Besser Greifen mit intelligenten Kommissionierrobotern
Produktion, Lager, Versand – wo Güter hergestellt, gelagert, sortiert oder verpackt werden, wird auch kommissioniert. Es werden also mehrere einzelne Waren aus Lagereinheiten wie Kisten oder Kartons entnommen und neu zusammengestellt. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wollen gemeinsam mit Partnern aus Deutschland und Kanada Kommissionierroboter mit verteilten KI-Methoden intelligenter machen. Dafür untersuchen sie, wie man Trainingsdaten von mehreren Stationen, aus mehreren Werken oder sogar mehreren Unternehmen nutzen kann, ohne dass Beteiligte sensible Unternehmensdaten herausgeben müssen.
„Wir untersuchen, wie möglichst vielseitige Trainingsdaten von mehreren Standorten genutzt werden können, um mit Hilfe von Algorithmen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) robustere und effizientere Lösungen zu entwickeln als mit Daten von lediglich einem Roboter“, sagt Jonathan Auberle vom Institut für Fördertechnik und Logistiksysteme (IFL) des KIT. Dabei werden an mehreren Kommissionierstationen Artikel von autonomen Robotern mittels Greifen und Umsetzen weiterverarbeitet. An den verschiedenen Stationen werden die Roboter mit ganz unterschiedlichen Artikeln trainiert. Am Ende sollen sie in der Lage sein, auch Artikel anderer Stationen zu greifen, die sie vorher noch nicht kennengelernt haben. „Durch den Ansatz des verteilten Lernens, auch Federated Learning genannt, schaffen wir den Spagat zwischen Datenvielfalt und Datensicherheit im industriellen Umfeld“, so der Experte.
Leistungsstarke Algorithmen für Industrie und Logistik 4.0
„Bisher wurde Federated Learning überwiegend im medizinischen Sektor zur Bildanalyse eingesetzt, wo der Schutz von Patientendaten natürlich einen besonders hohen Stellenwert hat“, erläutert Auberle. Folglich gebe es für das Training des künstlichen neuronalen Netzes keinen Austausch von Trainingsdaten wie Bildern oder Greifpunkten, sondern es würden lediglich die lokalen Gewichte des Neuronalen Netzes, also Teile von gespeichertem Wissen, zu einem zentralen Server übertragen. „Dort werden die Gewichte von allen Stationen gesammelt und mit Hilfe verschiedener Kriterien optimiert. Anschließend wird die verbesserte Version zurück auf die lokalen Stationen gespielt, und der Prozess wiederholt sich.“ Ziel ist die Entwicklung von neuen leistungsstärkeren Algorithmen für den robusten Einsatz von Künstlicher Intelligenz für die Industrie und Logistik 4.0 unter Einhaltung der Datenschutzrichtlinien.
Während des Projektes werden für das Training der Roboter insgesamt vier autonome Kommissionierstationen aufgebaut: zwei am Institut für Fördertechnik und Logistiksysteme des KIT sowie zwei bei der Firma Festo SE mit Sitz in Esslingen am Neckar. Weitere Partner sind das Institut für Angewandte Informatik und Formale Beschreibungsverfahren (AIFB) des KIT, Darwin AI und die University of Waterloo.
„Im Forschungsprojekt FLAIROP entwickeln wir neue Wege, wie Roboter voneinander lernen können, ohne sensible Daten und Betriebsgeheimnisse zu teilen. Das bringt zwei große Vorteile: Wir schützen die Daten unserer Kunden und wir gewinnen an Geschwindigkeit, weil die Roboter auf diese Weise viele Aufgaben schneller übernehmen können. So können die kollaborativen Roboter zum Beispiel Produktionsmitarbeiter bei sich wiederholenden, schweren und ermüdenden Aufgaben unterstützen“, sagt Jan Seyler, Head of Advanced Develop. Analytik und Steuerung bei der Festo SE & Co. KG.
„DarwinAI freut sich, unsere Explainable (XAI)-Plattform für das FLAIROP-Projekt zur Verfügung zu stellen, und über die Zusammenarbeit mit so angesehenen kanadischen und deutschen Forschungsorganisationen sowie unserem Industriepartner Festo. Wir hoffen, dass unsere XAI-Technologie hochwertige Human-in-the-Loop-Prozesse für dieses spannende Projekt ermöglichen wird, das neben unserem neuartigen Ansatz des Federated Learning eine wichtige Facette unseres Angebots repräsentiert. Da wir unsere Wurzeln in der akademischen Forschung haben, sind wir begeistert von dieser Zusammenarbeit und den industriellen Vorteilen unseres neuen Ansatzes für eine große Bandbreite von Fertigungskunden“, sagt Sheldon Fernandez, CEO von DarwinAI.
„Die University of Waterloo ist begeistert, mit dem Karlsruher Institut für Technologie und einem weltweit führenden Unternehmen der Industrieautomation wie Festo zusammenzuarbeiten, um die nächste Generation der vertrauenswürdigen Künstlichen Intelligenz in die Fertigung zu bringen. Durch die Nutzung von DarwinAIs Explainable AI (XAI) und Federated Learning können wir KI-Lösungen schaffen, die Fabrikarbeiter bei ihren täglichen Produktionsaufgaben unterstützen, um die Effizienz, Produktivität und Sicherheit zu steigern“, sagt Dr. Alexander Wong, Co-Direktor der Vision and Image Processing Research Group, University of Waterloo, und Chief Scientist bei DarwinAI.
Das Forschungsprojekt FLAIROP
Das Projekt FLAIROP (Federated Learning for Robot Picking) ist eine Partnerschaft zwischen kanadischen und deutschen Organisationen. Die kanadischen Projektpartner konzentrieren sich auf Objekterkennung durch Deep Learning, Explainable AI und Optimierung, während die deutschen Partner ihre Expertise in der Robotik, beim autonomen Greifen durch Deep Learning und in der Datensicherheit einbringen.
KIT-IFL: Konsortialführung, Entwicklung Greifbestimmung, Entwicklung automatische Lerndatengenerierung
KIT-AIFB: Entwicklung Federated Learning Framework
Festo S.E.: Entwicklung Kommissionierstationen, Pilotierung in realer Lagerlogistik
University of Waterloo (Kanada): Entwicklung Objekterkennung
Darwin AI (Kanada): Lokale und Globale Netzwerkoptimierung, Automatisierte Generierung von Netzstrukturen
FLAIROP wird vom kanadischen National Research Council (NRC) und dem deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.
Kontakt für diese Presseinformation:
Dr. Felix Mescoli, Pressereferent, Tel.: +49 721 608-41171, E-Mail: felix.mescoli@kit.edu
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 23 300 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.
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