Europäischer Streit um Softwarepatente: Gesellschaft für Informatik bejaht Technizität von Software

Bereits seit einiger Zeit tobt in Europa ein erbitterter Streit um die Patentierung von Software. Die Gesellschaft für Informatik hat nun eine offizielle Stellungnahme zum Sondierungspapier der EU-Kommission vorgelegt.

Als „umfassend und tiefgehend“ hat der Präsident der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI), Prof. Dr. Dr. h.c. Heinrich C. Mayr, die in Europa laufende Diskussion zur Patentierbarkeit von Software bezeichnet.

Die durch das Sondierungspapier der EU-Kommission entstandene Denkpause gehe jetzt aber zu Ende und eine sachgerechte Lösung für den europäischen Rechtsraum sei nun dringend geboten. „Die von der GI vorgelegte offizielle Stellungnahme zeichnet eine solche Lösung vor. Nun liegt es an der Kommission, die Argumente zu prüfen und abzuwägen.“ sagte Mayr anlässlich der Beschlussfassung über die Stellungnahme im GI-Präsidium. „Insbesondere vor dem Hintergrund von Fehlentwicklungen im amerikanischen Rechtsraum und der Erteilung einer Vielzahl zweifelhafter Patente in Europa sind klare und wirksame Regelungen zur Patentfähigkeit von Software – und damit letztlich von Technik überhaupt – unabdingbar“, erläuterte Mayr die Notwendigkeit einer dezidierten Stellungnahme von Seiten der Informatik.

Das Problem eines angemessenen Schutzes von Software liege in deren Doppelcharakter begründet, heißt es in der Stellungnahme. Einerseits sei ein Softwareprodukt ein Sprachwerk, andererseits aufgrund der hierdurch definierten „abstrakten Maschine“ ein technischer Gegenstand. Diesem den Patentschutz zu versagen bedeute, die Patentfähigkeit von Technik überhaupt in Frage zu stellen.

„Das kann niemand wirklich wollen“, betonte Mayr. Die GI fordere daher schon seit Jahren, Leistungen auf dem Gebiet der Informatik nach vergleichbaren Spielregeln wie Leistungen in anderen ingenieurmäßig betriebenen Disziplinen zu behandeln. „Dies gilt auch für den Bereich der Softwaretechnik, die sich in den letzten 25 Jahren aus einer eher handwerklichen `Programmierkunst´ zu einer Ingenieurdisziplin entwickelt hat“, machte Mayr deutlich.

Natürlich müssten für Softwarepatente die gleichen Kriterien gelten wie für Patente auf andere technische Gegenstände und sie müssten ebenso sorgfältig geprüft werden: Neuheit, Erfindungshöhe, gewerbliche Anwendbarkeit und Offenbarung der Erfindung seien auch hier unverzichtbare Voraussetzungen. Allerdings scheine eine branchenspezifische Verkürzung der Patentdauer auf etwa 5 Jahre der Dynamik der Softwarebranche angemessen. Außerdem müsse der oft geäußerten Befürchtung, insbesondere kleine Unternehmen könnten unwissentlich Schutzrechte verletzen und dafür in Anspruch genommen werden, durch geeignete, öffentlich zugängliche Informationssysteme Rechnung getragen werden.

Bei einem Versagen des Patentschutzes für Software sei zu befürchten, dass die Investoren in Software wieder vermehrt auf Geheimhaltung statt auf Offenheit setzen, sagte Mayr: „Dies ist jedoch insbesondere in Bereichen wie Kryptografie , E-Government etc. unerwünscht“. Deshalb plädiere die GI dafür, den technischen Charakter von Software anzuerkennen und ihr den gleichen Schutz wie anderen technischen Erfindungen zu gewähren, so der Präsident.

Media Contact

Cornelia Winter idw

Weitere Informationen:

http://www.gi-ev.de/

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