den innovativsten Ländern der Welt und soll dies auch in Zukunft bleiben. Die Arbeit müsse flexibler werden, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu unterstützen. Außerdem müsse der betrieblichen Prävention zum Erhalt der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit ein höherer Stellenwert zukommen.
Auch müssten ältere Menschen besser ins Berufsleben integriert werden, so Rachel. Zudem zeigte er sich überzeugt, dass auch jenseits eines Alters von 60 Jahren die Menschen körperlich so fit sind und die kognitiven Fähigkeiten haben, um weiterhin auf hohem Niveau produktiv sein zu können. „Es gibt keinen empirischen Beweis, der dem widerspricht“, sagte Rachel.
Für eine stärkere Regulierung des Arbeitsmarktes und klare politische Rahmenbedingungen bei Leiharbeit, Minijobs und Werkverträgen sprach sich Matthias Anbuhl, Bundesvorstand Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), aus: „Schlechte Arbeitsbedingungen sind die Innovationsbremse Nummer eins.“ Optimale Basis für Innovationen seien motivierte Mitarbeiter und gute Arbeit. Diese sei durch ein festes, verlässliches Einkommen, unbefristetes Arbeitsverhältnis, Gesundheitsschutz und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gekennzeichnet.
Nach Ansicht der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) muss die Anzahl der gut ausgebildeten Erwerbstätigen deutlich gesteigert werden, damit Deutschland weiterhin innovations- und damit wettbewerbsfähig bleibt. Dazu sollen verstärkt Frauen und ältere Menschen in den Berufsmarkt integriert werden. Laut BDA-Referent Dr. Alexander Böhne gebe es erste Erfolge zu verzeichnen: So habe sich die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Alter zwischen 60 und 64 Jahren in Deutschland seit dem Jahr 2000 auf 1,4 Millionen verdoppelt. Als eine richtige Entscheidung nannte er in diesem Zusammenhang die Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf
67 Jahre und warb für eine Anhebung der Lebensarbeitszeit. Bei der Weiterbildung sieht er noch Verbesserungspotenzial in den deutschen Unternehmen. Weiterbildung sei aber nicht nur Aufgabe der Unternehmen, sondern auch jedes Einzelnen, so Böhne.
Das Thema aus wissenschaftlicher Sicht thematisierte Prof. Dr. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. Der Beitrag der Industrie für Wachstum und Innovation sei unbestritten, so Neugebauer. Mit jedem Arbeitsplatz in der Produktion, entstehen im Durchschnitt drei weitere Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor.
Nicht Maschinen, sondern der Mensch sei der zentrale Faktor im Innovationsgeschehen. In keinem anderen Land gebe es so viele sogenannte Hidden Champions wie hierzulande, die Marktführer in ihrer Branche, aber in der Öffentlichkeit kaum bekannt sind.
Das Fazit der Teilnehmenden lautet: Unternehmen müssen „demografiefest“ werden. Der demografische Wandel ist eine Chance für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Gesellschaft. Wenn jetzt die richtigen Maßnahmen ergriffen werden, können die Chancen des Wandels genutzt werden. Damit wird es möglich sein, den Fachkräftebedarf und die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit langfristig in Einklang zu bringen.
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