Soziales Europa: Wissenschaftler aus Halle und Jena erforschen europäische Rentenpolitik

Die Forscher um den halleschen Politologen Professor Dr. Johannes Varwick und den Jenaer Rechtswissenschaftler Professor Dr. Eberhard Eichenhofer erforschen, welchen Einfluss die EU auf die Rentenpolitik ihrer Mitgliedstaaten hat und wie die Staaten auf die europäische Rentenpolitik einwirken.

Ziel ist es auch, konkrete Vorschläge für die Gestaltung der Alterssicherungspolitik in Europa zu entwickeln. Das Projekt wird vom Forschungsnetzwerk Alterssicherung über zwei Jahre mit 170.000 Euro gefördert.

Viele EU-Länder suchen derzeit nach zukunftssicheren Modellen für die Finanzierung ihrer staatlichen Altersvorsorge. „Durch die demographische Entwicklung stehen eigentlich alle Länder unter Druck“, sagt Johannes Varwick. Gemeint ist damit, dass überall weniger Menschen geboren werden als früher.

Gleichzeitig habe sich die allgemeine Lebenserwartung der Menschen aber erhöht. „Während also die Zahl der Menschen im Ruhestand zunimmt, sinkt die Zahl derer, die ihn durch ihre Erwerbstätigkeit finanzieren können“, erläutert Johannes Varwick. Die Problematik werde sich in den nächsten Jahrzehnten sogar noch verschärfen.

Die Wissenschaftler wollen in ihrem Projekt „Europäisierung der Alterssicherungspolitik in Europa“ deshalb der Frage nachgehen, wie verschiedene Länder innerhalb der EU ihr Rentensystem organisieren, um auf diese Entwicklung zu reagieren. Dazu planen sie zum Beispiel Interviews mit Vertretern aus Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsministerien in Deutschland, Großbritannien, Schweden, Polen, Italien und Spanien.

„Damit decken wir die wesentlichen Sozialmodelle ab, die in Europa vorkommen“, erläutert Johannes Varwick die Auswahl. Zugleich ließen sich so weiche und informelle Mechanismen sowie Einflusskanäle erkennen, die in der bisherigen Forschung noch weitgehend ausgeblendet wurden. Am Ende soll ein Gesamtmodell der Europäisierungsprozesse im Bereich der Alterssicherung entstehen, in dem auch die erfolgten Lern- und Beeinflussungsprozesse zwischen den EU-Mitgliedsstaaten nachgezeichnet werden.

Unterstützt werden die halleschen Politikwissenschaftler dabei von Professor Dr. Eberhard Eichenhofer, der an der Uni Jena den Lehrstuhl für Sozialrecht und Bürgerliches Recht innehat. Eichenhofer gilt als einer der führenden Experten für rechtliche Fragen der europäischen Sozialpolitik. Innerhalb des Projekts, das von der Deutschen Rentenversicherung Bund in Auftrag gegeben wurde, wird er unter anderem Fragen der Zuständigkeit und der rechtlichen Absicherung in Bezug auf die Rentenpolitik erforschen.

Eine Lösung der Rentenproblematik könnte eine EU-weite Alterssicherungspolitik darstellen. In diesem Zusammenhang wird auch häufig von einem so genannten sozialen Europa gesprochen, das womöglich die Akzeptanz der EU allgemein verbessern könnte. Zu diesem Thema findet am Mittwoch, 26. November, um 18 Uhr eine Diskussion im Hörsaal XVIII des Melanchthonianums auf dem halleschen Universitätsplatz statt. Neben Johannes Varwick und Eberhard Eichenhofer nehmen an der Diskussion auch Professor Dr. Ingo Pies (Wirtschaftsethik, MLU), Frank Sitta (Wirtschaftsjunioren Sachsen-Anhalt) und Projektmitarbeiter Manuel Wäschle (MLU) teil.

Weitere Informationen:

http://iresp.politik.uni-halle.de/eps/

Media Contact

Tom Leonhardt idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Gesellschaftswissenschaften

Der neueste Stand empirischer und theoretischer Erkenntnisse über Struktur und Funktion sozialer Verflechtungen von Institutionen und Systemen als auch deren Wechselwirkung mit den Verhaltensprozessen einzelner Individuen.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Demografische Entwicklung, Familie und Beruf, Altersforschung, Konfliktforschung, Generationsstudien und kriminologische Forschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen

An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…

Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean

20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….

Resistente Bakterien in der Ostsee

Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…