Energieeffizientes Computing mit magnetischen Wirbeln
Unkonventionelles Computing kombiniert Brownsches Computing mit Reservoir Computing / Erster Prototyp entwickelt.
Ein Großteil der heutzutage genutzten Energie wird in Form elektrischen Stroms für die Verarbeitung und Speicherung von Daten und die entsprechenden Endgeräte verbraucht, wobei dieser Anteil zukünftig laut Prognosen noch weiter steigen wird. Neuartige Konzepte, wie neuromorphes Computing, nutzen energiesparende Ansätze, um dieses Problem zu lösen. In einem Gemeinschaftsprojekt von experimentellen und theoretischen Physikern der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) wurde ein solcher Ansatz jetzt im Rahmen eines ERC Synergy Grants umgesetzt: Brownsches Reservoir Computing.
Brownsches Computing nutzt Wärmeenergie der Umgebung
Brownsches Reservoir Computing ist eine Kombination von zwei unkonventionellen Computing-Methoden. Brownsches Computing nutzt aus, dass die Prozesse üblicherweise bei Raumtemperatur ablaufen und somit die Wärmeenergie der Umgebung verwendet werden kann. Dadurch wird Strom gespart. Die Wärmeenergie äußert sich meist als zufällige Bewegung von Teilchen, welche Brownsche Bewegung genannt wird und somit der Namensgeber ist.
Reservoir Computing für besonders effiziente Datenverarbeitung günstig
Beim Reservoir Computing wird die komplexe Reaktion eines physikalischen Systems auf externe Anregungen ausgenutzt, um besonders ressourceneffizient Daten zu verarbeiten. Der Großteil der „Rechenarbeit“ wird dabei vom physikalischen System selbst geleistet, wofür keine zusätzliche Energie benötigt wird. Besonders beindruckend ist hierbei auch, dass ein solcher Reservoir-Computer sehr einfach an diverse Aufgaben angepasst werden kann, da man das physikalische System nicht einstellen muss.
Wissenschaftlern um Prof. Dr. Mathias Kläui vom Institut für Physik der JGU ist es mithilfe von Prof. Dr. Johan Mentink von der niederländischen Radboud-Universität Nijmegen nun gelungen, einen Prototyp zu entwickeln, der diese beiden Computing-Methoden verbindet. Der Prototyp ist in der Lage, Boolsche Logikoperationen durchzuführen, die als Standardtests für Reservoir Computing genutzt werden können.
Als physikalisches System wurden hierbei die in metallenen Dünnschichten vorkommenden magnetischen Skyrmionen gewählt. Diese magnetischen Wirbel verhalten sich wie Teilchen und lassen sich durch elektrische Ströme bewegen. Das Verhalten der Skyrmionen wird dabei nicht nur durch den angelegten Strom, sondern auch durch deren Brownsche Bewegung geprägt. Letzteres kann zu einer hohen Energieeinsparung führen, da die Brownsche Bewegung der Skyrmionen den Computer nach jeder Operation automatisch zurücksetzt und für die nächste Rechnung vorbereitet.
Erster Prototyp in Mainz entwickelt
Obwohl es in den letzten Jahren viele theoretische Konzepte für Skyrmion-basiertes Reservoir Computing gab, hat erst die Kombination mit dem Brownschen Computing-Konzept dazu geführt, dass die Mainzer Wissenschaftler den ersten funktionsfähigen Prototyp entwickeln konnten. „Der Prototyp ist lithographisch einfach herzustellen und kann hypothetisch auf Nanometer-Größe verkleinert werden“, so der Experimentalphysiker Klaus Raab. „Diesen Erfolg verdanken wir der ausgezeichneten Zusammenarbeit zwischen experimenteller und theoretischer Physik hier in Mainz“, merkt der theoretische Physiker Maarten Brems an. Der Projektleiter Mathias Kläui ergänzt: „Ich freue mich, dass die Unterstützung durch einen Synergy Grant des European Research Council die Zusammenarbeit mit hervorragenden Kollegen aus der theoretischen Physik in Nijmegen möglich gemacht hat, woraus dann unsere gemeinsame Arbeit entstanden ist. Ich sehe großes Potenzial in unkonventionellem Rechnen, was hier in Mainz auch hervorragend durch die Carl-Zeiss-Stiftung im Projekt Emergent Algorithmic Intelligence gefördert wird.“
Bildmaterial:
https://download.uni-mainz.de/presse/08_physik_komet_skyrmionen_br_computing.jpg
Magnetischer Wirbel, genannt Skyrmion (grauer Punk), wird in einer dreieckigen Geometrie durch elektrische Ströme in Ecken gedrückt und von den Kanten der Geometrie abgestoßen. Die roten Potenziale reichen so schon für Boolsche Logikoperationen aus.
Abb./©: Klaus Raab, JGU
Weiterführende Links:
https://www.klaeui-lab.physik.uni-mainz.de – Kläui-Lab am Institut für Physik
https://www.komet1.physik.uni-mainz.de – Statistical Physics and Soft Matter Theory
https://topdyn.uni-mainz.de/ – TopDyn – Dynamics and Topology
https://3d-magic-project.eu/ – ERC Synergy Grant 3D MAGiC
https://emergent-ai.uni-mainz.de/ – Carl-Zeiss-Stiftungsprojekt Emergent Algorithmic Intelligence
Lesen Sie mehr:
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Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Mathias Kläui
Physik der Kondensierten Materie (KOMET)
Institut für Physik
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-23633
E-Mail: klaeui@uni-mainz.de
https://www.klaeui-lab.physik.uni-mainz.de/homepage-prof-dr-mathias-klaeui/
Klaus Raab
Kläui-Lab
Institut für Physik
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-26788
E-Mail: klraab@uni-mainz.de
https://www.klaeui-lab.physik.uni-mainz.de/
Originalpublikation:
Klaus Raab et al.
Brownian reservoir computing realized using geometrically confined skyrmion dynamics
Nature Communications, 15. November 2022
DOI: 10.1038/s41467-022-34309-2
https://www.nature.com/articles/s41467-022-34309-2
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