Mit dem digitalen Trainer zur Olympiade?

Schwimmerin mit DigiCoach <br>(Foto: EML/Steger)

Wissenschaftler des European Media Laboratory entwickeln elektronischen Schwimmtrainer „DigiCoach“: Digitale Sensortechnik soll Leistung optimieren helfen – Einsatz auch in anderen Sportarten und zur Rehabilitation möglich

Die Goldmedaille – der Traum jedes Spitzenathleten. Besonders beim Schwimmen entscheiden oft nur Sekundenbruchteile über Sieg oder Niederlage. Da kommt es vor allem auf ein effizientes Training an. Wissenschaftler des European Media Laboratory (EML) in Heidelberg entwickeln jetzt einen handlichen, elektronischen Assistenten, der die Bewegungen von Schwimmern während des Trainings analysiert und so die Leistung optimieren hilft: den „DigiCoach“.

Das momentan noch walkmangroße Gerät wird mit einem Gürtel an den Rücken des Schwimmers geschnallt. Es kann die Beschleunigung und verschiedene Bewegungen des Schwimmers mit Hilfe von Sensortechnik messen, wie sie auch in der Automobilindustrie eingesetzt wird. Zum „DigiCoach“ gehören außerdem die Übertragung der gemessenen Daten auf den Computer am Beckenrand und eine spezielle Software, die die verschiedenen Bewegungsmuster erkennt und die Daten für Trainer und Athleten aufbereitet. Erste Versuche am Olympiastützpunkt Rhein-Neckar in Heidelberg verliefen viel versprechend. „Zurzeit arbeiten wir daran, zusätzliche Sensoren in das System zu integrieren“, so Dr. Steffen Noehte, Leiter des EML-Projekts „Dr. Feelgood“, aus dem der digitale Trainer stammt. „Damit können wir komplexe Bewegungsmuster messen, wie sie zum Beispiel beim Brustschwimmen auftreten.“

Die EML-Wissenschaftler arbeiten eng mit dem Lehrstuhl für Technische Informatik der Universität Mannheim (Prof. Reinhard Männer), mit dem Institut für Sport und Sportwissenschaft (ISSW) der Universität Heidelberg und mit dem Olympiastützpunkt Rhein-Neckar zusammen. „Wir hoffen, mit dem „DigiCoach“ langfristig die bestehende Trainingsdiagnostik zu ergänzen und zu verbessern“, freut sich Dr. Klaus Reischle, Dozent und Trainer am ISSW. Die dort bisher angewandten Methoden – das sogenannte Seilzugverfahren und die Analyse durch Videoaufnahmen – geben dem Trainer Aufschluss über den Bewegungsablauf seines Schützlings. Die Video-Analyse mit mehreren Kameras ist jedoch sehr aufwendig und kann erst viel später ausgewertet werden. Und das Seilzugverfahren beeinträchtigt die Bewegungsfreiheit des Schwimmers erheblich, weil er gegen die Kraft eines gespannten Seil anschwimmen muss, das an seinem Körper befestigt ist. Das neue Messverfahren hingegen erfordert einen nur geringen Aufwand, verspricht eine zeitnahe Auswertung und wird vom Athleten nicht als störend wahrgenommen – das zeigten die Trainingsversuche. Außerdem wird der „DigiCoach“ im Gegensatz zu den bestehenden Verfahren zum Beispiel auftretende Ermüdungserscheinungen oder den Endspurt exakt berechnen können. Dann kann der „echte“ Trainer auf einem Laptop-Rechner am Beckenrand die gemessenen Daten auswerten.
Doch bis dahin müssen die EML-Wissenschaftler noch einige Arbeit in die Verbesserung von Hardware und Software stecken. Dafür suchen sie momentan noch nach geeigneten Partnern aus der Industrie.

„Wenn der „Digicoach“ vollständig arbeitet, lässt sich seine Funktionsweise auf andere Sportarten übertragen, wie zum Beispiel Rudern oder Radfahren“, sagt Dr. Steffen Noehte. „Außerdem könnte das Messverfahren in der Bewegungstherapie eingesetzt werden, zum Beispiel beim „Aquajogging“ nach Knieverletzungen. So könnte der „DigiCoach“ auch einen Beitrag zur Rehabilitation leisten.“
Der Deutsche Schwimmverband (DSV) und der Deutsche Sportbund (DSB) verfolgen die Entwicklung mit großem Interesse. Für das Frühjahr 2002 sind weitere Tests mit sogenannten Kaderschwimmern in Heidelberg geplant. In der Zukunft könnte der „DigiCoach“ der nächsten Generation deutscher Schwimmer möglicherweise helfen, bei den Olympischen Spielen wieder „aufs Treppchen“ zu kommen.

Die European Media Laboratory GmbH (EML) ( www.eml.villa-bosch.de ) ist ein privates Forschungsinstitut für angewandte Informatik. Das Forschungsziel ist es, neue informationsverarbeitende Systeme zu entwickeln, bei denen der Nutzer die Technik nicht mehr als Hindernis wahrnehmen soll. Schwerpunkte liegen in der Bioinformatik und in mobilen Assistenzsystemen. Die EML-Forscher arbeiten eng mit Universitäten und der Industrie zusammen. Derzeit bearbeitet das EML im wesentlichen Forschungsprojekte der gemeinnützigen Klaus Tschira Stiftung (KTS) ( www.kts.villa-bosch.de ). Ebenso wie die KTS ist das European Media Lab in der Villa Bosch in Heidelberg beheimatet, dem ehemaligen Wohnsitz des Nobelpreisträgers Carl Bosch (1874 – 1940).

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Dr. Peter Saueressig
European Media Laboratory GmbH
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel: +49-6221-533-245
Fax: +49-6221-533-198 
peter.saueressig@eml.villa-bosch.de

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