Falsche Web-Zertifikate

Ein Forscherteam des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie SIT in Darmstadt hat eine Möglichkeit gefunden, betrügerische Website-Zertifikate auszustellen. Diese Zertifikate sollen die Vertrauenswürdigkeit von Internet-Domains sicherstellen.

Das Team um Dr. Haya Shulman hat gezeigt, dass eine Schwachstelle in der Domänenvalidierung ausgenutzt werden kann und deshalb die Sicherheit von Internet-Infrastrukturen verbessert werden muss. Die Forscher haben betroffene Web-CAs (Zertifikats-Ausgabestellen) informiert und stellen eine Implementierung vor, die Web-CAs verwenden können, um den Angriff abzuschwächen. Weitere Informationen unter www.sit.fraunhofer.de/dvpp .

Webzertifikate sind die Grundlage des SSL-/TLS-Protokolls, das die meisten Websites schützt, wie beispielsweise Mailanbieter und geschäftliche Anwendungen, Online-Handelsplattformen und Online-Banking. Wenn eine Website ein gültiges Zertifikat vorweist, signalisiert der Browser dies dem Nutzer, beispielsweise durch ein grünes Vorhängeschloss vor der URL.

Dies soll dem Benutzer zeigen, dass die Identität der Website verifiziert und die Seite vertrauenswürdig ist. Das Team des Fraunhofer SIT hat demonstriert, dass diese Vertrauenswürdigkeit auf falschen Annahmen beruht und Nutzer leicht dazu verleitet werden können, ihre geheimen Passwörter und Daten an betrügerische Phishing-Websites zu senden.

Zertifikate werden von sogenannten Web-CAs (Certificate Authorities) ausgestellt. Praktisch alle gängigen Web-CAs verwenden eine Methode namens Domain Validation (DV), um die Identität einer Website zu verifizieren, bevor sie ein Zertifikat für diese Website ausstellen.

Das Fraunhofer-Team hat dargelegt, dass die Domain Validation grundsätzlich fehlerhaft ist. Folglich können viele Web-CAs getäuscht werden, sodass sie falsche Zertifikate ausgeben. Ein Cyberkrimineller könnte also einen Angriff auf eine Web-CA durchführen, um ein betrügerisches Zertifikat zu erhalten – z. B. für einen bekannten Online-Händler. Dann müsste er nur noch eine Website einrichten, die diesen Online-Shop perfekt nachahmt, um Kunden-Zugangsdaten abzugreifen.

Das von Dr. Haya Shulman geleitete Fraunhofer-Team hat eine Reihe bekannter Sicherheitslücken im Domain Name System (DNS) ausgenutzt. DNS funktioniert wie ein Telefonbuch oder die Gelben Seiten des Internets, es bildet die Domainnamen auf Internetadressen ab. Cybersicherheits-Forscher kannten diese Sicherheitslücken im DNS und ihre möglichen Auswirkungen auf die Domain Validation.

Aber bisher galt dies als ein eher theoretisches Risiko, das nur ein finanziell und ressourcentechnisch sehr gut ausgestatteter Angreifer – etwa auf nationaler Ebene – hätte ausnutzen können. Das Team hat zum ersten Mal gezeigt, dass dieses Risiko tatsächlich viel realer ist als bisher angenommen. „Während die Details unseres Angriffs technisch ziemlich kompliziert sind, erfordert die Ausführung des Angriffs keine spezielle Rechenleistung; man muss auch nicht den Internetverkehr abfangen. Man braucht nicht mehr als ein Laptop und eine Internetverbindung“, sagt Dr. Haya Shulman vom Fraunhofer SIT.

Das Team hat die deutschen Sicherheitsbehörden und Web-CAs informiert. Zur Abschwächung der Sicherheitslücke haben die Forscher eine verbesserte Version von DV entwickelt, DV ++. Diese kann DV ohne weitere Modifikationen ersetzen und wird kostenlos zur Verfügung gestellt unter www.sit.fraunhofer.de/dvpp . Die Forscher stellen die Details dieses Angriffs sowie DV++ auf der ACM-Konferenz für Computer- und Kommunikationssicherheit (ACM CCS) in Toronto, Kanada, im Oktober dieses Jahres vor.

Dr. Haya Shulman, Prof. Michael Waidner

Media Contact

Oliver Küch Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie SIT

Weitere Informationen:

http://www.sit.fraunhofer.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Informationstechnologie

Neuerungen und Entwicklungen auf den Gebieten der Informations- und Datenverarbeitung sowie der dafür benötigten Hardware finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem erhalten Sie Informationen aus den Teilbereichen: IT-Dienstleistungen, IT-Architektur, IT-Management und Telekommunikation.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Selen-Proteine …

Neuer Ansatzpunkt für die Krebsforschung. Eine aktuelle Studie der Uni Würzburg zeigt, wie ein wichtiges Enzym in unserem Körper bei der Produktion von Selen-Proteinen unterstützt – für die Behandlung von…

Pendler-Bike der Zukunft

– h_da präsentiert fahrbereiten Prototyp des „Darmstadt Vehicle“. Das „Darmstadt Vehicle“, kurz DaVe, ist ein neuartiges Allwetter-Fahrzeug für Pendelnde. Es ist als schnelle und komfortable Alternative zum Auto gedacht, soll…

Neuartige Methode zur Tumorbekämpfung

Carl-Zeiss-Stiftung fördert Projekt der Hochschule Aalen mit einer Million Euro. Die bisherige Krebstherapie effizienter gestalten bei deutlicher Reduzierung der Nebenwirkungen auf gesundes Gewebe – dies ist das Ziel eines Projekts…