Innovative Algorithmen der künstlichen Intelligenz (KI) sollen die Entwicklungszeit von Flugzeugen verkürzen

Gut Ding will Weile haben, lautet ein oftmals bemühtes Sprichwort. Doch das muss nicht sein! Denn eine kürzere Entwicklungsdauer bei der Produktentwicklung spart nicht nur Zeit und Kosten, sondern führt ebenso zu einer erhöhten Wettbewerbsfähigkeit. Erreicht werden kann dies durch effizientere und schnellere Prüfungsprozesse. Bei der Flugzeugentwicklung und -zertifizierung tragen die Ermüdungsversuche (EF) am Gesamtflugzeug wesentlich zur Dauer des Entwicklungsprojekts bei. Ziel ist es, die Zeit vom Projektstart bis zur Zertifizierung von etwa acht auf fünf Jahre zu verkürzen.

Im Vorhaben »F-REE« – Fraunhofer-Gesellschaft-RapidEF Enablers – sollen innovative KI-Verfahren entwickelt, optimiert und in industrieller Umgebung eingesetzt werden. Schwerpunktmäßig sollen die Prüfprozesse beschleunigt und deren Zuverlässigkeit deutlich verbessert werden. Auch wird dadurch eine zeitintensive manuelle Interpretation der aufgezeichneten Daten vermieden.

Aktuell befindet sich die industrielle Welt in einem Umwälzungsprozess – beschrieben durch den Begriff Industrie 4.0 (I4.0). Die moderne digitale zerstörungsfreie Prüfung umfasst innerhalb der I4.0 die Aspekte der robotergestützten Inspektion sowie die Bewertung der Produktintegrität. In dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Verbundvorhaben werden innovative Algorithmen der künstlichen Intelligenz entwickelt, mit denen die Fehlererkennung basierend auf multimodalen ZfP-Daten ermöglicht wird. Optische, thermische und Deformationsmessungsverfahren werden zusammengeführt und interpretiert. So wird eine zeitaufwändige manuelle Interpretation der ZfP-Daten erleichtert und oftmals ganz ersetzt. »Durch die Minimierung der menschlichen Einflüsse werden die Prüfungsprozesse effizienter und schneller, was letztendlich zu einer höheren Wettbewerbsfähigkeit führt«, erläutert Prof. Ahmad Osman, verantwortlicher Projektleiter am Fraunhofer IZFP.

Diese innovativen Ansätze werden im Projekt zur Verkürzung der Versuchsphasen genutzt: Zum einen »erklärbare KI-Modelle« für eine nachvollziehbare multimodale ZfP-Datenauswertung, zum anderen automatisierte Überwachungs- und Inspektionsverfahren im laufenden Betrieb. Dazu werden die kontinuierlich erfassten Daten in Echtzeit analysiert. Schäden am Flugzeugrumpf werden so mittels künstlicher Intelligenz frühzeitiger erkannt und bewertet. KI-Algorithmen, insbesondere Deep Learning, haben sich in den letzten Jahren als Schlüsseltechnologie für die komplexe Datenanalyse herausgestellt. Ihr Einsatz für die automatisierte Qualitätssicherung im Zusammenhang mit ZfP-Verfahren, insbesondere in der Luftfahrt, hat sich bisher nicht etabliert.

Für das Projekt beschäftigt sich das Fraunhofer IZFP mit der Verkürzung der Stillstandzeit. Dabei wird auf Unterbrechungen des Versuchsbetriebs für Inspektionen und Reparaturen verzichtet. Notwendig ist dazu eine ständige Kenntnis über den aktuellen Zustand des Prüfobjekts: Dieser sogenannte »digitale Zwilling« wird durch kontinuierlich messende Datenerfassungssysteme ermöglicht. Virtuelle Sensoren, multikamerabasierte 3D-Verformungsmesssysteme werden mit optischen, thermographischen und akustischen Verfahren kombiniert und in ein Gesamtsystem integriert. Die Überlagerung dieser Messdaten zusammen mit Material- und Prozessparametern bilden den digitalen Zwilling.

Modernere Techniken, neue Konzepte, neue Designs

»Die Stillstandzeiten eines Ermüdungsversuchs im ersten Flugzeugleben sollen um 80 Prozent reduziert werden. Die Attraktivität ergibt sich aus dem Einsatz automatisierter Verfahren, die einen unterbrechungsfreien Betrieb ermöglichen«, so Prof. Ahmad Osman.

So soll mithilfe eines sogenannten »RapidEF-Prozesses« eine signifikante Beschleunigung des Gesamtflugzeug-Ermüdungsversuchs erreicht werden. Hierbei wird das erste Flugzeugleben ohne Unterbrechungen mit höchstmöglicher Versuchsgeschwindigkeit simuliert. Die Versuchsergebnisse stehen zudem bereits vor dem Erstflug zur Verfügung. Dieses Projekt schafft Voraussetzungen, um in allen Phasen des Versuchs deutliche Verkürzungen zu erreichen.

Auch wird die zeitliche Genauigkeit der Daten gesteigert. Durch ein systemübergreifendes Datenmanagementsystem können große Datenmengen in Echtzeit verarbeitet werden. Eine weiterführende Schadensrekonstruktion, eine direkte Überführung in den digitalen Zwilling und eine automatische numerische Analyse ermöglichen eine Bewertung in Echtzeit.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr.-Ing. Ahmad Osman
Leiter Abteilung Algorithmen / Signal- und Datenverarbeitung
Fraunhofer IZFP
Campus E3 1
66123 Saarbrücken, Deutschland
E-Mail: ahmad.osman@izfp.fraunhofer.de

Weitere Informationen:

https://www.izfp.fraunhofer.de/de/Presse/Pressemitteilungen/LuFo_VI-2.html

Media Contact

Sabine Poitevin-Burbes Unternehmenskommunikation
Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Informationstechnologie

Neuerungen und Entwicklungen auf den Gebieten der Informations- und Datenverarbeitung sowie der dafür benötigten Hardware finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem erhalten Sie Informationen aus den Teilbereichen: IT-Dienstleistungen, IT-Architektur, IT-Management und Telekommunikation.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Sensoren für „Ladezustand“ biologischer Zellen

Ein Team um den Pflanzenbiotechnologen Prof. Dr. Markus Schwarzländer von der Universität Münster und den Biochemiker Prof. Dr. Bruce Morgan von der Universität des Saarlandes hat Biosensoren entwickelt, mit denen…

3D-Tumormodelle für Bauchspeicheldrüsenkrebsforschung an der Universität Halle

Organoide, Innovation und Hoffnung

Transformation der Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) bleibt eine der schwierigsten Krebsarten, die es zu behandeln gilt, was weltweite Bemühungen zur Erforschung neuer therapeutischer Ansätze anspornt. Eine solche bahnbrechende Initiative…

Leuchtende Zellkerne geben Schlüsselgene preis

Bonner Forscher zeigen, wie Gene, die für Krankheiten relevant sind, leichter identifiziert werden können. Die Identifizierung von Genen, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist eine der großen…