Von der Schwierigkeit, groß zu werden – die IT-Unternehmen müssen sich organisieren und ihr Personal

Institut Arbeit und Technik untersuchte Arbeitsstrukturen und Personalentwicklung in der New Economy

Wer seine IT-Fachleute im Unternehmen halten will, muss sich darum kümmern, dass sie bleiben. Die hohe Flexibilität in Unternehmen der New Economy sorgt nicht nur für schnelle Reaktionsfähigkeit und hohe Innovationsdynamik, sondern schafft auch Probleme: Instabilität, wenig Mitarbeiterbindung, Fluktuation und damit den Verlust von Know how. Die IT-Branche steht vor großen personalpolitischen Herausforderungen, wie Untersuchungen des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen) zu Organisationsentwicklung und Personalmanagement in den Unternehmen zeigen.

Der typische Beschäftigte in der IT-Branche ist männlich und arbeitet in Vollzeit in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis als abhängig Beschäftigter, ergab eine IAT-Sonderauswertung der Europäischen Arbeitskräftestichprobe. Dieses „Normalarbeitsverhältnis“ ist allerdings „ein alter Mantel, unter dem sich ein Arbeitsverhältnis neuen Zuschnitts verbirgt“, stellt die IAT-Arbeitsmarktforscherin Dorothea Voss-Dahm fest. Die treibenden Kräfte für diesen Wandel liegen vor allem in den Anforderungen des Produktmarktes und den damit verbundenen Tätigkeiten.

Viele IT-Unternehmen schaffen sich durch „Experimente“ mit einer flexiblen und mobilen Arbeitsweise selbst die Probleme. IT-Beschäftigte verrichten ihre Arbeit häufig direkt vor Ort beim Kunden. Moderne Kommunikationsmittel gewährleisten zwar die – wenn auch nur virtuelle – Verbindung zum Heimatunternehmen, die Arbeitsstätte als sozialer Bezugspunkt für die mobilen IT-Beschäftigten geht aber verloren. Viele Beschäftigte haben in den Bürokomplexen der IT-Unternehmen keine festen Arbeitsplätze mehr, sondern arbeiten an E-Places – einem Schreibtisch mit Steckdose, der nach der Benutzung wieder geräumt wird.

Angesichts ihrer mobilen und oft nur kurzfristig zusammenarbeitenden Belegschaften versuchen einige IT-Unternehmen, durch gemeinsame Freizeitaktivitäten eine soziale Anbindung zu erreichen. Arbeitsteams werden zu sportiven Wochenenden eingeladen oder der gemeinsame Besuch von Restaurants wird von Personalleitern angeregt.
Wenn dennoch keine Mitarbeiterbindung gelingt, kommen den IT-Unternehmen die Experimente mit der Flexibilität teuer zu stehen: Eine hohe Fluktuation unter den Mitarbeitern führt vor allem zu einem Verlust von „tacit knowledge“, also dem Wissen, das Beschäftigte während des Arbeitsprozesses individuell erwerben und das kaum dokumentierbar und kodifizierbar, allerdings von hoher Bedeutung und kostbar ist.

Auch mit den Grenzen der Arbeitszeit wird experimentiert. Lange Arbeitszeiten gehören für die meisten Erwerbstätigen in der IT-Branche zum beruflichen Alltag. Viele sehen das unproblematisch, da sie sich in Absprache mit Kollegen und Vorgesetzten die Zeit frei einteilen können. Die neuen Freiheiten der Arbeitszeitgestaltung gehen aber mit einer hohen Arbeitszeitbelastung Hand in Hand. „Das kann sich als problematische Strategie erweisen“, so Voss-Dahm. Sowohl die Regenerationszeiten wie auch der hohe Bedarf an Qualifikationszeiten in einer Branche, in der das Wissen wegen der Innovationsdynamik schnell veraltet, werden vernachlässigt. Ein nachhaltiges, langfristiges Wachstum ist durch diese kurzfristige Arbeitszeitpolitik daher gefährdet.

Auch das z.T. extreme Wachstum vieler IT-Unternehmen führte zu personalpolitischen Problemen. Gerade langjährigen Beschäftigten, die durch ihr enormes betriebsspezifisches Wissen bereits Schlüsselfunktionen im Betrieb innehaben, ohne dass dieses jedoch formal anerkannt und „belohnt“ wird, werden nur selten interessante Entwicklungsperspektiven eröffnet. Das führt zu Unzufriedenheit und Abwanderungsgedanken. Zum anderen müssen sich neue Mitarbeiter nicht nur einarbeiten, sondern sich in der oft sehr speziellen Unternehmenskultur und besonderen Führungsstilen zurechtfinden.

Ob kleinere Unternehmen der IT-Branche, die mit einem starken Wachstum konfrontiert sind, auf Dauer am Markt bestehen werden, entscheidet sich nicht nur daran, wie sich die ökonomische Situation in der Branche entwickelt. Ebenso entscheidend für die Existenz am Markt ist die Frage, inwieweit den einzelnen Unternehmen die Bewältigung der mit dem Wachstum verbundenen personalpolitischen und organisatorischen Herausforderung gelingt.

Für weitere Fragen stehen Ihnen zur Verfügung:

Dorothea Voss-Dahm
Durchwahl: 0209/1707-178

Pressereferentin
Claudia Braczko

Munscheidstraße 14
45886 Gelsenkirchen

Tel.: +49-209/1707-176
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